Cosmo im Kralingse Bos, Dressur- und Spring-EM im Busch

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Der erste Tag der Europameisterschaften in Rotterdam, die im Kralingse Bos („Busch“), einem Wald stattfinden. Und im Wald, gibt es unter anderem wilde Tiere. Aber auch einen Cosmo im konzentrierten Training und eine Tschechin aus Mecklenburg-Vorpommern, die einfach nur „happy“ ist.

Kralingse Bos, das heißt frei übersetzt Wald von Kralingse. Kralingse ist ein Stadtteil von Rotterdam. Einer mit einem See, an dessen mit Schilf bewachsenem Ufer Yachthäfen zum Segeln einladen und einem Wald. Dem Kralingse Bos, also frei übersetzt Busch. An einigen Stellen fast ein Dschungel, aber gut erschlossen. Die betonierten Wege heißen „Fazantenlaantje“ und lassen die Vermutung zu, dass gefederte Waldbewohner hier sonst das Sagen haben.

Welcome to the jungle

Diese Woche ist das anders. Die Europameisterschaften der Dressur- und Springreiter haben den Kranlingse Bos voll in ihren Händen. Mannshohe Absperrgitter durchschneiden das grüne Dickicht. Stallbereich, die Abreiteplätze und das Fußvolk wollen gut getrennt sein. Beziehungsweise im Falle des Stalls nicht für Otto Normal-Zuschauer zu erreichen sein. Zwischen den Stallzelten sind nicht nur bei diesem Championat mittlerweile mehrere Reitplätze angelegt. Dort kann also das passieren, was eigentlich nicht zulässig ist: Reiten, ohne dass die Öffentlichkeit zuschauen kann. Es sei denn, man macht sich auf den Weg bis an den Zaun und linst durch dessen schmalen Abstände. Zu viel Heimlichkeit ist aber gar nicht von Nöten. Bei der Stippvisite am heutigen Morgen ritt Cian O’Connor unter den Augen des irischen Teamcoachs, Olympiasieger Rodrigo Pessoa. 2017 hatten die Iren die Goldmedaille gewonnen. Nun steht die Titelverteidigung an. Alle machten die Pferde locker. Die Blaue-Zungen-Zeit sie scheint vorbei.

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Irlands Trainer Rodrigo Pessoa am Trainingsplatz im Stallgelände. (© www.st-georg.de)

Trainiert hat schon Sönke Rothenberger seinen Cosmo.

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Nicht ohne meine Leibgarde! Sönke Rothenberger und Cosmo mit Eskorte: Robbie Sanders, nach einem Intermezzo bei Blue Hors wieder bei den Rothenbergers (li.) und Vater Sven (re.). (© www.st-georg.de)

Pauline von Hardenberg

Auch im Galopp Konzentration pur: Cosmo und Sönke Rothenberger (© Pauline von Hardenberg)

Konzentriert wurde mit Co-Bundestrainer Jonny Hilberath weniger an Lektionen als vielmehr an den „Basics“ gearbeitet, an Übergängen, Paraden und Tempounterschieden.

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Es ist frisch an diesem Morgen. Rotterdam ist eine große Hafenstadt. Die Brise der Nordsee sorgt für leichten Wellengang auf dem Kralingse Plas, dem See am Wald. Die Sonne, die im Verlaufe des Tages deutlich an Stärke gewonnen hat, schickt ihre Strahlen durch das Blattwerk. Wäre man im Hobbymalkurs „romantische Landschaftsmalerei“, man hätte Motive satt.

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Mitten im Kralingse Bos: Dressurreiterin auf der Suche nach dem Abreiteplatz (© www.st-georg.de)

Was die Idylle etwas stört: Warnschilder an den Zelten an einem Vorbereitungsplatz weisen darauf hin, dass die Bäume voller Eichenprozessionsspinnern sitzen. Die Ekelraupe mit ihren giftigen Härchen soll auch schon Pferden Probleme bereitet haben, heißt es hinter vorgehaltener Hand.

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Warnung vor Eichenprozessionsspinnern am Rande des Abreiteplatzes

Insekten und Interviews

Keine Ekel- dafür aber eine Miniraupe krabbelte zur Begrüßung im Pressezentrum über den Bildschirm von St.GEORG-Herausgeberin Gabriele Pochhammer. Die typische Raupenmanier sich fortzubewegen, der Bettina Hoy unter anderem ihren gestählten Body verdankt (St.GEORG berichtete), sah irgendwie possierlich aus. Auf meinem Schreibtisch hatte heute Mittag eine Abordnung Grashüpfer ein Meeting. Von draußen kratzt im Sekundentakt ein knorriger Ast an der Kunststoffwand der Pressestelle. Das hört sich so an, wie Schulkreide auf Schiefertafel – ein Geräusch, das mich schon in meiner Schulzeit aus den entspanntesten Träumen gerissen hat. Gänsehautfaktor mal ganz anders. Willkommen in der Wildnis!

Pfleger auf Diät

Im Wald, am Stadion, das für die Para-Dressurreiter aufgebaut wurde, steht eine Holzhütte: das Pannenkoekenhuis. Dort gibt es Pfannkuchen. Eine heiße Adresse, vor allem in den vergangenen Tagen. Die Pferde und Pfleger waren am Freitag angereist. Verpflegung für die „Grooms“ war aber erst ab Sonntag geplant. Schlanke Europameisterschaften möchte man da rufen, wenn es nicht so bitter gewesen wäre. Denn einen nahen Supermarkt sucht man rund um den Kralingse Bos vergeblich. Die Pferde-LKW mit ihren Küchenzeilen und (gut gefüllten) Kühlschränken sind kilometerweit entfernt geparkt.

Dass den Pferden, die rund ums Jahr in dem Reitstall hinter der Haupttribüne im Kralingse Bos zu Hause sind, es verpflegungstechnisch an nichts mangelt, riecht man, wenn man zu den Interviews in der „Mixed Zone“ geht. Da schauen einem die vierbeinigen „Locals“ aus ihren Fenstern beim Fragenstellen aus ihren Boxen zu und kauen Silage. Der süßliche Duft liegt über dem Areal. Wie ist das beim Röntgen? „Einatmen und … nicht mehr atmen!“ Nur irgendwie blöd beim Fragenstellen.

Gleich ist die offizielle Eröffnungsfeier am Ufer des Krallingse Plas. Dabeisein wird auch die Tschechin Libuse Menke. Sie lebt schon lange in Mecklenburg-Vorpommern auf dem Gestüt Ganschow und ist die erste Tschechin, die für ihr Land an einer Dressur-Europameisterschaft teilnimmt. 67,873 Prozent hat sie für ihren Ritt bekommen. Es war ihr viertes internationales Turnier mit dem Wallach Syrio. Ihr Ehemann René geht auf Krücken, Beinbruch, ein Unfall, egal! Und ihre Schwiegereltern sind auch da, Friedrich, „Fido“ Menke, ein Züchter-Urgestein und Mecklenburger Original. Libuse ist stolz, dass sie die Einerwechsel fehlerfrei geschafft hat. Jonny Hilberath hilft ihr. „Hier konnten wir vier Tage trainieren“, freut sie sich. Und noch etwas macht sie happy: Ihren Syrio v. Sancisco haben die Menkes nicht für teuer Geld gekauft, er ist bei ihnen im Gestüt Ganschow zur Welt gekommen. Es sind diese kleinen Geschichten am Rand, die ein Championat wie die Europameisterschaft so besonders machen.Sneakers Draked Viola | Atelier-lumieresShops | Sneakers search engine | do nike outlets have jordans

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

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