Nichts ist mehr, wie es war, seitdem am 24. Februar Putins Soldaten die Ukraine überfallen haben, ihre Städte bombardieren und mehr als eine Million Menschen (Stand Sonntag abend) in die Flucht trieben, Richtung Westen, über die Grenzen zur EU. Die Hilfsbereitschaft in unserem Lande, Menschen, aber auch den in der Ukraine in Not geratenen Pferden zu helfen, ist groß.
Wie immer hat Paul Schockemöhle nicht lange gefackelt. Aus seinem Gestüt Lewitz in Mecklenburg-Vorpommern schickte er kurzentschlossen zwei Busse an die polnisch-ukrainische Grenze. 80 Menschen konnten so fliehen, der zweite Bus kam Sonntagnacht in Lewitz an. Die Frauen und Kindern sind vorläufig in einem Hotel in Neustadt-Glewe untergekommen, das Schockemöhle komplett gemietet hat. Er versorgt bis auf weiteres die Ankommenden auf eigene Kosten. „Die Menschen hatten für mich erstmal absolute Priorität,“ sagt er. Inzwischen hat sich die Stadt Neustadt-Glewe der Aktion angeschlossen, kümmert sich um die medizinische Versorgung der Flüchtlinge, unter anderem für Corona-Tests, und bemüht sich um weiteren Wohnraum.
Schon lange bestehen enge Verbindungen zwischen Lewitz und der Ukraine. Regelmäßig kommen Studenten der Universität Zhytomyr, meist mit dem Studienfach Tiermedizin oder Landwirtschaft, für mehrere Monate nach Lewitz, um dort alle Seiten der Pferdezucht kennenzulernen. Anschauungsmaterial gibt es bei rund 6000 Pferden schließlich genug. „Zu uns kommen viele junge Leute aus aller Welt, um hier Erfahrungen zu sammeln, oft auch Doktoranden“, sagt Dirk Hauser, früher ein erfolgreicher Springreiter, heute Personalmanager des Betriebes. „Bei uns arbeiten Leute aus 24 Nationen, 600 Pferde werden täglich geritten.“
Zum Zeitpunkt des Kriegsausbruchs waren 22 Ukrainer in Lewitz, die meisten jungen Männer sind in ihre Heimat zurückgekehrt, bis auf die, die freigestellt wurden, weil ihre Brüder bereits eingezogen worden sind. Die jungen Frauen konnten bleiben. Gleich nach dem russischen Angriff nahm Dirk Hauser Verbindung zur Universität auf und bot an, Menschen in Sicherheit zu bringen.
„Von den Familien unserer Studenten wollte keiner aus dem Land“, sagt Dirk Hauser, „das sind meist Ärzte, Lehrer und Tierärzte, die wissen, sie werden gebraucht.“ Aber es gab genügend Freunde und Verwandte, Frauen mit Kindern, die dankbar die Gelegenheit ergriffen. „Viele wollen gar nicht nach Deutschland, sondern nach Polen, Tschechien, auch nach Spanien oder Luxemburg.“ Auch für sie wurde die Reise ans Wunschziel organisiert.
Die Busse aus Lewitz durften nicht ins Land, sondern mussten die Flüchtlinge an der polnisch-ukrainischen Grenze aufnehmen. „Das war nicht immer einfach, an einem Grenzübergang waren 15 Stunden Wartezeit, da mussten wir einen anderen, 150 Kilometer entfernt, nehmen“, sagt Hauser. „Auch frühere Studenten schreiben uns jetzt an. Vorgestern stand ein Mädchen , eine ehemalige Praktikantin, auf dem Gestüt, sie war 1600 Kilometer getrampt. Soweit wie möglich holen wir alle raus.“
Kein Futter, keine Einstreu, keine Medikamente: Auch die Pferde leiden
Kompliziert ist auch die Hilfe für die rund 100.000 Pferde in der Ukraine. Der Niederländer Theo Ploegmakers, Präsident der European Equestrian Federation (EEF) verhandelt mit EU-Behörden über Quarantänestationen, um Pferde aufzunehmen. Die Ukraine gilt als Drittland. Ordnungsgemäße Veterinärpapiere von ukrainischen Behörden sind derzeit schwer zu bekommen. Auch Transporte mit LKW sind nicht möglich, da LKW beschlagnahmt werden. Dennoch seien bereits ca. 100 Pferde „illegal“ , meist über kleine Nebenstraßen in die EU und auch nach Schweden transportiert worden, sagt Ploegmakers, der ständig mit den EU-Behörden im Gespräch ist. „Wichtig ist zur Zeit vor allem die Einrichtung von Quarantäneställen in angrenzenden Ländern.“ EEF-Generalsekretärin Carina Mayer führt eine Liste mit Stallbetreibern, die Platz für ukrainische Pferde anbieten.
Das Problem ist im Moment, dass viele dieser Pferde nicht geimpft sind. Darum braucht es Quarantänestationen. Die Rennbahn Magdeburg stellt beispielsweise vorerst 92 Boxen als Quarantänestation zur Verfügung. Dort können die Pferde sechs Wochen bleiben und nach der Quarantäne in Privatställe gehen, die Boxen zur Verfügung stellen. Die Rennbahnleitung hat auch zugesagt, die Transport der Pferde von der polnisch-ukrainischen Grenze zu organisieren. Mit Hilfe der „Volkssolidarität“, vergleichbar der westdeutschen Arbeiterwohlfahrt, wird auch das Begleitpersonal versorgt.
Hilferuf der Ukraine-FN
Anastasia Bondarieva, die im Auftrag der ukrainischen FN die Kontakte zu allen hält, die helfen wollen, richtete einen bewegenden Appell an die EEF-Nationen: „Die Mehrheit der ukrainischen Ställe ist ein einem kritischen Zustand: enormer Mangel an Futter, Heu und Spänen. In den meisten Ställen bekommen die Pferde eine kleine Mahlzeit am Tag, wenn überhaupt. Ebenso stehen die meisten Pferde in der Ukraine auf nacktem Beton, weil es überhaupt keine Einstreu gibt. Leider kann man nirgendwo Stroh auftreiben, weil das meiste durch die Bombardierungen verbrannt ist.“ Das gilt vor allem für die Ställe rund um die großen Städte.
Im Landesinneren, wie in dem Gestüt, in dem die Hengste Cornet Obolensky und Comme il Faut stehen, sei noch alles ruhig, sagt Hubert Vornholt, auf dessen Station in Münster-Wolbeck Comme il Faut eigentlich diese Saison decken sollte. „Aber das Dorf in der Nähe wurde schon bombardiert.“ Doch die Lage kann sich in wenigen Stunden zuspitzen, wer weiß das schon außer Herrn Putin.
Hier können Sie helfen
Sammelplatz für Hilfsgüter in Polen
Equestrian Club LESNA WOLA ul.
Leśna Wola 8
36 – 060 Głogów Małopolski Paland.
Kontakt
+48 889 194 993 Andrew POL / UKR
+48 693 685 630 Tomek POL / EN
+48 608 530 797 Ewa POL / EN
Gebraucht werden Futtermittel, Heu, Stroh, Späne und Medikamente.
Bitte alle Verpackungen mit den Buchstaben „LLR“ kennzeichnen. Daran sieht man, dass es sich um Hilfsgüter für Pferde handelt.
Angebote für Stallraum:
Carina Mayer [email protected]
Geldspenden und weitere Infos
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Danke für diesen Artikel! Es gibt auch Berichte von Besitzern (bei Irpin), die vor ihrer Flucht die Pferde in die Wälder entlassen haben, aber der Winter dort ist noch im vollen Gange. Kaum zu glauben, dass sie es schaffen werden.
Heute berichtete auch der WDR (gegen 22 Uhr) von den Pferden, die in den winterlichen Wald entlassen wurden. Demnach wurden wohl ein paar der Pferde lebend gesichtet, der Besitzerin zweier Pferde blieb aber nur die Hoffnung, sie vielleicht irgendwann wiederzufinden. Aufgrund des Beschusses ist kein Zugang möglich. Ich konnte nur noch mitweinen und wünschte, ich könnte helfen.