Blog 3 aus Aachen: „Nicht für weggelaufene Ehefrauen zuständig“.

Von
Reitervertreter Kevin Staut

Der französischen Springreiter-Europameister Kevin Staut ist der erste Reiter im Exekutiv-Komitee des Weltreiterverbandes FEI. Die Aktiven wollen ihre Stimme nutzen, Probleme werden schon jetzt von allen Disziplinen an Staut herangetragen.

Die Barbour-Fraktion ist eingetroffen: Gummistiefel und Wachsjacken beherrschen seit gestern die Soers, denn heute morgen hat die Dressur für die Vielseitigkeitsreiter (CIC***) begonnen. Aber jetzt machen sich die ersten Sonnenstrahlen in der Soers breit. Was die Stimmung merklich hebt, die Aussteller rollen ihre Hutkreationen vor die Zelte und auch die leichten Kleidchen flattern wieder. Hoffentlich hält es bis Sonntag.

Springreiter-Bundestrainer Otto Becker hat sich heute abgeseilt. Seine jüngste Tochter hat Kindergartenfest und da ist der Papa auch mal gefragt, sagt er, als er aus dem  Sitzungssaal Halla im ersten Stock des Tribünengebäudes kommt, wo ein Meeting das nächste jagt. Das neue Mitglied im sechsköpfigen Exekutivkomitee des Weltreiterverbandes FEI, der französische Springreiter Kevin Staut hat hier sich einer kleinen Gruppe von Journalisten vorgestellt. Er wurde vom Springreiterclub vorgeschlagen, der erste Aktive, der dem kleinen Entscheidungsgremium der FEI angehört. Er stellte klar, dass der Sport weiter an erster Stelle steht für ihn, Funktionär ist er allenfalls im Nebenberuf. Pflichttermine sind die beiden jährlichen Sitzungen des Bureaus, also des erweiterten Vorstandes, und die Generalversammlung der FEI einmal im Jahr. Und jeden Montag wird per Telefon konferiert. Schon jetzt kommen viele Reiter aller Disziplinen zu Kevin Staut mit ihren Wünschen an die FEI. Der tut, was er kann, aber nur, wenn es um sportliche Dinge geht. Probleme, wie eine weggelaufene Ehefrau, kann ich nicht lösen. 30 Jahre lang haben die Reiter um einen Sitz in der Weltverbandsführung gekämpft, jetzt wollen sie ihn nutzen.

Der mündige Athlet unter diesem Aspekt könnte man auch die Broschüre sehen, die Eleonore Ottviani, Sprecherin des internationalen Springreiterclubs, jetzt in Aachen verteilte. Die elegante Italienerin, Rechtsanwältin von Beruf, hat gerade eine EHEC-Infektion überstanden, ist aber in Aachen wieder voll dabei. Bewusstsein für faires Reiten heißt die deutsche Version der Broschüre, die zu erklären versucht, worin vernünftiges Management besteht und wie man sich verhält, falls doch mal was schief gelaufen ist.

Übrigens mehren sich die Gerüchte, dass der 18-jährige Shutterfly doch noch hier in Aachen verabschiedet werden soll. Zwar hat Meredith Michaels-Beerbaum, die mit dem Silvio-Sohn überraschend den Preis von Europa am Mittwoch gewann, noch davon gesprochen, dass er so frisch ist und sie überlegt, ihn noch als 19-Jährigen in der Soers zu präsentieren. Aber schön wärs ja, mit einem so wichtigen Sieg in den Ruhestand zu gehen. Dann könnte Shutterfly neben Cumano stehen, seinem Kollegen vom Weltcupfinale 2006, der Jos Lansink zum Weltmeister gemacht hatte, und die Zuschauer würden die Taschentücher, die sie zum Abschied der Nationen schon dabei haben, bereits dringend brauchen.  

Bevor es morgen im Gelände richtig voll wird, sind wir heute den Kurs von Rüdiger Schwarz nochmal abgegangen. Toll gemacht alles, Boden super und viele bunte Häuschen zum Drüberspringen, zum Teil auf kniffligen Wegen. Da wird auch der IQ abgefragt!

Der letzte Sprung wird wie immer im Stadion stehen, mit üppiger Obst-Deko. Und damit die nicht geklaut wird heute nacht, musste jeder Apfel und jede Pampelmuse mit einer langen Schraube befestigt werden. Auch ein schöner Job.

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

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