Es steht Siegern zu, ein wenig in Überschwang zu geraten. André Thieme (46) ist der 15. deutsche Springreiter-Europameister, nach einem Finale, das nicht nur an den Nerven der Reiter zerrte.
Mit 6,84 Minuspunkten wurde André Thieme auf der elfjährigen Chakaria v. Chap-Askari (DSP) in Riesenbeck neuer Europameister der Springreiter. Silber gewann der Schweizer Titelverteidiger Martin Fuchs (9,31) auf dem neunjährigen Leone Jei v. Baltic-Corland (KWPN) und dem schwedischen Mannschaftsolympiasieger von Tokio, Peder Fredricson (9,46) auf dem 15-jährigen Catch Me Not v. Cardento-Ramiro‘s Son (BWP).
Der B-Kurs des Finales, zu dem noch die besten zwölf Reiter aus dem A-Kurs antraten, hatte es in sich. Die Klippe war die Dreifache Kombination, Hindernis 5A, B, C, Steil, Steil, Oxer, nach einem leicht bergab aufgebauten massiven Oxer, der den Pferd Schwung verlieh, manchmal zu viel, um sie nach einer leichten Linkswendung vor dem luftigen Einsprung 5A wieder aufs Hinterbein und unter Kontrolle zu bekommen. Einer von nur zwei Nullfehlerritten in diesem B-Finalkurs gelang Christian Kukuk (9,93) auf dem fixen Schimmelhengst Mumbai v. Diamant de Semilly (BWP), der wie schon zuvor mit sensationeller Bascule über die Sprünge flog. Als knapp geschlagener Vierter schrammte Kukuk mit dem neunjährigen Hengst so eben an einer Medaille vorbei, konnte sich aber ein großes Lob bei seinem Chef Ludger Beerbaum abholen.
Andere mussten nach dem Finale ihre Medaillenträume begraben, wie die beiden Belgier Nicola Phillipaerts auf Katanga (13,28 Strafpunkte, Platz 5), und Pieter Devos auf Jade (15,16/Platz 6), der am Morgen noch als Dritter in Titelnähe gelegen hatte, aber im B-Kurs zweimal patzte.
Enttäuschend endete die Europameisterschaft für David Will und C Vier, den Sieger der ersten Prüfung, des Zeitspringens, der die EM so gut begonnen hatte. Im A-Kurs noch fehlerfrei, warfen ihn zwei Abwürfe des Braunen auf Platz 7 (16,00) zurück. Dem Pferd merkte man die vier schweren Runden, die hinter ihm lagen am Ende an.
Für zwei Reiter endete das Finale besonders enttäuschend. Der Schweizer Steve Guerdat, am Freitag noch strahlender Mannschaftseuropameister und mit einem Abwurf im A-Kurs noch in Nähe des Podiums, schied aus, nachdem der zehnjährige Maddox zweimal vor der weißen Mauer die Bremse gezogen hatte.
Die Träume des Shooting Stars, der 24-jährigen Griechin Ioli Mytilineou, endeten, als der zehnjährige Levis de Muze schlecht zur Dreifachen kam, an 5A zögerte, die Stange mitnahm und vor 5B abbremste und dabei den ganzen Sprung zerlegte. Nach einem Gehorsamssprung, dem Oxer Nummer drei, gab die Reiterin auf. Medaille weg, aber Vertrauen wieder hergestellt. Trotz des Missgeschicks fand Turnierchef Ludger Beerbaum begeisterte Worte für die junge Reiterin. „Ich habe sie die ganzen Tage über bewundert, die beiden haben uns gezeigt, wie eine gute Partnerschaft zwischen Reiter und Pferd aussieht.“ Den Fehler erklärt er mit der mangelnden Routine des Paares: „Nach dem Sprung über den Oxer Nr. 4 ging ein Raunen durch das Publikum, die Reiterin schien einen Moment irritiert, dann passte die Distanz zur Dreifachen nicht mehr. Ich fand die Entscheidung, die Dreifache nicht nochmal anzureiten, sehr gut von ihr. Ich bin sicher, wir werden sie wiedersehen, auch mal auf dem Podium.“
Auch Markus Ehning war beeindruckt: „Da kann man sehen, dass Reiten kein Kraftsport ist.“ Er selbst hatte zu diesem Zeitpunkt seine Reithosen schon ausgezogen. Mit zwei Abwürfen von Stargold, einmal nach einer Wendung auf einen bunten Steilsprung, dann ganz leicht am Aussprung der Dreifachen an der obersten Planke, war er nicht mehr für den B-Kurs qualifiziert (17,33, Platz 17).
Marcus Ehning hatte noch ein besondere Idee: Er schlug vor, 5.000 Euro der Siegprämie für die Mannschaftssilbermedaille der Initiative „Pferde für unsere Kinder“ zu spenden. Aus 5.000 Euro wurde dann noch 7.000, nachdem Bundestrainer Otto Becker und Peter Hofmann, Vorsitzender des Springausschusses des Deutschen Olympiade Komitees für Reiterei (DOKR) noch einmal halfen, den Wert aufzustocken.
Europameister André Thieme in Feierlaune
Zwar lagen noch acht Stunden Autofahrt vor ihm, aber André Thieme ließ keinen Zweifel daran, dass er gleich nach Ankunft zuhause in Mecklenburg mit dem Feiern beginnen wollte. Der Titel des Europameisters war für ihn wie ein Befreiungsschlag nach vielen frustrierenden Momenten in den letzten Wochen, auch nach den gemischten Erfahrungen bei den Olympischen Spielen in Tokio. „Mein Pferd hat in Tokio viel gelernt, aber ich auch“, sagte er. Der Weg zum EM-Titel in Riesenbeck begann holprig mit einem Abwurf im Zeitspringen, aber von da an lief es wie geschmiert, am Ende hatte er noch einen Abwurf drin, den machte er dann an 5A. Mannschaftssilber und obendrauf der Einzeltitel – das war der größte Erfolg in seiner Laufbahn und Thieme wurde nicht müde, sein Pferd zu loben. Chakaria gehört ihm und einem Freund seines Vaters. „Sie ist ein Familienpferd“, sagte er, „Ich liebe sie genauso wie meine Frau, damit muss sie leben.“
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