In diesen Wochen gibt das Coronavirus den Takt an, auch bei den Pferdeleuten. Das ist nicht lustig, aber nicht nur katastrophal. Der eine oder andere kommt sogar auf einmal zu Dingen, die sonst im Turnierstress untergehen.
Was man vor zwei Wochen noch ein als mögliches, aber eher unwahrscheinliches Szenario abtun konnte, ist längst Gewissheit: Das Coronavirus hat die Welt fest im Griff. Die Zahl der offiziell gemeldeten Infizierten hat sich in den letzten 14 Tagen, als ich zum ersten Mal von einer möglichen Absage der Olympischen Spiele in Tokio im Juli sprach, verdoppelt (182.407 Stand 17. März), die der Toten verdreifacht (7154).
Keiner kann mehr die Hand dafür ins Feuer legen, dass die Spiele in Japan stattfinden und die zögerliche Haltung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) wird zunehmend kritisiert. „Ob die Spiele stattfinden, steht in den Sternen“, sagt Dr. Dennis Peiler, Sportchef der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). „In Gegensatz zu anderen Sportlern können die Reiter ihr tägliches Training zuhause fortsetzen, andere können ja nicht mal in die Sportstätten und wissen nicht, wo sie trainieren sollen. Wenn sich die Veranstaltungsausfälle auch im Mai fortsetzen würden, dann wäre der Sichtungsweg stark betroffen und es wären kreative Lösungen gefragt. Die Saisonvorbereitung ist natürlich schon jetzt betroffen. Es fehlen wichtige Aufbauturniere.“
In Deutschland und vielen anderen Ländern sind Schulen und Kitas geschlossen, Grenzen ebenso, Turniere abgesagt. Eine Pandemie wie diese stellt auf einmal so etwas wie Gerechtigkeit her. Es trifft alle gleich, das Weltcup-Finale Dressur und Springen in Las Vegas, die nächsten Stationen der Global Champions Tour, aber auch das Hallenturnier vom Reitverein im nächsten Dorf.
Während das Indoor Brabant in Hertogenbosch, eines der größten Hallenevents in Europa, zunächst nur ohne Zuschauer durchgezogen werden sollte, wurde es am Ende doch abgesagt.
Dortmund-Veranstalter Kaspar Funke ließ es zunächst drauf ankommen, mit nur tausend Zuschauern, im wesentlichen VIPs und ein paar anderen an der Organisation Beteiligten, begann das Turnier in der Westfalenhalle. Am Sonntag morgen um 10.03 Uhr war Schluss: Das Gesundheitsamt verfügte den sofortigen Abbruch. Auch Horses and Dreams in Hagen, traditionell eines der ersten Glanzlichter der Saison, musste Turnierchef Ulrich Kasselmann schweren Herzens canceln.
Die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI) hat alle Veranstaltungen unter ihrer Regie für vier Wochen abgesagt, die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) alle Eigenveranstaltungen sogar bis zum 30. April, also sechs Wochen. Dazu gehören zum Beispiel Trainings- und Sichtungslehrgänge, Konferenzen, Tagungen, Symposien sowie der Parlamentarische Abend in Berlin. Die FN empfiehlt allen Veranstaltern von Turnieren und anderen Zusammenkünften, eigenverantwortlich darüber zu entscheiden, ob ihre Veranstaltung wirklich stattfinden soll.
Umgang mit der Zwangspause
Die meisten Hengstschauen fallen aus. „Schließlich will man nicht riskieren, dass der ganze Stall mit allen Leuten anschließend in Quarantäne muss“, sagt Dressurreiterin Dorothee Schneider. Und mancher dankt dem technischen Fortschritt, der Spermaversand und künstliche Befruchtung auch ohne unnötige Sozialkontakte ermöglicht, sodass das Zuchtjahr wie geplant beginnen kann.
Da die wenigsten von uns mit ihrem Pferd in einer einsamen Waldhütte in „Splendid Isolation“ leben, sind auch Reiter und Pferdehalter betroffen, die nicht zum reitenden Jetset gehören.
Ich fragte bei der Ausbilderin meiner jungen Pferde, Giesela Blunck-Erichsen in Kleinsolt, nach, wie sie mit der Situation umgeht. Antwort: „Gruppenunterricht haben wir abgesagt, Einzelunterricht mache ich weiter, schließlich bin ich dabei ja ziemlich weit entfernt von meinen Schülern.“ So ist es in den meisten Reitställen in unserer Gegend. Überall ist man vorsichtig, keiner will der erste sein, der das Virus unterschätzt und damit Erkrankungsfälle zu verantworten hat.
Viele Reiter, die sonst von Turnier zu Turnier eilen, haben jetzt ganz viel Zeit. Denkt man. „Von wegen“, sagt Springreiter Marcus Ehning. „Ich habe weniger Zeit als vorher, ich komme jetzt zu all den Dingen, für die ich sonst nie Zeit habe. Es ist Frühling, die Plätze müssen gemacht werden, die Hindernisse neu aufgestellt. Und endlich kann ich mich intensiv um meine Pferde kümmern, die jungen, aber auch die anderen. Natürlich müssen jetzt viele Leute Einbußen hinnehmen, aber am Ende ist für mich das Wichtigste, dass meine Familie und ich nicht krank werden.“
Zeit zum Innehalten und zum Luftholen, die hat Dressurbundestrainerin Monica Theodorescu. Sie fährt in die Ställe zu ihren Kaderreitern, wenn sie die nicht auf dem Turnier sehen kann. „Alle sind gut davor“, sagt sie. Las Vegas und Hagen sind schon abgeschrieben, die „finden im Kopf schon gar nicht mehr statt“, ab Mai sollte es dann weitergehen, hofft sie. „Ich kann eh’ nichts machen“, sagt Monica Thedorescu. Stattdessen kämpft sie im Garten mit den Rosen und powert sich bei der Arbeit mit Hacke und Harke aus. „Ich liebe Gartenarbeit, da sieht man sofort, was man geschafft hat.“ Wie beim Reiten, wenn man’s richtig macht.
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