Quo vadis, Pferdezucht? Quo vadis, Holsteiner Verband?

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

Welche Probleme hat die Pferdezucht im Allgemeinen, welche die Holsteiner Zucht insbesondere? Gabriele Pochhammer über ein komplexes Thema.

Es sind die Wochen der Hengstschauen von Landgestüten und Privathengsthaltern, für viele Züchter die einzige Gelegenheit, den Vater ihres geplanten Fohlens aus der Nähe zu sehen, ihm vielleicht sogar einen Besuch im Stall abzustatten. Ich war am Sonnabend bei der Holsteiner Verbandshengstschau in der Holstenhalle von Neumünster. Der Holsteiner Verband verfügt als einziger deutscher Sportpferdeverband über eine eigene Hengsthaltung, dafür hat er kein Landgestüt. Die Privathengsthalter zeigten ihre Hengste in den Tagen davor und danach.

Die Holsteiner haben ein turbulentes Jahr hinter sich, der Vorstand wurde ausgetauscht, der Hengstbestand verringert, Pferde im Verbandsbesitz verkauft.

Der neue Vermarktungsleiter Roland Metz konnte bei den Körbezirksversammlungen im Lande gute, wenn auch nicht spektakulär gelaufene Auktionen melden.

Millionenverkäufe wie bei den hannoverschen Hengsttagen in Verden sind aus Holstein nach wie vor nicht zu erzielen; siebenstellige Summen werden für Dressurhengste gezahlt, und dafür ist Holstein bekanntlich nicht die erste Adresse.

Wie geht es zurück an die Spitze?

Das Großreinemachen in Elmshorn war wohl der richtige Schritt auch zur finanziellen Sanierung. Zur Entwarnung ist es dennoch zu früh. Holstein ist noch weit entfernt davon, seinen Spitzenplatz in der internationalen Springpferdezucht zurückzuerobern.

Der im Verbandsblatt „Pferd und Sport“ gefeierte beste Holsteiner des Jahrs 2019 war ein Pferd namens Amsterdam v. Catoki, das zumindest bei mir nicht sofort ein Glöckchen läuten lässt. Es wird geritten vom Kanadier Mario Deslauriers und rangiert auf der Liste der World Breeding Federation for Sport Horses (WBFSH) auf Platz 35. In der Springpferde-Verbandswertung rangiert Holstein auf Platz acht, da ist also noch Luft nach oben.

Angeführt wird die Wertung vom niederländischen Stutbuch KWPN, gefolgt von Westfalen und dem Stutbuch Zangersheide, dem erfolgreichsten von drei belgischen Zuchtverbänden. Chapeau unseren belgischen Nachbarn!

Immerhin acht Holsteiner Hengste rangieren unter den Top 100 der Vererber, angeführt von Casall auf Platz drei.

Weltweites Wir-Gefühl

Mehr als die Hälfte der Holsteiner Züchter lebt inzwischen außerhalb des Kernzuchtgebietes, eine Situation, an die man sich zwischen den Meeren erst gewöhnen muss. Die Trakehner kennen sie seit langem und wissen, wie schwer es ist, bei einer bundes-, ja europa- und weltweit verstreuten Züchterschaft das gewisse Wir-Gefühl zu erzeugen, das Vertrauen, alle ziehen an einem Strang.

Tolle Hengstschau

Zur Resignation gibt es dennoch keinen Grund. Die Hengstschau in Neumünster zeigte den Holsteiner von seiner besten Seite. Die Junghengste wurden im Freispringen gezeigt, die älteren unter dem Sattel über einen kleinen Parcours mit steigenden Anforderungen. Es war ein Genuss, die jungen Springhengste zu sehen. Ich glaube, den ganzen Nachmittag klapperte nicht eine Stange, geschweige denn, dass eine zu Boden ging.

Die gerade erst angerittenen Dreijährigen gingen losgelassen, schon gut ausbalanciert, mit meist sicherer Anlehnung, mit normalen Gebissen und fast alle ohne Martingal, die meisten artig und trotzdem gehfreudig. Zwischendurch durften sie sich remontemäßig in die Tiefe dehnen, wann hat man das zuletzt gesehen? Das war eine Freude anzuschauen und zeigt, dass das Elmshorner Team auf dem richtigen Weg ist. Ein Lob auch für Tjark Nagel, der das Springen umsichtig leitete, immer den richtigen Trainertipp parat hatte und dabei ein paar witzige Kommentare losließ.

Problem Vermarktung

Das Problem bleibt die Vermarktung der Pferde aus den Züchterställen. Aber das ist kein Holsteiner Problem. Mehr als 90 Prozent der Reiter träumen nicht von Aachen, sondern höchstens von der A-Dressur oder auch nur vom stressfreien Ritt durch Wald und Flur. Ihre Pferde müssen nicht zwei Meter springen, aber gesund, rittig und ein bisschen hübsch sollen sie sein, dürfen dabei aber nur zwischen 6000 und 15.000 Euro kosten. Wie das gehen soll, ohne dass der Züchter dabei arm wird, hat noch niemand verraten. Pferdezucht soll Spaß machen, sagt der frühere Holsteiner Präsident Jan Lüneburg. Aber drauf zu zahlen, macht auf Dauer den wenigsten Züchtern Spaß. Das ist die eigentliche Aufgabe, die sich den Zuchtverbänden in Zukunft stellt.Air Jordan 1 Outlet Store online | Sneakers Draked Viola | Atelier-lumieresShops | Sneakers search engine

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

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  1. Jürgen Böge

    Sehr geehrte Frau Pochhammer,

    mit diesen beiden Fragen in Ihrem Titel nach der Zukunft der Pferdezucht im allgemeinen und der Zukunft des Holsteiner Verbandes im speziellen haben Sie zwei große Fragen gestellt.

    Beim Schreiben Ihres Beitrages haben Sie offensichlich bemerkt, dass mit den Antworten auf diese Fragen problemlos eine ganze Ausgabe des St. Georg gefüllt werden könnte.
    Die zukünftige Aufgabe der Verbände auf die Frage zu reduzieren, wie man die Pferde für Amateure teurer machen kann, damit die Züchter wirtschaftlich zurechtkommen, erscheint mir dann doch etwas zu kurz gesprungen.
    Selbst wenn es gelänge. das der Züchter für ein gut ausgebildetes 5-jähriges Pferd 30.000 Euro bekommt, was es bis dahin gekostet hat, gäbe es kaum noch Hobbyreiter. Die meisten Kinder und Amateure können sich so ein Pferd einfach nicht leisten neben den sonstigen Kosten des Hobbies.
    Wir sollten aufhören, immer wieder einen Gegensatz zwischen Amateuren und den Sportlern zu betonen.
    Der Spitzensport hat gerade in Deutschland noch immer eine solide und starke Basis im Amateurbereich. Da zeigen nicht nur die Zuschauerzahlen bei unseren großen Turnieren, sondern auch die große sportliche Breite im Nachwuchsbereich.
    Es würde mich allerdings sehr freuen, wenn die beiden von Ihnen angesprochenen Themen nach der Zukunft der Zucht und der Verbände im St. Georg weiter und vertieft diskutiert werden.

    Mit freundlichen Grüßen

  2. Marlis Lange

    Ein bisschen muss ich die Ehre der Holsteiner Vererber retten: wenn man sich mal die Stammbäume der anderen Verbände, gerade auch Zangersheide, anschaut finden sich eigentlich immer Holsteiner Hengste . Es kann also durchaus Holsteiner drin sein auch wenn es nicht “draufsteht” 🙂


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