Gestern wurde Hans Günter Winkler im Rahmen einer großen und sehr feierlichen Zeremonie in Warendorf verabschiedet. Weggefährten, Schüler, Offizielle, Mitreiter, Freunde und Familienangehörige haben dem fünffachen Olympiasieger die letzte Ehre erwiesen. Auch St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer war vor Ort und schildert die Eindrücke des Tages.
Es war schön, wahrscheinlich hätte Hans Günter Winkler gesagt: „Gut gemacht.“ Und er hätte hinzugefügt: „Aber ich habe es ja auch verdient.“ Mit einer sehr würdevollen Trauerfeier wurde die Springreiterlegende von der Pferdesportgemeinde verabschiedet. Die FN hatte in Abstimmung mit Winklers Kindern Jytte und Jørn die Feier organisiert, im Stadion der Bundeswehrsportschule. Hier war vor mehr als 60 Jahren das Deutsche Olympiade-Komitee für Reiterei (DOKR) untergebracht, hier hat er jahrzehntelang geritten und seine Schüler reiten lassen. Vor der überdachten Tribüne, die zum Glück bei dieser Tageszeit, nachmittags, im Schatten lag, war ein mit Kränzen und Blumen geschmücktes Podest aufgebaut, rechts und links davon zwei weiße Zelte, unter denen ein Chor und ein Orchester saßen. Trommeln kündigten die Ankunft des Trauerzuges an, der sich von Winklers Wohnhaus, nur ein paar hundert Meter entfernt, in Bewegung gesetzt hatte.
Vor der Kutsche ein Fanfarenzug, Vertreter des Warendorfer Reitvereins und des Kreisreiterverbandes, des Schützenvereins und des Warendorfer Landgestüts. Hinter der Kutsche ritt Andreas Ostholt, Winklers letzter Schüler und Nachfolger auf seiner Reitanlage Birkenhof, mit einem zweiten reiterlosen Pferd an der Hand, gefolgt von der Familie mit dem Pfarrer. Drei junge Reiterinnen legten Winklers sieben Olympiamedaillen auf dafür bereitgestellte Kissen. Dann wurde der Sarg von den Springreiter-Bundestrainern Otto Becker, Heinrich Hermann Engemann, Eberhard Seemann und Peer Teeuwen, sowie Sportchef Dr. Dennis Peiler und FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach ins Stadion getragen und auf das Podest gesetzt. Seine letzten Stiefel wurden hereingetragen und davor gestellt.
Erinnerungen an HGW
Als erster Redner trat Christian Graf Plettenberg ans Pult, er hatte bis zuletzt engen Kontakt zu HGW. Von ihm selbst wusste er, dass dieser sich eine Trauerfeier im Freien gewünscht hatte, und natürlich, als hätte der Altmeister selbst die Anweisung gegeben, lachte die Sonne vom wolkenlosen Himmel. Es war glühend heiß, und mancher dankte der FN für die gute Idee, gekühlte Wasserflaschen bereitzuhalten.
Der Bürgermeister der Stadt Warendorf, Axel Linke, betonte die Verdienste Winklers um die Stadt Warendorf, die er ja tatsächlich erst als „Stadt des Pferdes“ deutschlandweit bekannt gemacht hat. DOSB-Präsident Alfons Hörmann würdigte den herausragenden Sportler. Winklers beiden Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen in Stockholm 1956 verglich er mit dem „Wunder von Bern“, dem Gewinn der Fußballweltmeisterschaft 1954, beides in einer Zeit, in der sich die Deutschen nach dem verlorenen Krieg nach neuem Selbstbewusstsein und Rückkehr in die Familie der Sportnationen sehnten. Er entschuldigte sich auch quasi für die Entscheidung des damaligen Spitzenverbandes NOK, Winkler den Amateurstatus abzuerkennen, weil er – aus reiner Existenznot – in den ersten Nachkriegsjahren als Reitlehrer bei den amerikanischen Besatzern gearbeitet hatte. Damit war ihm der Start bei den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki verwehrt worden, Winkler hat das nie verwunden, und Hörmann gab zu: „Das wäre heute undenkbar.“
Nach dem Präsidenten der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI), Ingmar de Vos, würdigten der deutsche Reiterpräsident Breido Graf zu Rantzau die Verdienste des ebenso ambitionierten wie erfolgreichen Reiters. Persönliche Worte fand Reinhard Wendt, früherer DOKR-Geschäftsführer, der in den letzten Jahren zusammen mit Winkler dessen Stiftung betreut hat. Er erinnerte daran, wie Winkler nach seiner Ankunft in Warendorf zunächst zu kämpfen hatte, weil sich der damalige DOKR-Chef Gustav Rau plötzlich nicht mehr erinnern konnte, ihn eingeladen zu haben. Die Boxen für seine Pferde musste er sich selbst zusammen mit seinem Freund, Baron Ferdinand von Korff, zimmern. Die Bank gab ihm ein Darlehen von 30 D-Mark, davon kaufte er sich einen Anzug. Nie mehr arm sein, zumindest nie mehr arm scheinen – die Überzeugung saß fest in ihm drin, sein Leben lang.
Versammelte Reiterprominenz
Angenehme Kühle empfing die rund 300 geladenen Gäste nach der Trauerfeier in in der Sporthalle der Bundeswehr. Viele Weggefährten hat Winkler überlebt, aber die Jüngeren waren gekommen. Wolfgang Brinkmann, der zum Goldteam gehörte, das HGW in Seoul 1988 als Equipechef zum Olympiasieg geführt hat, Paul Schockemöhle und Sönke Sönksen, die mit ihm 1976 in einem Olympiateam geritten und Silber gewonnen hatten. Pauls Bruder Alwin, der damalige Goldmedaillengewinner, wurde von seiner Frau Rita vertreten.
Die früheren Bundestrainer Herbert Meyer und Lutz Goessing waren da und Achaz von Buchwald, der „schwierigste Schüler“ wie HGW mal sagte, weil er wohl auch mal die eine oder andere Frage stellte. Das hatte HGW nicht so gerne. Achaz hat übrigens beim gemeinsamen Training am DOKR seine Frau Elisabeth kennengelernt, die Brasilianerin begleitete jetzt ihren Mann nach Warendorf. Der frisch gebackene Sieger im Großen Preis von Aachen, Marcus Ehning, war aus Borken gekommen, Ulrich Kasselmann aus Hagen, Ulrich Meyer zu Bexten, dessen internationales Jugendturnier German Friendships Winkler sehr unterstützt hat. Hugo Simon hatte die Reise nach Warendorf angetreten, ebenso wie Mannschaftsolympiasieger Lars Nieberg und Dressurkönigin Isabell Werth, die einzige lebende Reiterin, die noch mehr Olympiamedaillen gesammelt hat als HGW. Julia Becker, die Frau des Bundestrainers, hatte ihre bildhübsche älteste Tochter Mia mitgebracht, die bis zuletzt von Winklers gelegentlichen Ratschlägen profitiert hat.
Es gab einen Moment an diesem Sommernachmittag, der hätte Winkler besonders gut gefallen: Bevor der Wagen mit dem Sarg davon fuhr, sang der Bielefelder Musiker J.P. Fair Frank Sinatras „I did it my way“. Dem hätte HGW wohl zugestimmt.
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