Alles noch entspannt nach dem ersten Dressurtag. Warum man das britische Team schon von weitem erkennt, wie ein Luftwaffengefreiter mit rasender Geschwindigkeit zum General aufstieg und wie man mit drei Kutschen einen langen Korso simuliert ….
Gut gemacht, Herr General rief Hans Melzer dem Jüngsten des deutschen Teams nach seinem Dressurritt zu, dem Luftwaffengefreiten Benjamin Winter. Die Anweisung vorher war auch klar: Spiel den General! Ein paar Sterne fehlen dem 24-jährigen Bundeswehrsportschüler zwar noch auf den Schulterstücken, aber derart aufgemuntert, ritt er mit einem breiten Grinsen ins Viereck. Das gibt ja auch schon mal Punkte. Die Uniform passte perfekt, da konnte ja auch nicht schaden, im Gegenteil. Die ist nicht aus der Bundeswehrkleiderkammer, erkannte die sachkundige Kollegin Petra Schlemm auf einen Blick. Als Offiziersgattin kennt sie sich nämlich aus. Tatsächlich hat sich Winter den Rock, hinten schick weiß abgefüttert, auf den schlanken Leib schneidern lassen. Die Klamotten von der Bundeswehr schlotterten mir um den Körper und ein Richter hat mir schließlich gesagt, kannste nicht mal nen anderen Rock anziehen… Platz elf nach dem ersten Tag fand er jedenfalls ganz ok.
Ansonsten ist Benjamin Winter froh, dass die Dressur vorbei ist. Ich bin ja mehr fürs Gelände und Springen. Am liebsten hätte er einen Startplatz gleich am Anfang gehabt. Dann kann ich mein Ding durchziehen und werde nicht durch die anderen beeinflusst. Zusammen mit Bundestrainer Hans Melzer hat er schon ausgerechnet, dass einige Chickenways nicht viel länger sind als der kurze riskantere Weg und die Zeit auf den Galoppstrecken gut wieder aufgeholt werden können. Aber: Wir sind nicht hergekommen, um Alternativen zu reiten. Klare Ansage.
Wir waren heute ganz tapfer. Kollegin Donata, Fotografin Pauline und ich sind den kompletten Kurs abmarschiert, (fast) ohne abzukürzen, sechs Kilometer lang. Dabei haben wir die englischen Reiter überholt, die sich etwas länger an den Sprüngen aufhielten, vor allem ewig in den Wasserstellen herumplanschten. Sie sind schon von weitem zu erkennen: Eine Gruppe normalwüchsiger Menschen in dunkelblauen Poloshirts, in deren Mitte William Fox-Pitt wie ein Leuchtturm herausragt.
Gestern abend Empfang im Rathaus durch den Bürgermeister. Bärtige ältere Herren in mittelalterlichen Uniformen standen am roten Teppich Spalier, die Mannschaften wurden einzeln in Kutschen vorgefahren. Bei den rund 100 Zuschauern handelte es sich um die üblichen Verdächtigen (Presse, FEI-Leute) und zufällig des Weges gekommenen Malmöern (oder muss es heißen Malmöranern?) Dachte man auf den ersten Blick, dass die Reiter bestimmt schon eine Triumphfahrt durch die Stadt hinter sich hatten, so kam einem spätestens irgendwas komisch vor, als das vierte Gespann um die Ecke bog. Es war nämlich identisch mit dem ersten, zwei Braune, von denen einer immer den Takt verlor (oder tuckte). Erklärung der leicht genervten Reiter später: Sie mussten im Untergeschoss bei Äpfeln und Wasser warten (eine Stunde), wurden mannschaftsweise durch einen Nebenausgang in die Kutschen bugsiert und einmal ums Rathaus gefahren. Bevor sie über den roten Teppich Richtung Bürgermeister defilieren durften, erst Aufstellung vor der Sponsorenwand für die Kameras. Am Schluss gabs dann doch noch ein Glas Schampus und Häppchen. Es fehlten übrigens Dirk Schrade und Chris Bartle. Die trainieren, sagte Hans Melzer, Dirk ist morgen als erster dran und der Sport ist wichtiger als …das hier. Eine kleine Pause sagt manchmal mehr als tausend Worte. Vertreten wurden die beiden aber sehr würdig durch Mannschaftsarzt Manni Giensch, der für diesen Anlass sogar seine Krücken weggeworfen hatte, die er nach einer Hüft-OP – zeitweise – nimmt. Aber jeden Tag weniger!!
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