In der Saison 2020 wurden Pläne vernichtet und Träume, zerstört aber auch neue Kräfte entfacht und Prioritäten anders gesetzt. Eine Bilanz nach einer halben Saison unter der Fuchtel von Corona.
Es ist ja nicht so, dass alle Welt den Pferdesport so liebt wie wir. Oft genug sind Reiter und alle, die zu ihnen gehören, heftiger Kritik ausgesetzt, manchmal berechtigt, oft unberechtigt und von keiner Sachkenntnis getrübt. Doch in diesen Corona-Zeiten hat sich der Pferdesport aller Sparten unerwartet stark gezeigt und Hochachtung erworben. Machen, was möglich ist, statt zu jammern und nach staatlicher Hilfe zu rufen, ist die Devise in allen Disziplinen. Das war sogar dem ZDF einen 20-minütigen Beitrag wert, die Reiter als Vorbild, endlich mal. In einer Saison ohne Ziel, in der nicht nur die Olympischen Spiele ausfallen, sondern die meisten anderen hochrangigen Turniere abgesagt wurden, vom CHIO Aachen, über das Nationenpreisfinale in Barcelona, bis zu den Global Champions Turnieren, inclusive Hamburger Derby, sogar schon die ersten Hallenturniere wie die German Masters in Stuttgart, versucht jeder, das Beste draus zu machen.
In St. Tropez finanziert der durch Telekommunikation reich gewordener Unternehmer Sadri Fegaier, zwischen 9. Juli und 14. Oktober nicht weniger als elf Vier- und Fünfsterne-Turniere. Natürlich strömt die Weltelite herbei, von schwedischen Europameister Peder Fredricson, der hat vielleicht den weitesten Weg, bis zur US-Amazone Laura Kraut, die nur kommen kann, weil sie permanent in England lebt. Hin und her reisen zwischen USA und Europa wäre viel zu riskant. Fegaier, selbst passionierter Springreiter, kann es sich leisten, auf Zuschauer zu verzichten, schon im vergangenen Jahr war der Eintritt frei. Auch deutsche Spitzenreiter sind in St. Tropez dabei wie Christian Ahlmann, Daniel Deußer und Marcus Ehning.
„So wie andere auf Montage oder zur Arbeit gehen, fahre ich zum Turnier“
„Die Besitzer erwarten, dass ich ihre Pferde auf Turnieren vorstelle. So wie andere auf Montage oder zur Arbeit gehen, fahre ich zum Turnier, damit muss ich meinen Alltag finanzieren,“ sagt Ehning. Wie es im nächsten Jahr weiter geht, weiß er noch nicht. Zwei seiner Erfolgspferde der letzten Jahre, Cornado I und Pret à Tout, Sieger im Großen Preis von Aachen 2018, sind dann 18 und „kommen für Olympia auf keinen Fall mehr in Frage.“ Daniel Deußer ist besser dran: „Ich habe gute Pferde, die auch nächstes Jahr noch gute Leistungen bringen können.“ Killer Queen, Grand Prix-Siegerin in St. Tropez, ist dann 11, EM-Pferd Tobago 13, Jasmien 11.
Auch Alice, unter Simone Blum Weltmeisterin 2018, ist noch jung genug für einen Olympiaauftritt 2021. Dann ist sie 13 Jahre alt. Corona hat Simone Blums perfekten Plan durcheinander gebracht, nämlich gerade noch rechtzeitig nach der Geburt von Töchterchen Hanna Sophie wieder im Sattel zu sitzen. „Es wäre sportlich gewesen, aber es wäre gegangen. Dem Ziel Olympia war alles untergeordnet. “ Jetzt nutzte sie die Corona-Pause, um per Embryo-Transfer ein Fohlen von Alice zu ziehen, Vater ist der Top-Hengst Dominator von Christian Ahlmann (SG berichtete).
In Deutschland können sich kleine und mittlere Veranstaltungen prominenten Zuspruchs erfreuen. Denn wenn es nur wenige Turniere gibt, dann geht auch die erste Garnitur auf die Dörfer. Luhmühlen war einer der ersten Plätze, die für Wettkämpfe offen waren, zunächst nur Springen, inzwischen auch Vielseitigkeit. Das weitläufige Terrain in der Westergellerser Heide erleichtert es, die Abstandsregeln einzuhalten. Kontrollen durch die örtlichen Behörden gehören in Corona-Zeiten zu jedem Turnier. Auch die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI) hat in Zusammenarbeit mit der World Health Organization (WHO) Empfehlungen zusammengestellt. Eine davon ist zum Beispiel, dass es keine Stallzelte mit Stallgasse mehr gibt, sondern von außen zugängliche Boxen, damit sich die Menschen nicht öfter begegnen als nötig.
Die weitere Saison
Qualifikationen für das Bundeschampionat und Serien wie den Nürnberger Burgpokal laufen weiter, wenn auch teils unter anderen Vorzeichen. Eine Deutsche Meisterschaft der Vielseitigkeit wird es in Luhmühlen vom 2. bis 4. Oktober geben; Balve richtet keine Spring-DM, aber eine Dressurmeisterschaft vom 18. bis 20. September aus und in Aachen, wo es beim CHIO normalerweise mehr als drei Millionen Euro zu gewinnen gibt, gibt es ein „kleines“ Springturnier vom 4. bis 6. September – im Dressurstadion, nicht auf dem großen Platz. Ullrich Kasselmann in Hagen richtete ein internationales Dressurturnier aus: „Besser ein Geisterturnier als gar keins. Aber ein bisstrübe ist es schon, wenn nur 500 Zuschauer statt 70.000 kommen.“
Besser als erwartet läuft der Auktionshandel, vorzugsweise als Hybrid-Auktion, bei der wahlweise per Mausklick, durchs Telefon oder ganz altmodisch durch Heben des Programmheftes vor Ort geboten werden kann. Auf der Kasselmann-Auktion am 9. August ging das Spitzenpferd für 400.000 Euro nach Taiwan, im Durchschnitt kosteten die 13 Dressurpferde 123.000 Euro. „Ferndiagnose“ heißt für viele Käufer in Corona-Zeiten das Gebot der Stunde. Die Pferde werden im Internet genau beschrieben („Aufsteigen problemlos, Ablongieren nicht nötig“), in Videos und mit verschiedenen Fotos gezeigt, Röntgenbilder können gegebenenfalls eingesehen werden. Wozu noch mühsam anreisen, um vor Ort Probe zu reiten, scheinen sich viele Käufer zu fragen.
Wenige Reiter gehen so locker mit den Corona-Hemmnissen um, wie Dressurkönigin Isabell Werth. „Ich habe soviel Zeit, mich um meine Pferde zu kümmern, wie nie“, sagt die 35-fache Championesse. „Meine Leidenschaft ist das tägliche Reiten, das ist, was mich wirklich beschäftigt.“ Glücklich, wer von sich sagen kann, dass er nicht nur Schleifen und Pokalen hinterherjagt, sondern jede Stunde im Sattel genießt. Aber tun das nicht die meisten von uns?jordan retro shoes mens release dates | nike outlet quarry market
Hallo,
dem ZDF einen 20-minütigen Beitrag wert, die Reiter als Vorbild,…
wann wurde das gezeigt und was der Titel, dass man den Beitrag in der Mediathek finden kann.
„Der harte Ritt aus der Coronakrise“
https://www.zdf.de/sport/zdf-sportreportage/reiten-reitsport-pferdesport-corona-covid-19-100.html
Saison ohne Ziel? Das Ziel wäre mal nachzudenken, die Situation zu überdenken. Versucht wird, das Alte wiederzubeleben. Für die meisten gilt: The show must go on!
Gebraucht wird aber soziales Engagement auf allen Ebenen. Hier sollte jeder nach seinen Kräften zu geben bereit sein. Zu hoffen bleibt, dass, wer Reitturniere aus eigener Tasche finanziert, mehrere Hunderttausend Euro für ein einziges Reitpferd oder gar mehr als eine Million für einen Hengst und seinen Komfort auszugeben bereit ist, sein Herz und seinen Geldbeutel auch mehr als großzügig aufschließt, wenn es darum geht, bei humanitären Katastrophen Krankensysteme zu unterstützen, das Bildungssystem seines Heimatlandes auf Vordermann zu bringen oder eine sinnvolle Umweltaktion zu finanzieren. Wäre es nicht schöner, den eigenen Namenszug z.B. auf einem Waldbrand-Löschflugzeug, auf einem Rettungshelikopter oder der Stiftungsurkunde zu einer Bildungsoffensive zu sehen als auf einer Satteldecke?