Der Jugend gehört die Welt? Ja, aber …

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

Auch der Nachwuchs kam zu Wort beim Sportforum des Weltreiterverbands FEI. Ein Thema wurde allerdings ausgeklammert: die Bedeutung des elterlichen Portemonnaies für die Karriere.

Einst traf sich bei Olympischen Spielen die „Jugend der Welt“, das war die Idee von Baron Pierre de Coubertin, dem Schöpfer der Spiele der Neuzeit. Lang ist’s her. Auch das Internationale Olympische Committee (IOC) hat inzwischen gemerkt, dass mehr „Best Ager“ um Medaillen kämpfen als hoffnungsvolle Jugend. Ein gutes Beispiel dafür ist der Pferdesport, in dem 50-Jährige Medaillen gewinnen und noch 70-Jährige frohgemut für ihr Land einreiten.

Da ja bekanntlich der Jugend die Welt gehört, ließ sich das IOC die „Olympischen Spiele der Jugend“, die „Youth Olympics“ einfallen. Sie wurden zum ersten Mal 2010 für Athleten zwischen 15 und 18 Jahren ausgetragen, in diesem Jahr gibt es die dritte Auflage in Buenos Aires im Oktober. Da darf der Pferdesport nicht fehlen, schließlich springt die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI) auf jeden Zug, den das IOC in Bewegung setzt.

Die Idee ist, nicht nur den Teenagern Wettkampferfahrung zu ermöglichen und sie damit nachhaltig für den Sport zu begeistern, sondern auch neue Ideen und Formate sowie neue Disziplinen, die nicht unbedingt olympisch sein müssen, auszuprobieren. Vorläufig ist nur das Springen dabei, vier Plätze sind für Europäer vorgesehen, die sich bei Europameisterschaften empfehlen müssen. Ob auch deutsche Junioren mitmachen, ist zur Zeit ungewiss, geritten wird auf geliehenen Pferden.

Im Gespräch für spätere Youth Olympics ist auch Voltigieren. „Das würde sich besonders gut eignen, weil hier die jüngsten Pferdesportler unterwegs sind und verhältnismäßig wenige Pferde benötigt werden, die Kosten also überschaubar sind“, sagt Soenke Lauterbach, Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN).

Reiternachwuchs beim FEI-Sportforum

Die Jugend war auch eines der Hauptthemen beim FEI-Sportforum in Lausanne. Der Weltverband hatte einen erfolgreichen jungen Sportler aus jeder der acht FEI-Disziplinen eingeladen. Da saßen sie nun, wohlerzogene junge Leute, die Jungen mit Krawatte, anders als mancher Erwachsene, der wohl auf die jugendliche Wirkung offener Hemdkragen baute.

Sie äußerten ihr Wünsche höflich und klar, nur einem rutschte das Wort von  den „Dressur-Grannies“ raus, die die Szene beherrschten, wofür er sich umgehend entschuldigte. Sie wollen „sichtbarer sein“ als junge Athleten, etwa durch eine eigene Weltrangliste, durch einen Jugendkongress, durch ein auf sie zugeschnittenes Medientraining.

Sie wollen in den Gremien der FEI vertreten sein und wünschen sich eigene internationale Wettbewerbe. Mindestens diesem Wunsch wurde umgehend entsprochen, vergangene Woche präsentierte die FEI fünf neue Prüfungen für Reiter zwischen zwölf und 21., darunter das FEI Jugend-Nationenpreisfinale für Springreiter im September in Opglabbeek (Belgien). Man sprach sogar von einem Platz für einen jungen Athleten in der König-Artus-Runde der FEI, dem Bureau.

Sport und Beruf – entweder oder?

Vor allem aber wollten die jungen Leute Tipps und Unterstützung, wie sie Studium oder eine andere Berufsausbildung mit einer Profi-Laufbahn als Reiter vereinen können. Das Problem haben viele Sportarten. Irgendwann heißt es entweder oder.

Viele junge Leute auch hierzulande, die es bis in die Nachwuchskader geschafft und die gute Auftritte bei Europameisterschaften absolviert haben, sind auf einmal in einer völlig neuen Situation, wenn es in eine andere Stadt zum Studium geht, oder sich die Abschlussprüfungen zeitlich nicht mehr mit dem Training eines oder mehrerer Pferde vereinbaren lassen.

Da wurde manche vielversprechende Karriere schon gekappt, bevor sie richtig in Schwung kam. Und manches Talent verkümmerte, bevor es sich entfalten konnte.

Nicht jeder kann es sich leisten, wie die Jeunesse Dorée aus dem Silikon Valley, in der Woche an einer Eliteuni zu studieren, die Pferde unterdes professionell bespielen zu lassen, um am Wochenende beim Turnier wieder selbst im Sattel Platz zu nehmen.

Nichts dagegen, wenn einer seinen Kindern diese Möglichkeiten bieten kann, bei denen natürlich vieles auf der Strecke bleibt, was für uns den Pferdesport ausmacht: mit dem Pferd zusammenwachsen, es in- und auswendig zu kennen über das reine Reiten hinaus und eines Tages selbst ausgebildete Pferde zu vorzustellen.

Erfolgschancen auch ohne dickes Bankkonto!

Dieses Thema wurde in den drei Stunden zum Tagesordnungspunkt „Jugend“ beim FEI Sportforum völlig außen vorgelassen: Dass der Erfolg im Pferdesport nicht nur aber zu einem ganz großen Teil vom Kontostand abhängt.

Ganz ohne Talent geht es nicht, gewiss, aber mit Talent und Fleiß allein leider auch nicht. Pferde für den internationalen Sport sind teuer, manchmal sehr teuer. Selbst in der Paradressur ist es mit einem gutmütigen Allrounder nicht mehr getan. Das Pferd soll sich gut bewegen, hübsch, und natürlich brav sein. Solche Pferde wollen viele, entsprechend hoch ist der Preis.

Das unterscheidet den Pferdesport von vielen anderen Sportarten. Wer schnell laufen kann, rennt an die Spitze, auch ohne Papis Finanzpolster. Sich zu überlegen, wie man mit den vielen jungen Talenten, die nicht mit dem silbernen Löffel im Mund geboren sind, helfen kann, ihren Weg im Sport zu finden, das wäre ein lohnendes Thema für die FEI. Und auch damit könnte sie sich beim IOC beliebt machen.

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

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