Blog 7 aus Tryon: Weißkopfadler im Parcours, Abschied vom Pferdewechsel, Rätsel um die Distanzpferde

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Deutschlands erste Medaillenträgerin bei den Para-Dressurreiterin: Regine Mispelkamp mit Look at me now. (© Pauline von Hardenberg)

Gabriele Pochhammer über erste Eindrücke von den Springpferden, was Beezie Madden zur Abschaffung des Pferdewechsels sagt, zähen Kommunikationsfluss in Sachen Distanz und die Frage, warum Voltigierpferde eigentlich so groß sind.

Heute durften die Springreiter auf den großen Platz zum Kennenlernen. Alle Reiter eines Teams kamen gleichzeitig in die Bahn, jeder durfte anderthalb Minuten Hindernisse seiner Wahl springen. Die deutschen Pferde sahen gut aus, und sprangen sehr sauber. Mitten in der Bahn stand ein riesiger auf Holz gemalter Weißkopfadler, das Wappentier der USA, als schmaler Sprung. Viele, auch die deutschen Reiter, nutzten die Gelegenheit, ihrem Pferd das Ungetüm zu zeigen, und das war gut so, denn der eine oder andere Vierbeiner guckte ganz schön verdutzt. „It’s a funny jump“, sagte US-Team-Reiter McLain Ward, „es war nett vom Aufbauer, dass wir ihn schon mal ansehen durften, wenn auch nicht drüberspringen. Er war nicht ausgeflaggt“.

Kein Finale mit Pferdewechsel mehr

Das US-Team lud zur Pressekonferenz. Beezie Madden und Laura Kraut, Devin Ryan und McLain Ward, vier erfahrene Profis, dazwischen die fröhlich zwitschernde Ersatzreiterin Adrienne Sternlicht (25). Zum ersten Mal wird der Weltmeister bekanntlich nicht im Finale der vier Besten mit Pferdewechsel ermittelt und zumindest US-Reiterin Elizabeth Madden, die schon zweimal dabei war, in Aachen 2006 und in Caen 2014, weint dem keine Träne nach. „Für mich ist der Sinn der WM auch darin, dass Reiter und Pferde gemeinsam dahin gekommen sind, eine Partnerschaft bilden. Ich weiß, dass das Finale sehr populär ist, aber ich kam mir dabei immer ein bisschen vor wie bei einem Schauspringen.“

Rätsel um die Distanzpferde

Wir haben gestern die Listen der FEI mit Daten über den abgebrochenen Distanzritt bekommen. Jetzt schon, ist ja auch erst eine Woche her. Seit heute morgen versuchen wir zu entschlüsseln, welches Pferd wo war, als abgebrochen wurde und in welchem Zustand. Meine Freundin meint, das wäre wie Sodoku und darin war ich noch nie gut.

Weiter verdichtet sich das Gefühl, das kein Mensch bei der FEI wirklich Wert darauf legt, dass wir zu viele Details erfahren. Und die Experten, die uns das erklären könnten, wenn sie denn wollten, sind natürlich längst über alle Berge. Der schwedische Chefveterinär lässt sich nicht blicken, obwohl wir darum gebeten haben, der hatte es ja schon vorige Woche so eilig wegzukommen, als seien wir eine Horde Hyänen.

Anders als mit Rausschmiss wird man wohl das Distanzdesaster, das sich nun schon durch fast alle Weltreiterspiele zieht, nicht in den Griff bekommen. Was natürlich hieße, dass die idiotischen Langstreckenrennen in der Wüste weitergehen, ohne Korsett durch FEI-Regeln. Dann kann man für die Pferde nur noch beten …

Erste Eindrücke von den Paras und Voltis

Die Buschpferde werden heute Abend nach Hause geflogen, inzwischen haben Voltis und Paradressurreiter die Bühne bezogen. Die Paras, heute ist Grade V dran, also für Reiter der mit der geringsten Behinderung, sitzen auf fantastisch schönen Pferde und müssen eine Zweitsterne-L –Dressur reiten. Chapeau, was man da zu sehen bekommt.

Die Voltis schwitzen in der großen Halle, da drinnen ist es noch heißer als draußen. Gewaltige Riesen galoppieren da auf dem Zirkel, der größte wohl das kanadische Pferd Charles. Der Schwarze wurde einst vom Schlachter gerettet, hat das stramme Stockmaß von 1,86 Meter und galoppiert erstaunlich flüssig, was man ihm auf den ersten Blick gar nicht zutraut.  Warum müssen Voltigierpferde eigentlich immer so groß sein, dass sich die Akteure recken und strecken müssen, um die Ringe überhaupt zu erreichen, bevor sie sich hochschwingen können? Ganz einfach: Da oben ist dann mehr Platz für die akrobatischen Übungen, die inzwischen jeder Zirkus-Trapeztruppe zur Ehre gereichen würden. Ein schmaler Vollblüter kommt also weniger in Frage.

Gemütliches Beisammensein

Gestern Abend wurden wir Journalisten von der FN eingeladen auf ein kleines Weingut in der Nähe von Tryon. Das hat schon Tradition und es macht jedes Mal Spaß. Wir saßen gemütlich draußen, bei einem herrlichen Buffet mit gutem, bleischweren Wein. Zwei ponygroße Doggen strichen um die Platten mit dem Roastbeef, sie waren so begeistert von dem Duft, dass ihnen das Wasser nicht im Munde zusammen sondern aus der Schnauze heraus lief. Und wenn so eine Dogge erst mal den Kopf auf den Tisch legt … Zum Glück hielt ein Kellner Wache vor dem Buffet. Er versicherte, sie seien fromm wie die Lämmer, das glauben wir dann mal.

Heute geht also das Springen los. FN-Pressedame Julia hat schon aufgerüstet: schwarzrot-goldener Nagellack, in drei Schichten aufgetragen. Ein kleines Kunstwerk! Wenn’s denn hilft!

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

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