Keine Tauschpferde, sondern die drei „Originalpferde“ gehen am Sonntag im Finale des Dressurderbys an den Start. Jan Tönjes findet das eine richtig gute Sache!
Hinter den Kulissen gab es viel Aufregung – viele Reiter, die für die Traditionsprüfung genannt hatten, gingen davon aus, dass sie im Falle einer Finalqualifikation auf ein Pferd aus dem Stall Kasselmann würden zurückgreifen können. In den vergangenen Jahr hatte der Großhändler aus dem Teutoburger Wald stets mehrere Eisen im Feuer, so dass die Spitzenreiter nicht ihre Toppferde satteln mussten. Heike Kemmer und Isabell Werth zählten zu den Nutznießern.
In diesem Jahr waren aber kurzfristig zwei Kasselmann-Pferde ausgefallen und die Gesichter der Reiter wurden nach der Freude über Sieg und Platzierung im Grand Prix lang und länger. Und auch Derbychef Volker Wulff guckte – professionelles GUte-Laune-Gesicht hin oder her – bang und bänger. Einfach Ersatzpferde heranzukarren reicht nämlich nicht. Das Reglement sieht vor, dass die „Tauschpferde“ im Derby-Qualifikations-Grand Prix gegangen sein müssen und dass sie mit mindestens 62 Prozent dort bewertet worden sein müssen.
Nach dem gesundheitsbedingten Ausfall der Stute Daianira van de Helle der Belgierin Vicky Smits van der Hasselt, standen die Finalisten fest. Carola Koppelmann, Oliver Luze und als Nachrücker Falk Rosenbauer. Alle standen dem Finale zunächst mit gemischten Gefühlen gegenüber: „Mein Pferd ist zu alt für drei Grand Prixs an einem Tag“ (Carola Koppelmann), „Ich bin ja froh, dass er allmählich im Prüfungsviereck wieder losgelassener wird, ich glaube nicht, dass drei verschiedene Reiter da gerade hilfreich für den weiteren Fortschritt sind“ (Oliver Luze) und „mein Pferd ist noch recht jung, geht erst die erste Grand Prix Saison“ (Falk Rosenbauer). Jedes Argument ist stichhaltig: Carola Koppelmanns Le Bo ist zwar 17 Jahre alt, allerdings kerniger denn je. Oliver Luze hat Carabas erst seit Februar wieder im Stall stehen. Die Zeit unter dem mehr als nur ehrgeizig zur Sache gehenden Dänen Andreas Helgstrand hat den Holsteiner Hengst gezeichnet. Drei Reiter in drei Prüfungen innerhalb einer Stunde sind da eine harte Nuss, Luzes Bedenken sind nachvollziehbar. Und auch Falk Rosenbauer ist lange genug im Geschäft, um zu wissen, was für einen Rohdiamanten er mit dem viel frequentierten Dekchengst Desperados unter dem Sattel hat. Der Rappe, der mit über 75 Prozent die MedienCup-Prüfung in Hagen gewonnen hat, soll schon insgeheim als potenzielles Mannschaftspferd gehandelt werden. Er ist jung, sein Talent blitzt in den Prüfungen auf, aber natürlich sitzen noch längst nicht alle Lektionen – die Zweierwechsel und die Pirouetten in der Kür zeigten das. Ein Supertalent durcheinander zu bringen, das will niemand.
Es gibt Stimmen, die sich lauthals wundern, über die Diskussionen hinter den Kulissen. Deren Argument ist schwer zu widerlegen: Es gibt eine Ausschreibung, das steht alles drin. Wer A sagt und Grand Prix reitet, der muss auch B sagen, und die Konkurrenz in den Sattel lassen. Aber natürlich gibt es ein aber – durch das Engagement von Ulrich Kasselmann hat eine besondere Prüfung im Einerlei der allwöchentlichen überlebt, die schon totgesagt war. Natürlich war das Prinzip „Pferdetausch mit Tauschpferden“ ein Kompromiss. Aber so konnte das Dressurderby überleben und sorgte immer wieder für interessante Ritte. Unvergessen, wie Isabell Werth Heike Kemmers Royal Rubin mit Höchstnoten durch die Prüfung und zum Sieg im Derby steuerte.
Dass sich die Reiter 2010 trotz der verständlichen Bedenken enschieden haben, doch mit ihren Pferden an den Start zu gehen, ist ein kleines Geburtstagsgeschenk an das Publikum. Denn das Dressurderby ist zu seinem 50. Jubiläum endlich wieder die Prüfung, die sie eigentlich sein soll. Der Reiterwechsel als etwas ganz Besonderes, etwas, dass es so (abgesehen vom Finale des Berufsreiterchampionats und einer Prüfung auf Niveau des Prix St. Georges in München) sonst nirgendwo gibt. Und die exzellenten Reiter mit diesen drei Ausnahmepferden lassen die Vorfreude noch größer werden!
Jan Tönjes
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