Als bekannt gegeben wurde, dass die Youth Olympic Games in Dakar im Senegal aufgrund der Corona-Pandemie auf 2026 verschoben werden, wurde der Weltverband FEI aktiv und ersuchte das IOC um die Erlaubnis, sozusagen Ersatzspiele abhalten zu dürfen, die Youth Equestrian Games. Das kam gut an, zumal der CHIO Aachen sich als Austragungsort zur Verfügung gestellt hatte. Die Erwartungen der Beteiligten dürften sich erfüllt haben.
Wer in Aachen gewonnen hat, der hat allen Grund, bei der anschließenden Pressekonferenz gut gelaunt auf dem Podest zu sitzen. Aber in diesem Jahr wurden alle glücklichen Sieger überstrahlt von der Begeisterung der jugendlichen Reiter, die bei den FEI Youth Equestrian Games für sich und ihr Land, aber auch für ihren Kontinent ritten. 30 junge Leute, einer aus jeder Nation, die sich qualifiziert hatten, eingeteilt in sechs grob nach Kontinenten zusammengestellte Mannschaften, auf 30 Pferden, auf denen sie noch nie gesessen hatten, bevor sie ihnen zugelost wurden. Viele stammten aus Reiterfamilien, ja nicht ungewöhnlich in unserem Sport, sicherlich aus Familien, in denen nicht gespart werden muss und um die wir uns keine Sorgen machen müssen, wenn die Weizenlieferungen aus der Ukraine ausbleiben. Da wurde schon das eine oder andere Gucci-Handtäschchen durch die Lobby des Mannschaftshotels geschwenkt.
Manche waren schon halbe Profis, andere gingen noch zur Schule, zum College oder zur Bundeswehrsportschule wie die deutsche Vertreterin Charlotte Höing, zarte 17 Jahre alt. Die Grundausbildung hat sie hinter sich („Schießen kann ich schon“), jetzt wird erstmal geritten und in Aachen wurde schon fast gesiegt (schnellste Zeit, letzter Sprung runter im Einzelfinale).
Da saßen sie nun, die 15 Team-Medaillenträger aus aller Welt, natürlich mehr Mädchen als Jungen, zusammengewürfelt durch den Zufall der Qualifikation. Nordamerika, wozu dann auch Mexiko und Guatemala gehörten, auf dem Goldplatz, Silber für Europa und, für manche überraschend, Afrika mit der Bronzemedaille, in seinen Reihen eine kleine Jordanierin, die aussah wie Prinzessin Haya in jungen Jahren und genauso fröhlich lachte. Sie alle hatten geliefert, mit meist fehlerfreien stilistisch tollen Ritten über Parcours von immerhin 1,30 Meter hohen Hindernissen, also bis Klasse M* in der Einzelentscheidung.
So ein Highlight des Springsports sieht auch die Soers nicht alle Tage. Das Modell Equestrian Youth Games hatte sich der Weltreiterverband FEI ausgedacht, um die Verschiebung der Olympischen Jugendspiele in Dakar (Senegal) durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) aufgrund von Corona auf 2026 aufzufangen, um den Reitern, die in vier Jahren schon aus der Altersgruppe fallen (14 bis 18) nicht um ihre Quasi-olympische Chance zu bringen. Der Plan ging so gut auf, dass angeblich bereits über eigene IOC-unabhängige Jugendspiele alle zwei Jahre nachgedacht wird.
Herausforderung Fremdpferde
Aber es sehr wird schwer werden, das Aachener Modell irgendwo auf der Welt zu wiederholen, es steht und fällt mit der Auswahl der Pferde und dem Management der jugendlichen Teams. Wettkämpfe auf zugelosten Pferden sind spätestens seit Annika Schleus unglücklichem Auftritt in Tokio eine heikle Angelegenheit. Bekanntlich wird Reiten im Modernen Fünfkampf nach den Olympischen Spielen in Paris 2024 durch eine Art Hindernislauf ohne Pferde ersetzt. Die Deutschen Meisterschaften in Berlin im Juni mutierten zum Vierkampf ohne Reiten.
„Nach den Fünfkampfbildern aus Tokio waren wir alle total sensibilisiert“, sagt Holger Hetzel. Der 62-jährige Championatsreiter, Landestrainer und Händler aus Goch, war für die Auswahl der Pferde zuständig. 38 wurden gebraucht, davon acht als Reserve. „Das Wichtigste war, dass die Pferde sehr flexibel waren, verschiedene Reitsysteme abkönnen.“ Hetzel telefonierte rum, bei Freunden, Reiterkollegen und Kunden. Die Pferde, die schließlich zur Verfügung gestellt wurden, hatten fast alle internationale Erfolge, waren in Zwei-, Drei-, oder sogar Viersterne-Springprüfungen gestartet, waren also fit für Springen, die zwei Stufen über den Anforderungen in Aachen lagen.
Beim Auswahltermin vier Wochen vor dem Turnier, vor einem Gremium, dem außer Hetzel auch Vertreter der FEI, der FN und des Aachen-Laurensberger Rennvereins (ALRV) angehörten, wurden die Pferde in der Soers von den Besitzern beziehungsweise Bereitern vorgeritten, anschließend von Hetzels Bereiterteam noch mal probiert. Bei der Anlieferung am Mittwoch vor CHIO-Beginn wurden sie dann erneut vorgestellt, diesmal im großen Stadion, das auf viele Pferde beim ersten Mal ja sehr einschüchternd wirken kann.
Die Jugendlichen reisten einen Tag später an, hatten nun genügend Zeit, um sich mit den jedem Reiter zugelosten Pferden anzufreunden. Jede Mannschaft hatte natürlich ihren Equipechef, für die Europäer war es Peter Teeuwen, oft hatten die Reiter auch noch ihre Heimtrainer mitgebracht und die Verwandtschaft sowieso. „Natürlich kam ein bisschen Hektik auf“, sagt Holger Hetzel, „ich stand dazwischen und war ja auch den Pferdebesitzern gegenüber verantwortlich.“
Jeder wollte von ihm eine Art Gebrauchsanweisung. Die kollidierte dann manchmal mit der Meinung des Trainers oder der Familie auf einem fernen Kontinent, die mit nächtlichen Anrufen noch ins Geschehen eingreifen wollte. Da ging es zum Beispiel um eine Stute, die an Deutschen Jugendmeisterschaften teilgenommen hatte. „Ein richtiges Parcourspferd, wenn du die erst `ne halbe Stunde Dressur reitest, wird sie immer heißer. Die darfst du vorher nur ein bisschen galoppieren.“ Tatsächlich ging die Stute zwei Nullrunden im Parcours.
Ein anderes Pferd konnte beim Warm Up nicht den Wunsch der Reiterin interpretieren, dass es schon springen und nicht nur den Parcours besichtigen sollte und lief am ersten Hindernis vorbei. Neuanfang, Nullparcours. Aber ein Riesenaufstand. „Wir sind hier hergekommen, um Medaillen zu gewinnen, mit diesem Pferd kann man keine Medaille gewinnen, wir wollen ein anderes Pferd“, musste Holger Hetzel sich anhören. Zum Glück ließ das Reglement das gar nicht zu. Auch dieses Pferd ging zweimal Null im Nationenpreis und alle konnten tief durchatmen.
Am Ende des Tages waren alle glücklich, die Reiter, die Eltern und die Pferdebesitzer, vor allem diejenigen, die ihr Pferd am Samstagabend bei einer Auktion in einer Ecke des Fahrstadions noch gut verkaufen konnten. 22 Pferde wurden angeboten, elf gingen weg laut Auktionator Volker Raulff, das teuerste für 200.000 Euro.
Und Holger Hetzel freut sich in diesen Tagen über das Nachgeschäft, denn die gut gerittenen handlichen Pferde fanden zahlreiche Interessenten, die sie jetzt ausprobieren können. Das ging vorher nicht, weil nach der Verlosung nur noch die Teilnehmer an den Youth Equestrian Games sie reiten durften. Das Ganze nennt man wohl Win-Win-Situation.
Zum Abschluss des CHIO, beim traditionellen Abschied der Nationen, waren auch die Jugendlichen dabei. Die Aachener winken dann den Sportlern mit weißen Taschentüchern „Auf Wiedersehen“ zu. Ich bin sicher, der eine oder andere der jungen Leute wird das wörtlich nehmen.Yeezys – Jordans, Musee-jacquemart-andre News, Jordan Essentials Statement Hoodie – release dates & nike. | cheap air jordan 1 womens
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