Tweedjacken, Gummistiefel und Regenhüte, das war der Dresscode zum verregneten Auftakt zur berühmtesten Vielseitigkeit der Welt, Badminton. Für Sonnabend werden 100.000 Menschen erwartet, eine Großstadt macht sich auf die Socken.
Badminton Horse Trials das ist noch immer da, wo good old England lebendig ist. Wo derselbe Dresscode gilt wie seit Queen Victoria: in diesem Jahr wetterbedingt mehr oder weniger kleidsame Regenhüte mit breiter Krempe, Gummistiefel und voluminöse Tweedjacken mit vielen aufgesetzten Taschen oder die wetterfesten Wachsjacken, die auch auf dem Hamburger Isemarkt gerne getragen werden. Dort sollen sie den Träger aussehen lassen wie gehobene Landjugend, auch wenn in der Regel Investmentbanker drinstecken, hier sind sie ein Bollwerk gegen den britischen Dauerregen, der den ersten Dressurtag des CCI**** Badminton wässerte.
Das stattliche Gemäuer, das in Deutschland jeder Schloss nennen würde, trägt den schlichten Namen Badminton House und ist seit Jahrhunderten im Besitz der Herzöge von Beaufort, legendäre Jagdreiter und Gastgeber der immer noch renommiertesten Vielseitigkeitsprüfung der Welt. Man muss diesen Sport schon sehr lieben, um zuzulassen, dass über den weitläufigen manikürten Rasen jedes Jahr mehr als 100.000 Menschen, also eine ganze Großstadt, trampeln, um die einzigartige Kombination aus Jahrmarkt mit Riesenrad, Outdoor-Messe und Vielseitigkeitssport zu erleben.
Erst wer Badminton gewonnen hat, ist ganz oben angekommen in der Ruhmeshalle der Buschhelden. Der heutige Duke, 86 Jahre alt, sitzt bei die ersten Verfassungsprüfung etwas zusammengesunken vor seiner Haustür in einem elektrischen Rollstuhl am Rande der Vorführbahn. Er wirkt ein bisschen alleine. In jüngeren Jahren, als er noch ganz bürgerlich David Sommerset hieß, bevor er Titel und Besitz von seinem Onkel erbte, ritt er selbst über die dicken Klamotten im Park rund um Badminton House. Jedes der Hindernisse, die im Park vor dem Haus zwischen den uralten Bäumen aufgebaut sind, trägt einen Namen und hat Geschichten geschrieben. Geschichten von Stürzen, die glimpflich ausgegangen sind oder auch nicht, Geschichten von heldenhaft gemeisterten Gefahren und riesigen Sätzen, von denen die Reiter noch ihren Enkeln erzählen.
Schon am ersten Dressurtag strömen die Menschenmassen in den Park, die Zufahrten zu den Parkplätzen sind bereits jetzt gefährlich glitschig, kann ja heiter werden am Sonnabend, wenn die 85 Reiter auf die Cross Country-Strecke gehen.
Nicht nur ihretwegen pilgern die Menschen in den Park. Auch oder vor allen um zu shoppen. Es gibt in den Zeltgassen alles, von dem man sich vorstellt, dass es das nur in England gibt. Also oben erwähnte Country-Uniform, aber auch Tweedkostüme und Jacken der schickeren Sorte für die Lady von 20 bis 100, daneben aber auch der übliche pinke Girlie-Kram mit viel Glitzer, den man inzwischen auf jedem Turnier sieht. Wer will, kann sich schon jetzt mit Weihnachtskarten eindecken, ein teures Gemälde erstehen oder zwei Steigbügel als Ohrringe. Celebration Baskets, für Anlässe, bei denen es was zu feiern gibt, bieten Platz für zwei Flaschen Champagner und sechs Gläser. Wem der eisige Winde zu viel wird, kann vor Ort einen Nerzmantel erstehen und natürlich alles, was das brandneue Lifestyle Magazin Town und Country als Outfit empfiehlt, wenn man die Queen trifft. Das sind die Events, zu denen auch Kate Moss kniebedeckt daherkommt.
Pferde sind in der britischen High Society zuhause wie in ihrem eigenen Stall. Auf dem Titelbild der Town and Country-Startausgabe hält die Schauspielerin Lily James, die als Lady Rose in der Serie Downton Abbey nichts als Unsinn anstellt, ein Pferd an der Hand, sie selbst trägt ein ärmelloses weißes Etwas, wie praktisch. Ein paar Seiten später legt Kate Winslet dekorativ eine Hand um einen Pferdekopf, und setzt ganz nebenbei ihre Edeluhr in Szene, es folgen Berichte der Prinzen Harry und William beim Polospiel. In der Konkurrenzzeitschrift Tatler werden die 40 wichtigsten Leute des britischen Rennsports vorgestellt, Nummer eins ist Dubai-Herrscher Scheich Mohammed bin Rashid als Maktoum mit mehr als 20 Millionen Pfunde Gewinngeld also nicht nur im Doping ein As und 1000 Pferden, die allein in England trainiert werden. Erst auf Platz zwei folgt die Queen. Der einzige Deutsche Andreas Jacobs bringt es auf Platz 20 der Global Player im Vollblutsport. Immerhin.
Die Royals, die früher schon mal die Preise am Sonntag überreichten, machen sich in diesem Jahr rar. Erwartet wird Neu-Mama Zara Phillips, die den Kurs inspizieren wird. Den ersten Auftritt nach der Babypause in einer Eintages-Prüfung mit ihrem Olympiapferd High Kingdom hat sie schon hinter sich, jetzt visiert sie Luhmühlen an, um sich für die WM in der Normandie zu empfehlen. Ob ihr feierfreudiger Vetter, Prinz Harry, in Badminton aufschlagen wird, ist nicht ausgeschossen. Er versetzte Englands weibliche Teenager in der vergangenen Woche mit der Nachricht seiner Trennung von Freundin Cresssida Bonas in Ekstase. Und am Sonntag abend steigt im Zelt am Teich die wildeste Party des Jahres, heißt es…..
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