Wenn man die Augen schloss, konnte man glauben, es sei alles wie früher. Jedenfalls fühlte es sich so an. Die Sonne schien, freundlich, nicht mehr sengend, es war September, die Menschen waren gutgelaunt und froh, sich zu treffen, und am Ende gewannen die Briten.
Und zwar diesmal wirklich alles, was möglich war. Doch es war nicht anno 1983, als sich in Frauenfeld die Vielseitigkeitsreiter zum vorolympischen Test trafen und die beiden Championatsneulinge, Bettina Overesch (heute Hoy) und Claus Erhorn ihre internationale Karriere begannen. Wir haben anno 2021 und morgens lasen wir in der Zeitung, dass wir künftig für die Einreise nach Großbritannien einen Pass brauchen und der Perso nicht mehr reicht. Aber bei der Europameisterschaft waren die Briten natürlich trotzdem willkommen, so kleinlich sind wir denn doch nicht.
Die EM, in nur wenigen Monaten aus dem Boden gestampft durch ein unglaublich engagiertes Team rund um Jean-Pierre Kratzer und die Familie Vogg, war vom Weltreiterverband FEI schon abgeschrieben, als sich nicht auf Anhieb ein Veranstalter fand. Der ursprünglich vorgesehene Veranstalter für alle drei Disziplinen in Budapest konnte den Termin nicht halten. Schließlich war alles ein bisschen durcheinander geraten in diesem Sommer, mit einem von Absagen durchlöcherten Kalender und Olympischen Spielen, die um ein Jahr verschoben wurden, ins EM-Jahr, sich aber trotzdem Tokyo 2020 nannten.
Am Ende waren es die Reiter selbst, die Himmel und Hölle in Bewegung setzten, um ihr Championat zu sichern, genau wie Spring- und Dressurreiter, die schließlich in Riesenbeck und Hagen zwei tolle Meisterschaften hatten.
Als sich das Institut Equestre National d’Avenches, kurz IENA genannt, bereit erklärte, das Wagnis einzugehen, wusste noch keiner, wie es werden würden. Es war das erste lange Viersterne CCI auf dem ausgedehnten Rennbahngelände rund um die IENA, keiner wusste, wie die gesetzlichen Corona-Bestimmungen sein würden, wer und wie viele Leute würden kommen dürfen, ob Zuschauer oder nicht. Das war schon ein Sprung ins kalte Wasser.
Der renommierte Parcoursaufbauer Mike Etherington-Smith, von seinen Kursen in Luhmühlen auch hierzulande ein Begriff, übernahm den Aufbau, besser gesagt, die Oberaufsicht. Seine Bedingung war die Unterstützung durch Martin Plewa, der unermüdlich mit seinem Quad durchs Gelände brauste, netterweise auch mich einmal rumfuhr.
Familiäre und andere Unterstützung
Die Reiter gingen natürlich zu Fuß mehrfach den Kurs ab. Michi Jung fünfmal, das waren dann stramme 25 Kilometer. Da soll mal einer sagen, beim Reiten laufen nur die Pferde. Christoph Wahler erkundete die Strecke joggenderweise, auch durchs Wasser mit Turnschuhen. Die genaue Recherche hat sich jedenfalls gelohnt. Auch die Unterstützung durch das familiäre Klosterhof-Team, die Eltern Burkhard (selbst schon mal Deutscher Meister) und Ingrid Wahler mit Christophs Schwester Isabell, war hilfreich.
Auf ihren Clan konnten sich auch andere verlassen. Ruth Klimke war wie immer vor Ort, um Tochter Ingrid den Rücken zu stärken, genau wie Bruder Rolf mit seiner Frau und Ingrids Tochter Greta Busacker, die ja selbst schon gut unterwegs ist im Busch und, wie Ingrid stolz erzählte, gerade ihre erste S-Dressur gewonnen hat.
Die Enttäuschung über den verpassten dritten EM-Titel (es wäre der dritte in Folge mit demselben Pferd, Rekord) wich schnell der Freude über Teamsilber. Und wahrscheinlich war Ingrid klar, wie wenig selbstverständlich es war, dass sie am Ende gesund und munter auf die Ehrenrunde gehen konnte.
Das hatte am 27. Mai in Babarowko noch ganz anders ausgesehen, als sie von ihrem jungen Pferd überrollt wurde, das, was alle Reiter am meisten fürchten. Luftröhre, Speiseröhre und Stimmbänder waren gequetscht, es tat höllisch weh. „Das war hart“, sagte Ingrid, „20 Prozent sterben an dieser Verletzung.“ Auch während der achtwöchigen Pause habe sie nicht einen Moment darüber nachgedacht, ob dies noch der richtige Sport für sie sei. „Reiten ist mein Leben“, sagt sie „Das ist das, was ich am allerliebsten tue.“ Und als sie wieder im Sattel saß, da ging es ihr auch gleich besser.
Anna Siemer, erstmals in einem deutschen Seniorenteam, hatte außer ihrem Ehemann auch den Züchter und Besitzer von Avondale, Prof. Dr. Volker Steinkraus als Back-Up. Da konnte man wunderbar über das Vollblut in der Sportpferdezucht fachsimpeln. Steinkraus macht’s ja vor, führt die Zucht des legendären Züchters Butt fort.
Avondale hat mehr als 90 Prozent Vollblut und flitzte flink um die Kurven, wo es für andere „harte Arbeit“ (Wahler über sein Pferd Carjatan) war. Volker Steinkraus hatte seine zwei kleinen Töchter mitgebracht, die vom Stand mit den schicken Must-Have-Regenjacken nicht wegzubringen waren. Gut, wenn der Papa mitsamt seiner Kreditkarte dabei ist!
Melzers Abschied, Thomsens Aufgabe
Für Hans Melzer war es kein glorioser, aber ein schöner Abschied vom Amt des Bundestrainers mit einer Silbermedaille und, nicht zu vergessen, Julia Krajewskis Einzelgold in Tokio. Sein designierter Nachfolger Peter Thomsen war dabei in Avenches, wie auch auf den großen Events der vergangenen Monate. Seine Aufgabe wird es sein, mit guten jungen Reitern die Basis zu verbreitern und die guten Pferde im Lande zu halten. Damit sie nicht für England, sondern für uns die Medaillen gewinnen.
Für die Pferde geht es jetzt ins Winterquartier, einige Reiter haben noch Boekelo auf dem Plan, dann werden in den meisten Buschställen die Winterdecken rausgezogen, Chillen im Paddock ist angesagt. Kräftesammeln fürs WM-Jahr 2022.
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Wie kommt Frau Pochhammer wohl zu der Annahme, dass es die zukünftige Aufgabe des designierten Bundestrainers u.a. sein wird, die guten Pferde im Lande zu halten, damit sie nicht für England, sondern für uns die Medaillen gewinnen?
Die Vergangenheit hat etwas anderes gezeigt und wie heißt es in einer Redewendung „Da hat man wohl den Bock zum Gärtner gemacht“.
Die Zeiten, wo sich die Ausschussvorsitzenden noch für den Erhalt von Spitzenchampionatspferden eingesetzt haben, sind leider auch vorbei.
mir hat in den diversen interessanten Blogs, Berichten etc. ueber die EM in Avenches der Hinweis ein bisschen gefehlt, wie reichlich die Holsteiner Warmblutzucht die Vielseitigkeitsreiter*innen diverser Nationen mit erstklassigen Pferden versorgt. Natuerlich ist es schoen, wenn Pferde wie „Dublin“ im „Lande“ bleiben, aber Pferdezucht ist nun mal ein internationales Geschaeft und gerade den Wallach Dublin haette auch jeder deutsche Interessent in Neumuenster ? wahrscheinlich noch garnicht mal zu einem exporbitanten Preis, erwerben u. behalten koennen. Vergessen wir nicht, dass jedes Pferd Deutscher Zucht, welches wo auch immer spektakulaere Erfolge erringt, seinem Zuechter hilft. Ausserdem ist es ja nicht so, dass wir etwa keine Spitzen Holsteiner im Lande haetten “ Wild Wave“ & “ Karjatan“ haetten wohl Viele gerne in ihrer Equipe. Ausserdem bedienen wir uns, vollkommen verstaendlich, auch immer wieder mit herausragenden Erfolgen, der Produkte aus den Zuchten unserer Nachbarlaender. Auf die „ONDA“ zwischen Pferd u. Reiter*in kommt es an !