Damon Hill lebt nicht mehr. Der Donnerhall-Sohn war ein besonderes Pferd, einer der Marke „unsterblich“. Er betrat die große Bühne als der Dressursport sich gerade von Irrwegen verabschiedete. Und er wurde ein ganz Großer. Erinnerungen von St.GEORG Chefredakteur Jan Tönjes
Damon Hill! Wenn man sich an ein Pferd erinnert und es ist ein Hinterbein, das man als erstes vor Augen hat, ist das etwas ganz Besonderes. Im Fall von Damon Hill, von dessen Ableben heute Eurodressage als erstes berichtet hat, ist dies der Fall. Zumindest in meiner Erinnerung. Damon Hill, Dunkelfuchs wie sein Vater Donnerhall, war eine Erscheinung. Und er war der Inbegriff von Dynamik und „spektakulären“ Bewegungen.
„Dami“ – spektakulär im besten Sinn!
Spektakulär nicht in dem Sinne, dass man es mit Argwohn oder gar Abscheu aussprechen muss. Damon Hill, kam, sah und – zumindest sehr häufig – siegte. Und das auf spektakuläre Weise! Spektakulär weil einfach schön! Mit einem kräftigen, dynamischen Hinterbein. Mit Abdruck. Mit Power. Mit jener Forderung, die über allem Dressurreiten stehen sollte: Durchlässigkeit!
So oft gefordert, so selten wirklich erreicht. Bei dem Westfalen konnte man sehen, wie es ist, wenn ein Impuls vom Hinterbein über den schwingenden Rücken vorne landete. Schwingender Rücken – noch so ein (teilweise, je nach Besetzung der Püfung, Alleinstellungs-)Merkmal von Damon Hill.
Damon Hill – der Bilderbuch Donnerhall-Sohn
Es fällt nicht schwer, ins Schwärmen zu geraten, wenn man sich an die Auftritte von Damon Hill und Helen Langehanenberg erinnert. Diese Piaffen! Diese Lastaufnahme! Diese tänzerische Leichtigkeit! Dieses Kraftpaket! Diese Passagen! Diese Eleganz!
Dieses Auge – groß, klug, edel und von innerer Schönheit kündend.
Und dann der Galopp. Jeder Galoppsprung ein Sprung, kein Gehoppel. Das repetierende Hinterbein, das den „ganz großen“ Galopp möglich machte. Das aber auch in der Rückführung schnell und dynamisch in den Pirouetten auf kleinstem Kreisbogen sprang. Ja, sprang, nicht drehte, wie es so oft gerade zu dieser Zeit im Viereck zu sehen war. Auch, weil diese stemmende Bewegung nie ausreichend geahndet wurde, Hauptsache klein und zentriert…
Und dann dieser Schritt. Von wegen, „Grand Prix-Pferde können keinen versammelten Schritt taktrein gehen“. Damon Hill konnte, und wie!
Das richtige Paar zum richtigen Zeitpunkt
Damon Hill war schon früh ein Promi in der deutschen Turnierlandschaft. Spätestens seit dem Bundeschampionat 2004, wo der bei Heinrich Sauer aus der Romanze v. Rubinstein-Parademarsch geborene Donnerhall-Sohn als Vierjähriger unter Ingrid Klimke Bronze gewann. Für viele hatte der Hengst schon damals wie der wahre Champion ausgesehen.
Christian Becks hatte den Donnerhall-Sohn vom Züchter gekauft. Nach zwei Starts unter Susanne de Klein war Damon Hill, „Dami“, in den Beritt von Ingrid Klimke gekommen. Sie bildete ihn aus. Als sie sich 2005 die Schulter gebrochen hatte, erlebte man Klimkes damalige Bereiterin im Sattel des Westfalen: Helen Langehanenberg ritt den Westfalen bei der Weltmeisterschaft der jungen Dressurpferde und gewann den Titel.
Mit Ingrid Klimke in den Grand Prix-Sport
Im kommenden Jahr stellte dann Ingrid Klimke „Dami“ wieder vor. Und auch mit der Reitmeisterin aus Münster im Sattel war dem sechsjährigen Damon Hill der Titel nicht streitig zu machen bei der Weltmeisterschaft. Die vielseitige Ausbildung ging weiter. Das wurde beim nächsten Karrierehöhepunkt der Welt gezeigt: Im Finale des Nürnberger Burg-Pokal 2008 wurde das Paar Zweite. Bei der abendlichen Kür kam ein „lebendiger Oxer“ in die Frankfurter Festhalle, den der weihnachtlich geschmückte Damon Hill überwand bevor er seine Kür ging.
Im kommenden Jahr ging er im Medien Cup, dem Vorläufer des Louisdor Preis und debütierte dann 2010 unter Ingrid Klimke im internationalen Grand Prix-Sport. Nach Unstimmigkeiten mit den Besitzern verließ Damon Hill im ersten Halbjahr 2010 den Stall Klimke. Schon bald stand fest, wer den Donnerhall-Sohn zukünftig reiten würde: Helen Langehanenberg, die sich mittlerweile selbstständig gemacht hatte und zu der Zeit mit Klaus Balkenhol trainierte. „Dami“ und Helen waren das Paar der frühen 2010er-Jahre. Vier Weltcup-Finals – ein siebter Platz beim Debüt, zwei zweite Plätze und der Sieg 2013 stehen für die Kombination verzeichnet.
„Dami“ und Helen im Club der 90er
Zehn Medaillen gewann das Paar auf Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympischen Spielen. In London 2012 waren sie als bestes deutsches Paar Vierte in der Olympia-Kür im London und gewannen Teamsilber.
2013 gab es das spektakuläre EM-Finale, in dem sich die drei Topreiterinnen, Charlotte Dujardin, Adelinde Cornelissen und auch Helen Langehanenberg alle im Grand Prix Special verritten. „Dami“ und Helen gewannen die Silbermedaille hinter Olympiasieger Valegro.
2014 war es bei der WM in Caen Gold mit der deutsche Mannschaft und zweimal Silber in Grand Prix Special und Kür für „Dami“ und Helen. Im Frühjahr dieses Jahres hatten die beiden mit einer atemberaubenden Kür in Neumünster die Schallgrenze von 90 Prozent durchbrochen. Wer dabei war, wird das nie vergessen.
Schon während der Weltmeisterschaften in Caen gab es Gerüchte, wonach die Chemie zwischen den Besitzern, der Familie Beck, und Helen Langehanenberg nicht mehr stimmen würde. Tatsächlich holten diese bald ihren Donnerhall-Sohn ab und Tochter Jill Marielle ritt ihn noch in der U25-Tour. Im April 2015 startete das neue Paar im Prix St. Georges in Hagen und gewann. Es sollte der letzte Sieg und der letzten internationale Start des Westfalen sein.
Auch züchterisch besonders, der Donnerhall-Sohn
Damon Hill kann auf 15 gekörte Söhne verweisen, von denen neun im Hengstbuch I eingetragen sind. Die bekanntesten sind Damon Jerome, Dailey Thompson und Depeche Mode.
In der Turniersaison 2024 waren 53 Nachkommen des Donnerhall-Sohns in Deutschland in Dressuren der Klasse S erfolgreich. Sein bekanntester Sohn war Daily Mirror, den Benjamin Werndl erfolgreich in Weltcup-Prüfungen an den Start brachte. Auch die Geschwister Damon’s Delorange und Damon’s Satelite zählen zu den Aushängeschildern ihres Vaters.
Die letzten Jahre verbrachte Damon Hill bei Familie Becks. Dort ist der Dunkelfuchs am 12.Dezember 2024 verstorben. Das hat Jill-Marielle Becks auf den Sozialen Medien mitgeteilt:
Damon Hill war einfach wundervoll. Ich fand ihn bei etlichen Turnieren besser als Valegro, insbesondere in den Passagen. In Neumünster, bei seinem 90er Ritt, war ich live dabei und ich kann nur zustimmen, das werde ich nie vergessen. Dieses wunderschöne Pferd, diese grandiose Musik und dieses perfekte Zusammenspiel zwischen Pferd und Reiterin waren magisch.
Schade, dass er dann so sang und klanglos von der Bildfläche verschwand. Diesem Pferd hätte auf jeden Fall ein großer Abschied gebührt.
R.I.P. lieber Damon Hill