Was wird aus den Rennpferden, die schon in jungen Jahren die Trainingsställe verlassen? Die meisten finden neue Aufgaben, wobei sich ausgerechnet die Corona-Pandemie als hilfreich erweist.
Heute soll mal wieder von Corona die Rede sein, aber diesmal geht es um eine gute Nachricht. Ja, auch die gibt es. Wie mir Christian von der Recke – einer der erfolgreichsten deutschen Rennpferdetrainer mit mehr als 2000 Siegen – erzählte, sei die Nachfrage nach Vollblütern, die den Rennstall verlassen, noch nie so groß gewesen wie in diesen Zeiten. Auf seiner Website (www.rennstall-recke.com) präsentiert er gelegentlich solche Pferde, deren Ding das ganz schnelle Laufen nicht ist, die aber als feinfühlige und liebenswerte Reitpferde noch viel Freude machen können.
„Die Menschen haben offenbar mehr Zeit, sich um ein Pferd zu kümmern“, sagt von der Recke, „viele sind ja im Home Office.“ Es erinnert ein bisschen an den Run auf die Tierheime, in denen sich Leute einen Hund aussuchen, um während der Pandemie einen Grund zu haben, mal raus zu kommen. Kann man nur hoffen, dass Zeit und Begeisterung nicht mit dem Abflauen der Seuche verschwinden.
Ich habe mich oft gefragt, was aus den Rennpferden wird, deren Karriere ja schon relativ früh beendet ist und von denen jedes Jahr nur ein Bruchteil in der Zucht eine neue Aufgabe findet: die besonders guten und interessant gezogenen Stuten und eine Handvoll Beschäler. Mehr braucht die in Deutschland doch recht kleine Vollblutzucht nicht.
475 Züchter halten 1325 Stuten, die im Jahr 2020 ungefähr 770 Fohlen zur Welt brachten. 2276 Pferde werden in deutschen Rennställen trainiert (Zahlen aus galopponline.de). Mehr als 300 von ihnen sehen nie eine Startbox, andere werden spätestens mit sieben Jahren als „Rentner“ ausgemustert, also in einem Alter, in dem bei unseren Reitpferden die Karriere gerade erst Fahrt aufnimmt.
Optionen für die zweite Karriere
Was passiert mit all diesen doch noch jungen Pferden, fragt man sich und die Antwort ist weniger dramatisch, als man befürchten könnte. „Ein großer Teil wird als Rennpferd in andere europäische Länder wie Polen oder Ungarn verkauft“, sagt Peter Brauer, Buchautor und früherer Pressesprecher des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen, heute Deutscher Galopp, „und setzt dort seine Karriere fort.“
Und auch als Reitpferde sind die Frührentner, sofern sie gesund, hübsch und nicht allzu schwierig sind, begehrt. „Da gibt es keine Probleme“, sagt Brauer. Zumal die Preise oft deutlich unter denen für Warmblutpferde liegen. Für 5000 Euro bekommt man schon ein Pferd, das nach einigen Wochen vorsichtiger Umschulung ein feines Reitpferd abgeben kann.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass diese Pferde oft disziplinierter und braver sind als drei-. und vierjährige Warmblüter, weil sie ja schon an einen gewissen Arbeitsrhythmus gewöhnt sind.
Auch der Münchner Trainer Michael Figge hat bisher noch für jedes Pferd, das seinen Rennstall verlassen hat, einen neuen Besitzer gefunden. „Wir suchen solange, bis es passt“, sagt er. Einige Pferde konnte er als Polopferde vermitteln, für andere den richtigen Reiter finden, nicht zu schwer, geduldig und mit dem richtigen Händchen für Blutpferde, also meistens Reiterinnen.
Viele werden Freizeitpferde, manche eignen sich für die Vielseitigkeit. Voraussetzung dafür ist ein ordentlicher Sprung mit guter Beintechnik, die ja mehr oder weniger angeboren ist. Gute Grundgangarten, – nicht nur Schritt und Galopp, das haben die meisten Vollblüter – sondern auch ein schwungvoller Trab. Da hapert es schon eher. Das Gebäude sollte der klassischen Ausbildung nicht zu sehr im Wege stehen, also ein leichtes Genick, ein gut angesetzter Hals und Schub von hinten.
Vollblüter im Turniersport
Im Turniersport haben es die Blüter nicht ganz leicht. In den Basisprüfungen treten sie gegen starke Warmblutkonkurrenz an, das Bundeschampionat ist ihnen verschlossen. Das war der Preis, den die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) zahlte, um die Pferde des belgischen Stutbuchs Zangersheide fernzuhalten. Nur noch die Rasse Deutsches Reitpferd ist beim Bundeschampionat zugelassen.
In anderen Ländern, wie Großbritannien und USA, haben es Ex-Rennpferde leichter, im Sport Fuß zu fassen, da sind ihnen bestimmte Prüfungen, ja ganze Turnierserien vorbehalten, aus denen dann oft hocherfolgreiche Buschpferde hervorgehen. Das wurde hierzulande auch versucht, mit mäßigem Erfolg.
Der hochentwickelten deutschen Warmblutzucht steht eine verhältnismäßig kleine Zahl von Vollblütern gegenüber, anders als in England sind die „Szenen“ streng getrennt, man spricht verschiedene Sprachen und die einen verstehen wenig vom Leben der anderen. Schade eigentlich, den Pferden würde ein besseres Miteinander zugute kommen.Men’s Air Jordans 1 release dates | nike air jordan 1 outlet
Die gute Versorgung nach der ersten Karriere gilt aber eher nur für die hiesige kleine Renn- Szene. Das sieht im Ausland schon ganz anders aus und in vielen Fällen können die Vollblüter froh sein, wenigstens ordentlich geschlachtet zu werden. Wenn man sieht, was den Pferden aus den Renställen im Mittleren Osten und USA bĺüht, wenn sie die goldenen Käfige bzw. Boxen verlassen, da denkt man nicht, das alles in Ordnung ist im Rennsport.
Da muss man leider auch Richtung Australien zeigen.
Nachzusehen z.B. in der erschütternden Reportage ( falls man das hier erwähnen darf) „The dark side of Australia’s horse racing industrie“. Ein Team setzt sich auf die Fährte „retired“ gemeldeter Rennpferd-Stars, die über Jahre beträchtliche Geldsummen in die Kassen ihrer Besitzer gespült haben und sich ein paar Rentnerjahre wahrlich verdient hätten.
Deren „Entsorgungsweg“ macht einfach nur betroffen.