Eine legendäre Liebe macht sich Luft im Stadion; ein Heer von Freiwilligen im Che Guevara-Look und wie die deutschen Springreiter sich vorbereitet haben auf die Europameisterschaft in Göteborg.
Allmählich füllt sich das Pressezentrum, die Tribünen sind noch leer bei der Europameisterschaft im schwedischen Göteborg. Gestern Abend war das anders, da wurden die typischen Schwedenhappen gereicht bei der Eröffnungsfeier: Pippi Langstrumpf, Abba und Midsommernachts-Musik, Blaskapellen, Trachten sowie Prinzessin Madeleine, die ja selbst im Sattel aktiv war. Das Ullevi-Stadion ist ein Fußballstadion, dessen geschwungene Architektur im hell erleuchteten Nachthimmel nicht zu verfehlen ist. Geritten wurde gestern nach der Eröffnung. Die Springreiter durften den Pferden das Stadion zeigen. Es ging schon gen Mitternacht, als immer noch neue Mannschaften in die Bahn gebeten wurden. Im zweiten Stadion, auf dem Heden Platz, sind die Paras schon im Einsatz. Sie haben schon gestern für die ersten Medaillen der deutschen Abordnung gesorgt.
Lauter Bäume
Hinter den Kulissen, bzw. den zusätzlichen Tribünen, die für die Reichen und Schönen auf das Fußballfeld gebaut worden sind, warten Stangen und jede Menge Blumen auf ihren Einsatz. Beim morgendlichen Warm Up-Springen stand sogar ein kleines Birkenwäldchen auf dem Platz, vermutlich mobil, denn die Dressurreiter haben es ja nicht so mit Bäumen im Viereck. So dachte ich, aber die Fotografen wissen anderes zu berichten. Es soll wohl halb Lönnberga rund um das Viereck aufgebaut sein. Mal sehen, ob wir was sehen, von dem Geschehen. Ansonsten gibt es ja Clipmyhorse …
Olivier Philippaerts mit ausgekugelter Schulter
Für etwas Aufregung hat der Belgier Olivier Philippaerts beim Trainingsspringen gesorgt. Sein Schimmel Legend of Love zeigte sein enormes Galoppiervermögen. Und seine große Unlust, sich dem Wassergraben mit besagtem Birkenwäldchen zu nähern. Legend of Love v. Landzauber zeigte sich gar nicht zauberhaft und bremste ordinär. Olivier flog über den Hals, landete auf den Füßen und hielt den Schimmel fest. Das hätte er nicht tun sollen. Das Pferd sprang zurück und es gab einen Ruck – die Schulter. Olivier sackte in sich zusammen, hielt sich die Schulter (nur ausgekugelt, soll nicht so schlimm sein) und der Schimmel rannte mit Vollgas um die Bahn. Trense, Martingal und anderes Lederzeug wurde dabei atomisiert. Aber dem Pferd ist nichts passiert. Das ist das wichtigste. Legend of Love hat übrigens noch den Vornamen H&M – einer der EM-Sponsoren.
Che Guevara by H&M
H&M ist, was wenig verwundert, für die Einkleidung der Freiwilligen zuständig. Die Truppe – selten war der Name so passend – sieht aus wie „Che Guevaras Töchter“ oder auch „the Fidel Castro Girls“: Grüne oder schwarze Hosen, oben rum ein Camouflage-Print, der sich bei näherer Betrachtung als eine Herde wilder Pferde herausstellt. Einige haben auch eine soldatengrüne Jacke mit goldenen Lettern, die auf die Veranstaltung hinweisen, bekommen.
Deutsche Spring-Equipe bei der Europameisterschaft
Das Warm Up der Deutschen verlief unspektakulär: Marcus Ehning, der jetzt ja die Rolle des Leitwolfs in der verjüngten Mannschaft übernommen hat, canterte mit Pret a tout im Stadionrund und sprang wenig. Das Paar schien relaxed und gut vorbereitet. Simone Blums Alice sprang gut und schien wenig beeindruckt von der Kulisse. Auch Maurice Tebbel beschränkte sich mit Chacco’s Son auf wenige Hüpferchen, galoppierte sonst unter den Augen seines Vaters René, der hier für die Ukraine am Start ist, auf großen gebogenen Linien. Die neunjährige Catch me if you can von Laura Klaphake schaute sich einmal die zweifache Kombination etwas zu intensiv an, sprang danach aber mehrfach fehlerfrei und voller Ehrgeiz. Philipp Weishaupt schließlich machte nicht durch spektakuläre Sätze seines Convalls, sondern seine neue Gesichtsfrisur auf sich aufmerksam. Der Aachen-Sieger von 2016 trägt jetzt Bart, ein Hipster im Springsattel, fehlen nur noch Undercut und Nerd-Brille.
Gleich will die Springequipe den Stand der Dinge verkünden. Ab 15 Uhr sind dann die Dressurreiter dran, heute Helen Langehanenberg mit Damsey und 17.03 Uhr und Dorothee Schneider um 21.03 Uhr, morgen dann Sönke Rothenberger und Cosmo und 17.39 Uhr und Isabell Werth und Weihegold zum Abschluss der 66 Pferde um 21.30 Uhr. Es werden kurze Nächte in Schwedens Norden …
0 Kommentare
Schreibe einen Kommentar