Ohne Pferde keine Reiter, ohne beide kein Turniersport – das wird manchmal vergessen, wenn es nur noch ums große Geld geht. Oder wenn neue Regeln wie die Revision der Blood Rule gemacht werden, die vor allem den Sponsoren und dem Fernsehen dienen.
In Göteborg trafen sich die bei der Europameisterschaft anwesenden Mitglieder des Internationalen Springreiterclubs (IJRC) zur Generalversammlung, um ein paar wichtige Themen zu besprechen. Der Club kann keine Regeln machen, aber er kann der FEI vorschlagen, was seine Mitglieder gerne hätten.
Thema Nummer eins: die „Blood Rule“
Es ging unter anderem um die „Blood Rule“, also um die Regel, dass auch eine kleine Schramme in der Seite oder im Maul des Pferdes genügt, um den Reiter zu disqualifizieren. Die Jury hat heute keine Möglichkeit, anders zu entscheiden. Wofür mancher Richter, Steward oder Turniertierarzt sicher dankbar ist, weil er sich nicht mit dem Reiter, seiner Entourage oder dem Veranstalter anlegen muss.
Vielen Reitern erscheint das erbarmungslose Aus zu hart, weil Schrammen nicht immer die Folge von bewusst grober Einwirkung sind. So wurde bei der EM in Göteborg eine Dressurreiterin disqualifiziert, weil eine alte Wunde unter der Satteldecke (aber nicht unterhalb des Sattels!) durch das Scheuern wieder angefangen hatte zu bluten. Das kann man als Management-Fehler abtun – eine andere Satteldecke oder eine Schabracke, die das Aufschubbern unmöglich macht, hätten das Bluten und damit den Ausschluss wo möglich verhindern können.
Und dass auch eine an sich leichte offene Scheuerstelle weh tut, kann man sich ja ausmalen. Was die Entscheidungsbefugnis der Jury angeht, fürchteten manche wieder subjektive Urteile. Nach dem Motto, wo der eine Tierarzt schon zusammenzuckt, ist der andere, der bei seinen Operationen täglich im Blut wühlt, noch ganz entspannt. Einer hatte die geniale Idee, dass der Pfleger erstmal über die Wunde wischen soll, dann könne man je sehen, ob es weiter blutet… Kompromissvorschlag des IJRC an die FEI (die im Herbst darüber entscheiden will): Eine gelbe Karte und beim zweiten Mal Sperre von zwei Monaten.
Ranglistenpunkte
Ewiges Thema sind die Ranglistenpunkte für die Weltrangliste. Denn wer da oben steht, womöglich sogar unter den Top Ten, dem eröffnen sich eine Menge Startmöglichkeiten, die anderen verschlossen bleiben, es sei denn sie zahlen dafür, wie bei der Global Champions Tour. Das heißt dann vornehm Einladung, aber jeder weiß, dass es die nicht umsonst gibt. Weil die FEI das Wort „Paycards“ meidet wie der Teufel das Weihwasser, hat man sich auf den Begriff „Invitations“ geeinigt. Es lebe der Etikettenschwindel.
Turniere, bei denen man Weltranglistenpunkte sammeln kann, sind für die Reiter natürlich attraktiver als andere. Dass es Turniere gibt, bei denen man sich einkaufen kann wie bei der Global Champions Tour, auch wenn man nicht zu den 30 Besten der Welt gehört, ist vielen Aktiven ein Dorn im Auge. Der Schweizer Olympiasieger Steve Guerdat brachte auf den Punkt: „Es sollte Punkte für die besten Reiter, nicht für die reichsten geben.“ Lauter Beifall. „Wir müssen den richtigen Sport schützen“, sagte Steve. Und nicht, (das sagte er nicht), den Sport für ein paar reiche Töchter attraktiv machen und eine Handvoll Pferdehändler, die ihnen die millionenteuren Rösser verkaufen, mit denen sie in der Gesellschaft der Elitereiter mitspielen können.
Dass in der Global Champions Tour 60 Prozent der Reiter eine Einladung bekommen, bei einem normalen CSI5* jedoch nur 20 Prozent eingeladen werden dürfen, ärgert nicht nur die Veranstalter. Auch viele Reiter fordern, für diese erkauften Starts weniger Ranglistenpunkte zu vergeben. Einige wollen auch die Punktzahl für Nationenpreise erhöhen, um das klassische Mannschaftsspringen aufzuwerten. Da gibt’s dann schon wieder Protest aus den USA, denn dort gibt es nur einen Nationenpreis, noch einen im benachbarten Kanada, aber in Europa hat jedes Land seinen eigenen Nationenpreis, bei dem Punkte gesammelt werden können. Nicht so einfach das Ganze also.
Verleiht Flügel
Übrigens kann es sein, dass sich der Marktwert einiger der Superrösser demnächst dramatisch nach unten entwickelt. Wenn nämlich die FEI tatsächlich viele Variationen der Hintergamaschen verbietet (wie berichtet), vor allem die elastischen medizinischen Bandagen, die man so fest anziehen kann, dass der Bewegungsablauf verändert wird. Im Schritt gehen diese Pferde dann wie der Storch im Salat, über dem Sprung schmeißt das Pferd die Hinterbeine in den Himmel. Ohne diese Abflughilfe würde dann mancher wieder zum ganz normalen Vierbeiner, der hinten auch mal eine Stange mitgehen lässt. Wir hatten uns doch schon gewundert über die Flut der Nullfehler-Ritte in Rio und anderswo. Bin gespannt, ob sich die FEI traut, hier einen Riegel vorzuschieben.nike air force 1 uv color change da8301 100 101 release date | what are the cheapest jordan 1 lows
Wäre schön, wenn die Leute im großen Sport mal wieder übers korrekte Reiten nachdenken und nicht darüber, welches Hilfsmittel auch ein „halbtotes aber millionenteures“ Pferd noch Springen lässt oder 160km laufen….. ich nehme mal an, deshalb wird im deutschen Fernsehen nicht mehr viel Pferdesport gezeigt, von der EM dieses Jahr fast nichts, wer will schon Blut sehen, und es kann unbekümmert weiter geritten werden bzw. hinterher erfahren, dass die Vierbeiner mal wieder schlecht behandelt wurden mit Capsaicin, Splitter in den Gamaschen oder zu feste elastische Gamaschen, Riesenbauchbinde, damit die Sporen ja nichts kaputt machen…der Einfallsreichtum ist leider in dieser Hinsicht unendlich….
Vielen Dank an das St. Georg Magazin für die gute Berichterstattung von der EM!