Vielseitige Eindrücke und tolle Lehrstunden auf der Equitana! Warum die Tür im Busch zu bleiben sollte und noch ein paar goldene Regeln.
Tag fünf auf der Equitana. Alle Zeichen stehen auf Busch – die Krone der Reiterei. An diesem Tag geht es auch um die „Equitana-Krone“, den Sieg in der Indoor-Vielseitigkeit. Bis er dafür selbst in den Sattel seiner Stute Pennsylvania steigen wird, demonstriert Andreas Ostholt noch eine kleine Trainingseinheit mit Josephine Schulze-Bisping und Antonia Baumgart.
Lass die Tür im Gelände zu!
Mit lockeren Runden im Trab und Galopp beginnt er den Unterricht, fordert leichte Tempiunterschiede. Regel Nummer eins des Warendorfers: Lass die Tür im Gelände zu! Fragezeichen in den Gesichtern der Zuschauer. Sicher fühlt sich manch Buschreiter im Kurs manchmal mehr zuhause als im eigenen Heim, doch Türen gibt es auf der Strecke trotzdem keine. „Du musst einen gleichmäßigen Zug auf den Zügeln spüren und das Pferd nicht in eine Richtung stellen. Somit bleibt die Tür zu Seite zu und das Pferd gerade“, erklärt Ostholt seinen Vergleich.
Regel Nummer zwei: atmen lassen! Der 14-jährige Abke’s Boy von Josephine Schulze-Bisping ist anfangs noch ziemlich nervös. Seine Reiterin soll immer wieder anhalten, ihren Zappelphilipp stehen lassen und warten, bis er atmet. Erst dann wieder in Ruhe anreiten. Nach und nach lässt der Wallach immer mehr los.
Bei den anschließenden Übungen, erst an In-Outs, dann an Steilsprüngen und festen Hindernissen, legt Andreas Ostholt zunächst Wert darauf, dass die beiden Pferde ausbalanciert und aufmerksam galoppieren und die Linie zwischen den Sprüngen passt. Dabei ignoriert er zunächst, ob die Pferde im richtigen Galopp landen. Regel Nummer drei: Lenke das Pferd nicht von der eigentlichen Aufgabe ab! „Es soll sich erstmal auf die Sprünge konzentrieren. Wenn Linie und Rhythmus passen, kann ich anfangen, den Galopp zu korrigieren.“
Antonia Baumart hat dabei noch leichte Schwierigkeiten, ihr Westfale Lamango ist etwas übermotiviert. Dadurch passt auch die Distanz nicht immer. „Mit Hilfe von In-Outs kann man solche Pferde wieder etwas auf die Füße bringen, sie müssen sich selbst zurücknehmen“, erklärt Ostholt. Und fügt gleich Regel Nummer vier hinzu: Auch mal das Pferd einfach machen lassen. „Im Kurs kommen auch mal ein zwei Sprünge anders als geplant. Wenn mein Pferd aber nie gelernt hat, mitzudenken und selbst zu agieren, wie soll es mir dann helfen können“, meint er. Intelligenz der Pferde fordern und fördern ist sein Motto.
Tränen zum Abschied
Im anschließenden USG-Cup, der Indoor-Vielseitigkeit der Klasse L, schwingt er sich dann selbst in den Sattel. Doch die Augen der Zuschauer sind an diesem Tag auf ein anderes Paar gerichtet. Auf Freya Füllgraebe und ihren 20-jährigen Oje Oje. 2016 hat St.GEORG die beiden zuhause in Krefeld besucht. Damals erzählte die Studentin ihre beeindruckende Erfolgsstory mit einem Pferd, an das anfangs keiner so recht glauben wollte. Gerade in der Dressur war sein Name oft Programm. „Doch Oje Oje hat mir beigebracht, was es heißt, zu kämpfen“, sagte sie damals. So haben sie es bis Einzelgold bei den Europameisterschaften der Jungen Reiter 2011 in Blair Castle geschafft, nur einer ihrer unzähligen Erfolge. Auf der Equitana soll es nun sein letzter Auftritt sein. Dann darf der Braune seinen Lebensabend auf einer Weide genießen.
Und er wäre nicht Oje Oje, wenn er sich nicht noch einmal von seiner allerbesten Seite gezeigt hätte. Opa? Von wegen! Mit über fünf Sekunden Vorsprung zum Zweitplatzierten Calvin Böckmann holt Oje Oje das Ding nach Hause. Eine Bilderbuch-Runde, die zeigt, wie viel Spaß er noch an seiner Aufgabe hat. „Er hat hier die beste Werbung für unseren Sport gemacht“, sagt Freya bei der Siegerehrung. „Und gezeigt, dass das Alter keine Rolle spielt, wenn die Pferde gut in Schuss sind.“ Während Mama Simone und Schwester Faye am Rand schon ein paar Tränchen vergießen, kullern sie dann auch bei Freya. Dieser Sieg ist ein ganz besonderer Moment. Für sie und ihr Herzenspferd Oje Oje.
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