Die Corona-Krise stellt unser aller Leben auf den Kopf. Gabriele Pochhammer hat sich in der Pferdewelt umgehört, wie man hier mit dem Heute und dem Morgen umgeht.
Wahrscheinlich strahlten noch in keinem Frühjahr zuvor die Boxen und Ställe, die Außenplätze und Reithallen so wie in diesem Jahr. Mit wem immer man in der Pferdeszene zur Zeit telefoniert, alle sind beschäftigt, das zu tun, was sonst gerne auf die lange Bank geschoben wird: aufräumen, anstreichen, putzen, entrümpeln. Das soll nicht heißen, dass die Vollbremsung der meisten Aktivitäten, die die Corona-Pandemie über große Teile der Welt verhängt hat, auch ihr Gutes hat, dafür sind die Folgen zu schwerwiegend. Vor allem die wirtschaftlichen Folgen, die zur Zeit noch niemand abschätzen kann. Sie treffen die Großen und die Kleinen, letztere besonders hart.
Der Handel stagniert
Aber auch die Big Names der Branche haben zu kämpfen. Paul Schockemöhle, Herr über ein paar tausend Pferde, verkauft im Schnitt 750 Pferde im Jahr. Jetzt sagt er: „Im Verkauf passiert so gut wie nichts.“ Es kommt keiner, der ein Pferd ausprobieren möchte, denn Reisen ist ja zur Zeit so gut wie unmöglich. „Ich verkaufe normalerweise 95 Prozent meiner Pferde ins Ausland“, sagt er. Etwa in die USA. „Die Amis können nicht raus, und wenn sie draußen sind, wissen sie nicht, ob sie zurückkommen.“ Das geht natürlich nicht nur Paul Schockemöhle so, sondern auch seinen europäischen Kollegen in Frankreich, Holland oder Belgien.
Nicht nur der Handel mit den Top-Pferden stagniert, auch Pferde für den Amateursport finden zur Zeit keine neuen Besitzer. „Alle Pferde, die jetzt reif fürs Turnier sind’“, sagt Paul Schockemöhle. Wozu jetzt ein Turnierpferd kaufen, wenn es keine Turniere gibt?
Noch einigermaßen gut laufen die Online-Auktionen mit jungen Pferden. Die Youngster stehen noch am Anfang ihrer Ausbildung, bis sie reif für den Sport sind, ist der Corona-Spuk vorbei – so zumindest die Hoffnung.
Auch der Holsteiner Verband, der erstmals seine Frühjahrsauktion als Online-Veranstaltung laufen ließ, war zufrieden. „Da haben quasi ungerittene Dreijährige gutes Geld gebracht“, sagt Geschäftsführer Norbert Boley, „da kann man nicht meckern.“ 47.000 Euro kostete das dreijährige Spitzenpferd Call me Scopy v. Comme il Faut (SG-online berichtete). Kein Traumpreis, aber doch der Spatz in der Hand, der ja bekanntlich besser ist, als die Taube auf dem Dach.
„Wir hatten Glück, dass am Anfang, vor der Corona-Sperre, die Kunden noch kommen und die Pferde ausprobieren konnten“, sagt Vermarktungschef Roland Metz. „Auch gab es etliche ausländische Interessenten, die sich von uns beraten ließen und unserem Urteil vertrauten.“ Noch stehen 50 Reitpferde in Elmshorn, die bis auf 12, 13 bald abgeholt werden. „Neue Pferde nehmen wir jetzt nicht mehr in Ausbildung“, sagt Metz. Zur Zeit werden Urlaubstage und Überstunden abgebummelt, dann soll der Betrieb mit Kurzarbeit heruntergefahren werden.
Streng geregelter Alltag
Das geht nicht überall. Auch zu Corona-Zeiten fressen die Pferde weiter, verlangen nach Betreuung, Bewegung und Training „Die Arbeit wird bei uns ja nicht weniger“, sagt Paul Schockemöhle, „aber einige Ausländer machen in ihrer Heimat Urlaub und können jetzt nicht zurückkommen.“ 300 Leute arbeiten auf seinen beiden Betrieben, 100 in Mühlen, wo die Sportpferde und die Hengste stehen, 200 auf Gestüt Lewitz.
Für das tägliche Leben gelten überall strenge Regeln: „Wir reiten in Schichten, benutzen dabei verschiedene Hallen und Plätze, damit die vorgeschriebenen Abstände eingehalten werden können“, sagt Paul Schockemöhle.
Die Büros sind leer, die Mitarbeiter auf Homeoffice umgestellt. Das Essen wird verpackt geliefert, jeder holt es sich einzeln auf einer Anrichte ab. Gemütliches Beisammensein sieht anders aus, nicht nur in Mühlen. Im Raum schwebt die Sorge, dass einer infiziert wird und alle in Quarantäne müssen.
Im belgischen Gestüt Zangersheide zum Beispiel sind die Mitarbeiter deswegen in verschiedene Gruppen eingeteilt, die keinen Kontakt zueinander haben. Sollte eine davon in Quarantäne müssen, ist die andere noch einsatzbereit. So wird es in vielen Betrieben aller Sparten gehandhabt.
Das Deckgeschäft über Spermaversand läuft weitgehend normal, bis die Fohlen 2021 erwachsen sind, ist die Corona-Pandemie Geschichte, so die allgemeine Zuversicht. Auch wenn viele Züchter einkalkulieren, dass sie im Herbst mehr Pferde im Stall haben werden als sonst und die eine oder andere Stute nicht zum Hengst gebracht wird.
Schwierig wird es, wenn die Sperren ausgeweitet werden, etwa Tierärzte nicht mehr ungehindert durch die Lande fahren dürfen, um auf den Züchterhöfen die Stuten zu besamen, sondern nur noch in Notfällen kommen dürfen. „Bisher läuft alles normal“, sagt Christian Ahlmann, Lebenspartner von Zangersheide-Chefin Judy Melchior. „Hoffen wir, dass es so bleibt.“
Positiv bleiben
Oder besser wird. Wann sich alles normalisiert, weiß nicht mal Paul Schockemöhle. Er schätzt, es werde wie bei der Lehmann-Pleite in den Jahren 2009/2010 zwei Jahre dauern, bis sich die Welt erholt hat. „Wir werden auch im nächsten Jahr weniger Pferde verkaufen, zu niedrigeren Preisen“, fürchtet er.
Die Fohlen, die in diesen Tagen überall geboren werden, haben natürlich keine Ahnung, in welche krude Welt sie ihre ersten Schritte setzen. Ein oder zwei sind es bei den meisten Züchtern, 250 in Lewitz – bis jetzt. „Das ist doch die schönste Zeit mit den jungen Fohlen“, sagt Florian Meyer zu Hartum, Geschäftsführer der Mühlener Pferdehaltungs Gmbh, „das macht doch richtig Spaß.“ Irgendwie geht es immer weiter. Da sind sich alle Pferdezüchter am Ende gleich: unverbesserliche Optimisten.
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