Beim Fahren in Aachen 2023 gab es in der Dressur zumindest eine kleine Überraschung. Der Sieger in dieser Disziplin hieß nicht Boyd Exell.
Vor dem Einfahren schnell noch einmal mit Bürsten und Lappen den letzten Schliff für einen glänzenden Auftritt gesorgt, zwei Schrittrunden mit den bunten Rappen gefahren, dann geht es ins Viereck mit Celviro, Checkmate, Hero und Ivor. Auf dem Kutschbock sitzt der Australier Boyd Exell, der seinen Vorjahressieg wiederholen möchte und die Prüfung mindestens so konzentriert angeht wie seine Pferde, die gehorsam auf die Hilfengebung warten. Es gilt, 22 Lektionen zu bewältigen in der Dressurprüfung für Vierspänner, der ersten Wertungsprüfung für die Einzel- und Mannschaftswertung beim CHIO Aachen.
Exell knapp vorn? Nein, doch nicht
Das klappt auch in diesem Jahr wieder gut, allerdings nicht ganz so souverän wie von dem Titelverteidiger erhofft. Aber wie immer lobt er seine Pferde nach Beendigung der Prüfung: „well done“! Und beim Blick auf die Anzeigetafel ist er ganz zufrieden, er liegt mit 38,72 Punkten denkbar knapp vor Chester Weber. Der US Amerikaner ist sein schärfster Rivale auf dem Dressurviereck und hat die Prüfung mit 38,85 Punkten beendet. Boyd Exell: „Ich liege vorn, auch wenn ich ein paar kleine Fehler hatte“. Ein besseres Ergebnis hatte Hero verhindert, sein rechtes Stangenpferd. Exell hat Verständnis für den Wallach, der noch nicht die bestechende Losgelassenheit seiner Kollegen vor der Kutsche hat. „Hero geht seine erste Saison, hat noch nicht so viel Erfahrung“. Zehn Minuten später wird die Freude über die Führung in der Prüfung getrübt, als beim Nachrechnen der von den Richtern gegebenen Punkte ein Rechenfehler offengelegt wird. Nun liegt Exell mit 38,92 Punkten knapp hinter Chester Weber, der sich über seinen ersten Sieg in Aachen freut.
Wenn der Vater mit dem Sohne…
Auf den Plätzen drei und vier folgt Familie Ijsbrand aus den Niederlanden. Vater Ijsbrand schlägt mit 42,38 Punkten Sohn Bram (48,38 Punkte). Für das deutsche Team fährt Mareike Harm (Negernbötel) mit 49,11 Punkten auf den fünften Rang. Ein Ergebnis, mit dem sie nicht nur hinter den eigenen Erwartungen zurückbleibt. „Enttäuscht“, ist ihr knapper Kommentar. Mit ihren hervorragenden Ergebnissen konnte die einzige Fahrerin in Aachen in den letzten Jahren stets in der Spitzengruppe mithalten, dieses Mal fehlte die letzte Losgelassenheit ihrer Pferde. Sonst eine der Stärken ihres Gespanns, konnte sie dieses Mal im Schritt nicht punkten. Ihre Neuerwerbung Fridolin, der erst seit vier Wochen bei ihr ist, hat zwar „seine Sache ganz gut gemacht“, lobt sie den Braunen, er ist aber noch nicht so stromlinienförmig in das Gesamtbild eingefügt wie es für eine Top-Vorstellung wünschenswert wäre.
Schritt entscheidet
Michael Brauchle aus Aalen musste als erster deutscher Fahrer auf das Viereck, landete in der Endabrechnung mit 51,91 Punkten auf Platz acht. Auch bei ihm verhinderten Taktfehler im Schritt ein besseres Ergebnis. Vorne links hat er Smiley angespannt, der, so Brauchle, „noch nicht so gut mit dem Prüfungsdruck umgehen kann. Zuhause geht er tadellos Schritt, in der Prüfung wird er gern noch etwas nervös. Eine Lösung habe ich dafür spontan noch nicht, hoffe nur, dass das im Laufe der Zeit besser wird“.
Auf Platz neun rangiert der dritte deutsche Mannschaftsfahrer, Georg von Stein aus Modautal, 52,11 Punkte stehen auf seinem Konto. Man sah ihm bei der Ausfahrt vom Dressurviereck an, dass er mit seinen Pferden sehr zufrieden war. „Es hat Spaß gemacht“, kommentierte er die Vorstellung. Auch seine Pferde kamen nicht in Ruhe zum Schreiten. „Javiro hat es kaputt gemacht. Das weiß ich eigentlich schon vorher, aber so ist es nun mal“, sagt er. Dennoch hatte nicht nur er mit einer besseren Bewertung durch die Richter gerechnet, so ist sein Resultat das Streichergebnis für die Mannschaftswertung.
Die Wertung der acht angetretenen Teams führen, wenig überraschend, die Niederländer mit 90,76 Punkten an. Überraschender ist der zweite Platz für die Australier, die mit nur zwei Fahrern antreten. Neben Boyd Exell ist dies Tor van den Berge, der sich mit 54,04 Punkten an neunter Stelle unter den 25 Bewerbern platzierte. Van den Berge ist von Hause aus Dressurreiter, kam vor einigen Jahren aus Australien zu Boyd Exell in die Niederlande um ihn bei der Dressurausbildung seiner Fahrpferde zu unterstützen, fand dann zum Fahrsport. Heute kann er international überall mithalten. 92,96 stehen für die Australier im Protokoll, das ist nicht sehr weit hinter den Niederländern.
Das deutsche Team muss sich am Samstag im Gelände mächtig ins Zeug legen. Mit 101,02 Punkten ist der Abstand zu den Führenden recht deutlich. Kein Grund jedoch mutlos zu werden, sind doch Brauchle und von Stein außerordentlich starke Geländefahrer und können das Blatt noch wenden. Und Mareike Harm hat sich im Marathon kontinuierlich verbessert, darüber hinaus fährt sie stets sicher ins Ziel. Als abschließende Disziplin steht am Sonntag noch das Kegelfahren auf dem Programm, erst danach steht der Sieger in der Kombinierten Prüfung fest.
Die Dressurergebnisse der Fahrer beim CHIO Aachen 2023 finden sich hier.
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