Aachen mal aus einer anderen Perspektive. Jan Tönjes durfte Kutschefahren in der Soers und die vermeintlich Schönen und Wichtigen beobachten.
Das Wichtigste zuerst. Ich habe einen Fan! So einen richtigen. Viktoria (mit c oder k habe ich vergessen zu fragen). Sie ist 16 Jahre alt, reitet M-Springen und war bei der Media Night, dem gesellschaftlichen Höhepunkt nach der Eröffnungsfeier des CHIO Aachen, mit ihrer Mutter da. Die heißt vorne Ursula und hinten von der Leyen. Die Arbeitsministerin hat ein Silbernes Pferd bekommen, weil sie als Reiterin in der Öffentlichkeit so gut rüberkommt. Hinrich Romeike durfte ihr den Ehrenpreis in der Soers übergeben. Da waren wir auch schon drin, bzw. drauf auf dem heiligen Rasen in Aachen. Wir, das sind die neun Journalisten, die sich Hoffnung machten in den Kategorien Rundfunk, TV oder Print den sensationellsten, besten und tollsten Beitrag über Pferde im letzten Jahr abgesondert zu haben. Jeweils drei Nominierte werden in der Kutsche reingefahren, der Sieger wird dann theatralisch aus einem Umschlag gezogen. Ein bisschen wie Oscar, nur dass es nach Pferdeschweiß riecht. In diesem Jahr besonders. Wir Print-Journalisten hatten ein Schimmelgespann. Das rechte Pferd schubberte sich während der Preisverleihung recht ungeniert an seinem Nachbarn. Glücklicherweise hatte ich schon vorher geübt freundlich grinsend zu klatschen, wenn jemand anderes gewinnt. Das Üben hat sich gelohnt. Eine Kollegin von der FAZ, eine studierte Tierärztin, die über Pferdepfleger geschrieben hat, hat gewonnen. Aber für Victoria/Viktoria ist das egal. Ihre Augen leuchteten als ihre Mutter mich ihr vorstellte. Sie sagt, sie liest alles von mir. Sie reitet Springen, ihre Zwillingsschwester Dressur. Ursula von der Leyen hat übrigens einen Bodyguard, der fast doppelt so groß ist, wie das Objekt, dem sein Personenschutz gilt. Mit der Ministerin schwelgte ich noch kurz in Erinnerungen an unsere gemeinsame Reportage vor vier Jahren, als sie das erste Mal wieder in den Sattel gestiegen war. Sie verabschiedete mich mit einem Schreiben sie weiter so. Ich von meiner Seite wünschte ihr ein regieren sie weiter so.
Das hätte ich Frau Merkel nicht sagen wollen, aber die war auch nur zur Eröffnung des CHIO da. Die Frau läuft übrigens live genauso wie im Fernsehen. Von Heidi Klum bekäme sie für den Livewalk kein Foto. Das mag aber auch an den Absätzen liegen, sagte mir eine Kollegin auf der Kutsche. So mit Pfennigabsätzen in dem Boden, das ist nicht einfach. Worauf wir uns die Frage stellten, ob Frau Merkel wirklich Pfennigabsätze trägt. Wenn, dann ja wohl eher Euro-Absätze meinte einer. Auch ne These.
Hohe Absätze trugen zumindest einige Damen, oder sagen wir lieber Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts, an diesem Abend. Beispielswiese die aktuellen Gewinnerinnen von Germanys next Topmodel, die an einem Tisch auf der Terrasse saßen und sich wechselseitig selbst fotografierten, weil sonst kaum jemand von ihnen Notiz nahm. Aber so haben sie jedenfalls gegenseitig ein Bild für einander.
Fotografiert wurde eigentlich an dem Abend nur einer, Thomas Müller. Jawoll DER Thomas Müller, der mit dem goldenen Schuh, der ich-muss-mal-wieder-Oma-und-Opa-aus-Südafrika-grüßen-Müller. Seine Frau Lisa hat Pferdewirtin gelernt, er selbst darf als Fußballprofi aus Versicherungsgründen nicht reiten, hat sich aber eine Zuchtstute gekauft. Es heißt, eine westfälische. Das fand Hinni Romeike ja gar nicht O.K. Er saß zusammen mit Schalke 04-Trainer Felix Magath, der als Laudator für die Silbernen Pferde das erste Mal in die Soers gekommen war, und Ehepaar Müller am Tisch. Aber Hinnis Vorsatz, Frau Müller mal was vom (Holsteiner) Pferd zu erzählen, fruchtete wohl nicht so recht. Paul (Schockemöhle, der neben Hinni auch mit am Tisch saß) hat schon die Handynummer von Frau Müller.
Die Outfits der Reiterinnen waren wenig spektakulär an diesem Abend. Meredith Michaels-Beerbaum erinnerte ein ganz klein wenig in ihrem weißen Kleid an Marilyn Monroes berühmtes Outfit über dem U-Bahnschacht. Tochter Brianne trug floreale Elemente. Mut zur Farbe bewies Anabel Balkenhol mit einem figurbetonten, breitgestreiften Kleid. Sie kann also auch Glamour. Und Ann-Kathrin Linsenhoff hatte eine rote Netzstrumpfhose gewählt. Mit 49 darf man das noch, in zwei Wochen wird die Sterntaler-Besitzerin 50
Da Köln nicht so weit weg ist, hatten wohl WDR und RTL in den Kantinen einen Aushang gemacht. So gab es Lindenstraße und Explosiv-Stars. Birgit Schrowange, die riesengroß und ausgesprochen faltenfrei von dem Adler-Bekleidungsgroßmarkt vis a vis des Eingangs zum CHIO lächelte, sah live doch irgendwie anders aus. Wahrscheinlich ist das Adler-Foto älteren Datums.
Das härteste Kleid trug ZDF-Lottofee (oder muss man in dem Fall Kräuterhexe sagen?) Heike Maurer. Zur charakteristisch unbeweglichen blonden Betonfrisur hatte sie sich für einen große Efeublätter-Print entschieden.
Gegessen wurde gut. Dass mein Lamm ca. 5 Minuten bevor es den Zustand englisch erreicht hätte, bereits wieder aus der Pfanne gesprungen war (man könnte auch sagen, immerhin war das Fell ab), war mein persönliches Pech. Aber ich konnte mich mit Aachener Printenmousse (Prima Recycling Tipp falls man noch ne Packung von Weihnachten zuhause findet), Erdbeeren, Kaiserschmarrn und Zwetschgenkompott trösten.
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