Pferdesteuer in Bad Sooden-Allendorf kommt

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Rund 2000 Demonstranten hatten sich versammelt auf dem Allendorfer Marktplatz.

(© Julia Rau)

Mit 16 zu 10 Stimmen wurde in Bad Sooden-Allendorf die Satzung zur Erhebung der Pferdesteuer verabschiedet. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) und ihre Mitstreiter im Widerstand gegen die Pferdesteuer werden nicht aufgeben. Dominique Wehrmann war für ST.GEORG online in Bad Sooden-Allendorf vor Ort.

Rund 2000 Pferdefreunde aus dem ganzen Land, von Schleswig-Holstein bis Baden-Württemberg, hatten sich am Freitag, den 14. Dezember, auf dem Marktplatz des hessischen Örtchens Bad Sooden-Allendorf versammelt. Fast jeder hatte ein Plakat dabei mit aufgemalten Pferden, die am Galgen hängen, mit Sprüchen wie Meine Mama will mein Pony verkaufen oder ähnlichem. Aus den Lautsprechern erklang Verdis Gefangenenchor aus Nabucco kein Zufall. Von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung waren Generalsekretär Soenke Lauterbach, Thomas Ungruhe (Leiter der Abteilung Breitensport und Frontmann in Sachen Kampf gegen die Pferdesteuer) sowie Pressesprecherin Susanne Hennig vor Ort. Rückendeckung bekamen sie von Robert Kuypers, dem Vorsitzenden des Hessischen Landesverbandes sowie von Delegierten des Hessischen Bauernverbandes und sogar vom Bund der Steuerzahler. Sie alle hielten flammende Reden vor den Demonstranten, die in strömendem Regen bei Temperaturen so gerade über dem Gefrierpunkt ausharrten und immer wieder begeistert applaudierten. Für ihr außergewöhnliches Engagement wurden auch drei Mitglieder des Facebook-Aktionsbündnisses gegen die Pferdesteuer mit Urkunden von der FN ausgezeichnet, die sie aus der Hand von Soenke Lauterbach entgegennahmen.

Die Argumente, die gegen die Einführung der Pferdesteuer sprechen, sind vielfältig. Die Redner nahmen mehr als eine Stunde Zeit für sich in Anspruch. Es wurde auf die Ungerechtigkeit hingewiesen, dass Pferdehalter neben allen anderen Mehrbelastungen, die durch Erhöhung der Grund- und Hundesteuer sowie durch teurere Kinderbetreuung auf sie zukommen, mit der Pferdesteuer zusätzlich gestraft werden würden. Es wurden die Bedrohungen angesprochen, die die Pferdesteuer für die Existenzen von Pferdehöfen bedeutet eine höchst reale Bedrohung, denn den ersten Pensionsstallbesitzern liegen schon Kündigungen von Einstellern vor. Soenke Lauterbach sprach über die riesengroße Bedeutung, den Pferde bei der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen leisten. Durch die Reiterei würden junge Menschen zu verantwortungsbewussten, aufrechten, ehrlichen Menschen erzogen, die mit beiden Beinen im Leben stehen. Das sei es doch, was eine Gesellschaft sich wünscht. Und last but not least wurde angeführt, dass mit der Pferdesteuer ein Hobby und ein Sport abgabepflichtig gemacht, was es noch nie gegeben hat und was jede Förderung des Sports ad absurdum führt. Viele Argumente, die absolut schlüssig sind, die an der Stadtverordnung, die über die Pferdesteuer abzustimmen hatte, jedoch abprallten.
Im Anschluss an die Demonstration überreichte der FN-Generalsekretär dem Bürgermeister Frank Hix und der Vorsitzenden der Stadtverordnung zwei Aktenordner mit 50.000 Unterschriften gegen die Pferdesteuer. Doch die Meinung von 50.000 Bürgern ließen 16 Mitglieder der Stadtverordnung von Bad Sooden-Allendorf kalt. Der 14. Dezember war der Tag, an dem die Satzung zur Erhebung der Pferdesteuer beschlossen werden sollte. Rund 150 der 2000 Demonstranten hatten sich den Vertretern der FN auf dem Weg in den Sitzungssaal angeschlossen und sorgten für ein volles Haus. Es wären noch mehr gewesen, wären sie nicht von mehreren Polizisten am Betreten des Saales gehindert worden.

Die Pferdesteuer war Punkt 16 auf der Tagesordnung. Nachdem Bürgermeister Frank Hix (CDU) noch einmal betont hat, dass ja nicht nur die Pferdehalter zu Kasse gebeten würden, sondern dass auch die Grundsteuer erhöht werden wird, die Kindertagesstätten teurer werden und die Hundesteuer angehoben wird, dass es so nicht weiter gehen kann, weil die Zinsen für die 80 Millionen Euro (!) Schulden die Stadt auffräßen, und dass man mit der heutigen Abstimmung die Möglichkeit bekäme, im Februar die erste Finanzierung vom Land zu bekommen (im Rahmen des kommunalen Rettungsschirmes), meldete sich Ulrich Heffner von der FDP zu Wort. Er brachte seinen Punkt in Form einer Fabel vor, die darin gipfelte, dass mit der angedachten Politik, die die Bürger zur Kasse bittet, um die Haushaltskasse der Stadt zu sanieren, Bad Sooden-Allendorf schließlich nur noch im Rathaus voll besetzt sein würde und man dort leere Gebäude verwalten könnte, weil in der Stadt keine Bürger und keine Tiere mehr wohnen. Der Bürgermeister hatte zuvor noch zu bedenken gegeben, dass alle geschaut haben, wo sie reduzieren können. So würde die Stadt nun rund eine Million Euro einsparen, weil sie jede vierte Stelle streicht. Ehe dann letztendlich über den Punkt Pferdesteuer abgestimmt wurde, ergriff Ulrich Heffner noch einmal das Wort. Tenor seiner Rede war, dass man doch sehen könnte, welche traurige mediale Aufmerksamkeit in Form von Negativschlagzeilen Bad Sooden-Allendorf in den vergangenen Wochen erlangt habe. Dass dies der publizistische Super-GAU für Bad Sooden-Allendorf sei. Ganz zu schweigen von der Klagewelle, die auf die Stadt zurollen wird mit der Einführung der Pferdesteuer. Das ist ein Eigentor. Ich bitte die Stadtverordneten, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken! Großer Applaus von Seiten der Pferdefreunde auf den Besucherbänken war die Antwort.

Doch es half nichts. Die Mehrheit von 16 Stadtverordneten stimmte für die Pferdesteuer, zehn waren dagegen und fünf haben sich enthalten. Später, im ST.GEORG-Interview, machte dann Uli Heffner von der FDP seinen Aspekt mit dem voll besetzten Rathaus und der Bürger-leeren Stadt noch einmal deutlich: Wir haben 8.000 Einwohner und 90 Stellen im öffentlichen Dienst. Das ist der Punkt, an dem gespart werden muss. Wir können die Bürger nicht so lange ausnehmen, bis keiner mehr da ist. Die defizitären Strukturen müssen geändert werden, statt eine Pferdesteuer einzuführen, die für Hunde zu erhöhen oder die KITAs teurer zu machen!

Wir fahren hier geschockt und bestürzt wieder weg, erklärte der FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach. Das Abstimmungsergebnis zeigt die Zerrissenheit, die hier herrscht. Es war ja schon bemerkenswert, welche Unruhe unter den Stadtverordneten aufkam, als die Entscheidung gefallen war. Da mussten nämlich erst mal fünf Minuten Pause gemacht werden, weil sich der Tumult im Saal nicht legen wollte. Die FN ist weit entfernt davon, nun kleinbeizugeben. Thomas Ungruhe und seine Mitstreiter im Kampf gegen die Pferdesteuer gaben sich im Anschluss an die Sitzung kämpferisch. Denn während dieser und auch schon einer vorangegangenen Sitzung, an der er in Sachen Pferdesteuer teilgenommen hatte, war nicht alles korrekt abgewickelt worden. So hatte z. B. Ulrich Heffner eine namentliche Abstimmung über die Erhebung der Pferdesteuer verlangt, bei der jeder der Stadtverordneten sich mit Namen vorstellen und bekannt geben soll, wofür er stimmt. Der FDP-Angehörige war sich jedoch selbst nicht sicher, ob ein solches Verfahren vorgesehen ist und fragte sicherheitshalber nach. Woraufhin die Stadtverordnetenvorsitzende diesen Punkt abwies. Ein Punkt, den die FN kritisiert. Eine solche namentliche Abstimmung ist sehr wohl vorgesehen. Wenn Herr Heffner einen Antrag gestellt hätte, wäre ein solches Verfahren möglich gewesen. Darauf hätte sie ihn aufmerksam machen müssen. Und noch etwas ging da nicht mit rechten Dingen zu: Wir haben heute erlebt, dass sich die Stadtverordnetenvorsitzende bei den Auszählungen der Stimmen per Handzeichen mehrmals verzählt hat. Und als es vor einigen Wochen um die Abstimmung für die Aufnahme der Pferdesteuer in den Antrag auf Beihilfe durch das Land ging, war dies genauso der Fall. Die Konsequenz aus der ganzen Angelegenheit: Man will nun eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen.

Nicht aufgeben lautet die Devise, nicht nur bei der FN. Auch die Bad Soodener Pferdefreunde in den Reitvereinen der Umgebung denken so. Die juristischen Messer sind bereits gewetzt. Mehr dazu in ST.GEORG 2/2012!

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