Irland, die Dublin Horse Show, der FEI-Nationenpreis, Horseware und noch einiges anderes typisch Irisches, das ST.GEORG-Redakteurin Dominique Wehrmann in den kommenden Tagen gemeinsam mit weiteren Kollegen entdecken darf. Hier ein kurzes Fazit des ersten Tages.
Unser Tag begann wenig vielversprechend. Wir stiegen in einen Kleinbus, der uns aus Dublin heraus in das Örtchen Dundalk bringen sollte. Man wollte uns zeigen, wo Irlands wahrscheinlich bekanntester pferdiger Exportschlager hergestellt wird, die Rambo-Decken von Horseware. Wir nahmen also Platz im Bus. Der Motor startete, und dann ertönte das Radio: Spiel mir das Lied vom Tod!
Wieso das? Das war es eigentlich nicht, was wir uns von unserem Trip erhofft hatten. Offenbar trachten die Iren danach, ihre Gäste zu verwirren. Denn nach der nächsten Mautstation, die unsere Fahrt gebremst hatte, stand auf diesen elektronischen Anzeigetafeln, auf denen in Deutschland Gute Fahrt! aufleuchtet: Arrive alive! Ja, was denn nun?
Naja, wir sind angekommen. Lebend, klar. Da waren wir also in der Heimat der Rambo-Turn Outs, der unverwüstlichen tragbaren Weidehütten. Nur so viel sei gesagt: Bis es soweit war, dass diese Decken so sitzen, wie sie sitzen, hatte Erfinder Tom MacGuiness (hat nichts mit dem Bier zu tun) so manche Stunde vor der Box seines Pferdes verbracht und zugeschaut, wie es herumstand, gefressen hat, geäppelt hat und sich dann vielleicht mal hingelegt oder gewälzt hat. Dann kam nämlich der große Moment des Aufstehens. Ist die Decke verrutscht? Wenn ja, wo? Dann wurde dort herumgeschnippelt, genäht und neu angepasst. Immer wieder, wochenlang. Bis kein Fältchen die Bewegungsfreiheit des Pferdes mehr einschränkte, nichts mehr scheuerte, klemmte oder sonstwie störte. Danke, Tom! So manches Pferd in Deutschland (meines auch) weiß Deine Geduld zu schätzen.
Dass irgendwie alle Iren pferdeverrückt sind, haben wir bereits gestern Abend feststellen können. Wo in deutschen Kneipen die Bundesliga auf der Mattscheibe flackert, laufen in irischen Pubs Pferderennen auf dem Flachbildschirm. Und darunter sitzen Studenten? Aussteiger? Backpacker? Egal, auf jeden Fall eine Gruppe talentierter Musiker, die mit Flöte und Geige irische Volkssongs singen und gemeinsam mit Pitchern voll Guinness-Bier für Stimmung sorgen wunderbar!
Menschen wie diese, die da zusammensitzen, haben wir heute wiedergetroffen. Auf der Dublin Horse Show. In diesen drei Wörtern steckt mehr drin als man denken sollte. Dublin klar, das Gelände ist mitten in Irlands Metropole. Horse ja, irgendwie steht das Pferd im Mittelpunkt. Aber nicht nur. Denn da ist ja auch noch das Wörtchen Show. Und eine Show ist das Spektakel wirklich. Nicht nur wegen seiner Größe (Neben dem Hauptstadion gibt es vier (oder sogar fünf?) weitere Ringe).
Da laufen Menschen herum vom Herrenreiter in Tweed mit Kravatte und Bowler über Teenie-Mädels mit zu kurzen Röcken und zu langen Absätzen bis hin zu hoch eleganten Damen, die sich heute in ihre Cocktail-Kleider geworfen und Hüte auf den Kopf gesetzt haben. Manche sehr gelungen mit filigranem Federschmuck. Andere ambitioniert mit einem steigenden Pferd aus Alufolie. Und andere, die etwas seltsam anmuten, mit einer Art Kegel, auf dem Süßigkeiten klebten (oder ähnliches, das war nicht so genau zu definieren). Ascot? Nein, der Blossom Hill Ladies Day. Und für die Ladies hat es sich gelohnt, dass sie mit ihren 12-Zentimeter-Absätzen um die Pferdeäpfel herum über den Turnierplatz zum Podest staksen mussten. Diejenige mit dem besten Outfit (gewählt wurde durch eine Jury, deren Qualifikation mir niemand erklären konnte), gewinnt eine Reise im Wert von 10.000 Euro nach Kalifornien, ins Napa Valley, dem Herzen des edlen kalifornischen Rebensafts. Toll!
Toll ist auch die Pferde-Vielfalt, die man hier sieht Welsh-Ponys aller Sektionen, Connemaras, Irish Draught Horses mit Ramsnasen und dicken, geteilten Kruppen und zwischendrin: die internationalen Springpferde.
Lustig waren die Connemaras. Die sind sehr hübsch, meistens Schimmel und mit deutlich arabischer Prägung. Ein paar sind auch dabei, die kaum von ihren Kollegen im Irish Draught-Ring zu unterscheiden sind. And now, one Galopp each! tönt es von der Jury. Ich wundere mich. Die galoppieren doch alle schon.
Und die Dame im obligatorischen grünkarierten Tweed mit maisfarbener Reithose und braunen Stiefeln (Standardoutfit), die jetzt die lange Seite im Schweinsgalopp herunter geschossen kommt, sieht so aus, als würde sie auch gar nicht mehr anhalten können. Nanu, der nächsten geht es genauso. Mir dämmerts. Bei uns hätte das geheißen: An der nächsten langen Seite die Sprünge verlängern! Hier wird nichts verlängert, hier werden die Sprünge schief, kurz und schnell. Manche aber auch nur hoch. Sehr hoch. So hoch, dass die Reiterin große Mühe hat, im Sattel zu bleiben. Das ist lustig, Chaos wie in der Jugendreiterprüfung. Mir erschließt sich nicht so ganz, was die Richter da beurteilen. Aber es hat großen Unterhaltungswert.
Wie überhaupt die ganze Veranstaltung. Um die gefühlten 20 Ringe herum haben sich Stände drapiert, an denen man so ziemlich alles kaufen kann, was das Herz des Reiters, des Landedelmannes/der Landedelfrau, des Teenagers, des Möbellosen, der Schmuck- und Schminksüchtigen begehrt. Man kann hier nämlich z.B. ein neues Bett erwerben. Oder Gemälde, oder Sitzgruppen oder Heizdecken. Einfach alles.
Am Abreiteplatz treffen wir den Bundestrainer Otto Becker. Der ist schon aufgeregt, denn morgen steht für Deutschland ein weiterer FEI-Nationenpreis auf dem Programm. Und ich darf live in Dublin dabei sein. Klasse. Ich werde berichten!
Studierte Politologin, seit 2006 bei St.GEORG. Als Jugendliche Dressurtraining bei Hans-Georg Gerlach, Michael Settertobulte und Reitmeister Hubertus Schmidt und das auf einem selbstgezüchteten Pferd. Verantwortet die Bereiche Spitzensport und Pferdezucht. Im Presseteam des CHIO Aachen und der Pferdemesse Equitana, hat für den NDR im Fernsehen kommentiert.
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