Einfach weg – das historische Gedächtnis des Pferdesports hat Lücken

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

Gabriele Pochhammer über die Ergebnisse des Datenschutzes, eine hilfreiche FN, eine weniger hilfreiche FN-Datenbank und Ungerechtigkeiten, die es auch schon 1960 gab.

Es war eher ein Zufall, ich suchte die Erfolgsdaten der kürzlich verstorbenen Dressurreiterin Ria Hobelsberger und wandte mich vertrauensvoll an die FN-Erfolgsdatenbank, die digitale Fortsetzung des früheren Jahrbuchs Sport und Zucht. Nix. Weder der Name der Reiterin noch der ihres besten Pferdes, der Holsteiner Stute Fama v. Neiding, war zu finden, geschweige denn eine Aufzählung beider Erfolge.

Ich wandte mich wieder vertrauensvoll an die Deutsche Reiterliche Vereinigung, diesmal an die Pressestelle. Mir wurde geholfen und zwar sehr prompt. Zwei FN-Damen verbrachten ein paar Stunden, um mir aus den in der FN archivierten Jahrbüchern die Daten herauszusuchen. Vielen Dank hierfür!

Aber das kann’s eigentlich nicht sein. Wurde uns nicht einst die digitalisierte Form des Jahrbuchs als Ultima-Ratio-Fundquelle für alle Daten rund um Reiter und Pferd versprochen? Nun liest man auf der Suche nach einem Reiter, dass nur diejenigen aufgeführt sind, die in den letzten beiden Saisons im Sport in Erscheinung getreten sind. Olympiasieger 1976, Alwin Schockemöhle ist nur als Züchter aufgeführt, die Springsport-Ikonen Fritz Thiedemann und Hans Günter Winkler gar nicht.

Die FN führt Datenschutzgründe an, es werden nur die letzten drei Jahre berücksichtigt. Dieser Zeitraum war eine Empfehlung des FN-Justitiars. Insofern müsste der Satz auf der Website schon mal geändert werden. Ein Reiter, der drei Jahre lang keine Turnierlizenz beantragt hat, fällt aus dem veröffentlichten Datensatz.

Im Kernsystem der FN seien aber nach wie vor alle Daten ab 1976 gesammelt, versichert die IT-Expertin der FN, Andrea Leinker. Sie sind nur auf besondere Anfrage zugänglich. Was davor war, muss aus alten FN-Jahrbüchern zusammengesucht werden.

Wie auch immer, das alles macht die Suche nach Namen und Erfolgen, die mehr als drei Jahre zurückliegen, unendlich schwierig. Die Pferde werden bis in die 1930er-Jahre zurückverfolgt, aber nur mit ihren Zuchterfolgen, die Sporterfolge sind erst ab 1976 aufgezeichnet. Darüber kann man unter Umständen den Reiter finden. Die Spitzenreiter hatten ja meist mehrere Pferde, die man, so man alle kennt, einzeln aufrufen müsste.

Deswegen ist Fama, das Fast-Olympiapferd, in der digitalen Versenkung verschwunden  Immerhin stehen auf ihrem Konto 25 S-Dressur-Siege und zahlreiche Platzierungen bis hin zum Grand Prix. Ria Hobelsberger war eine Spitzenreiterin, im erweiterten Kandidatenkreis für die Olympischen Spiele in Rom 1960.

Dort waren nur zwei Reiter pro Nation zugelassen, eine Mannschaftswertung gab es zum ersten und einzigen Mal nicht. Frau Hobelsberger durfte unter anderem deswegen nicht nach Olympia, weil man einen alten Berufsreiterausweis fand, sie hatte mal für Geld Reitunterricht gegeben.

In diese Verlegenheit sind ihre beiden Mitbewerber, Josef Neckermann und Rosemarie Springer, die am Ende nach Rom fuhren, natürlich nie gekommen. Beide hatten große eigene Turnierställe mit professionellen Trainern hinter sich, Ria Hobelsberger war eine Selfmade-Frau, die sich aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet hat. Und solche Leute hatten’s schon damals schwerer als andere.

Ich war in den 60er-Jahren eines dieser kleinen Mädchen, die in Aachen hinter den Top-Reitern her rannten, um ein Autogramm zu ergattern, und erinnere mich gut an die freundliche kleine Reiterin von kräftiger Statur, die mit ihrer kalibrigen Fama ein Bild solider Reiterei abgab. Und sie hat es einfach nicht verdient, so wenig wie viele andere auch, vom Computer ins Nirwana versenkt zu werden. Das historische Gedächtnis des Pferdesports droht zu verblassen. FN, tu was dagegen!

Ria Hobelsberger auf Fama

Ria Hobelsberger auf Fama

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

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  1. Andreas Künnemann

    Auch ich möchte meinem Sohn gerne meine früheren Erfolge aufzeigen, alles was ich z B in den 80/90/00ern gewonnen habe-geht leider nicht. Einzige Lösung die FN anschreiben? Ich habe keine Probleme mit dem Datenschutz, wir sind sowieso alle durchsichtig, warum also bei diesen Informationen so „korrekt“ sein. Macht für mich keinen Sinn. Danke das sie das Thema aufgegriffen haben.

  2. Ralph Clasen-Hoffmann

    Reite eine Prüfung, sei platziert und schon kannst Du wieder alle alten Daten abrufen.
    Und meine Jahrbuch-Sammlung wird wohl noch mal wertvoll 😉


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