Nach zwölf Jahren verabschiedet sich Heinrich-Hermann Engemann vom Amt des Co-Bundestrainers und übernimmt neue Aufgaben. Welche das sind, weiß St.GEORG-Herausgeberin Gabriele Pochhammer.
Corona trifft alle, auch die, von denen man es nicht vermutet, weil sie weder krank geworden sind, noch eine Kneipe betreiben. Für Heinrich-Hermann Engemann, Co-Bundestrainer der deutschen Springreiter mit Otto Becker, brachen im Frühjahr 2020 auf einmal die Honorare ein, als es durch den Lockdown plötzlich weder Turniere noch Lehrgänge gab.
„Ich gehe mit Wehmut, aber ich werde tageweise bezahlt“, sagt der 61-Jährige, „und auf einmal war da nichts mehr.“ So was kann nicht jeder lange durchhalten. Da kam das Angebot der Kolumbianer gerade zur rechten Zeit. Ein neuer, ambitionierter FN-Präsident will den Pferdesport in seinem Land nach vorne bringen. Ein erfahrener Coach aus Europa so wie Engemann kommt da gerade recht und ist ja auch nicht alle Tage zu haben. Und für diesen wiederum bedeutet es eine solide wirtschaftliche Basis für die nächsten Jahre.
Die letzten Wochen als Co-Bundestrainer
Ende Dezember heißt es also Abschied nehmen vom Leben als Otto Beckers Co-Trainer. Zum letzten Mal bei der Deutschen Meisterschaft in Riesenbeck betreute Heiner Engemann „seine“ U25-Reiter beim Springpokal, für die er in den fünf Jahre seit Bestehen der Serie, die er zusammen mit Otto Becker aufgebaut hat, engagiert gekämpft hatte. „Es war uns wichtig, die Reiter, die aus der Jungen Reiter Klasse bis 21 herausgewachsen sind, aufzufangen und ihnen den Übergang in den Top Sport zu erleichtern“, sagte er. Das hat er geschafft, Maurice Tebbel, Guido Klatte oder Richard Vogel sind inzwischen im Top-Sport angekommen, vertreten Deutschland in Nationenpreisen, zuletzt siegreich im portugiesischen Vilamoura.
Da legte Heiner Engemann noch einmal für die deutschen Springreiter auf dem Abreiteplatz die Stangen ein. In allem Gewühl behält er stets den Überblick, strahlt Zuversicht und Ruhe aus. „Wenn Heiner am Sprung steht, dann weiß man, dass man seinen Sprung auch kriegt“, sagt Marcus Ehning. Und jeder Reiter weiß, dass da einer steht, der sein Handwerk versteht.
Denn bevor Heiner Engemann 2008, nach den Skandal-geschüttelten olympischen Reitwettbewerben in Hongkong (zwei Doping/Medikationsfälle in der deutschen Mannschaft), sich zusammen mit Otto Becker anschickte, den deutschen Springsport wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen, da hatte er schon eine erfolgreiche Karriere im Sattel hinter sich. Mit der fixen wendigen Stute Candela gewann er mehr als 132 schwere Springen, das dürfte Rekord sein. Keiner hatte gewonnen, bevor die beiden durch den Parcours geflitzt waren. Mit Aboyeur hatte Heiner Engemann auch in der Großen Tour ein Wörtchen mitzureden, wurde unter anderem Dritter beim Weltcup-Finale 2008.
Das Vertrauen war da
Als Otto Becker und er antraten, waren beide schon acht Jahre Aktivensprecher, wussten also, wie ihre Reiterkollegen ticken. Das machte vieles leichter, das Grundvertrauen war erstmal da. Gleich im ersten Jahr gab es Mannschaftsbronze bei der EM in Windsor, ein Jahr später den WM-Titel in Kentucky, 2011 dann auch in Madrid EM-Mannschaftsgold. Das waren die glücklichen Tage.
Andere gab es natürlich auch. „Etwa bei den Olympischen Spielen in London, 2012“, sagt Engemann, „da flogen wir nach dem ersten Umlauf raus, obwohl keiner mehr als vier Fehler hatte. Da waren wir Elfte, das hatte es vorher noch nie gegeben.“ Olympia in Rio 2016 geriet dann zur Wiedergutmachung, Team-Bronze nach hartem Kampf. Die Weltreiterspiele in Tryon auch noch mal ein Sahnehäubchen für das Duo, das sich, so Otte Becker, nie habe auseinanderdividieren lassen.
Die große Abschiedsparty in Riesenbeck musste natürlich ausfallen, aber ein würdiges Lebewohl trotz gab es trotzdem. Der Corona-bedingte Abstand war gewissermaßen nur äußerlich, die emotionale Nähe der Aktiven, von Cheftrainer Becker und alle anderen Mitstreitern in jedem Moment auch unter den Masken zu spüren. Der Vorsitzendes des DOKR-Springausschusses, Peter Hofmann, hatte nicht nur warme Worte, sondern auch das Silberne Reiterkreuz mitgebracht.
Blick in die Zukunft
Jetzt also auf zu neuen Ufern. Er kommt nicht als Fremder zu den südamerikanischen Springreiter, hat in Bogota schon 27 Lehrgänge gegeben, und viele Freunde gefunden. Sein Vertrag reicht bis zu den Spielen in Paris 2024. Nur ein Drittel der kolumbianischen Springreiter lebt im Heimatland, ein weiteres Drittel in Frankreich, Belgien und den Niederlanden, ein Drittel in den USA. Insgesamt sind es 30 Reiter, beritten meist auf deutschen und oder französischen Pferden. „Ich denke, ich muss da überall mal vorbeifahren.“ Schon nächste Woche sitzt er im Flieger nach Kolumbien, erstes Ziel ist die Qualifikation für das Nationenpreis-Finale im Herbst in Barcelona und die Benennung des Einzelreiters, den Kolumbien nach Tokio 2021 schicken darf.
Otto Becker und er werden auch in Zukunft sicherlich nebeneinander am Rande des Parcours zu sehen sein, aber eigentlich möchte Heiner Engemann bei der Siegerehrung mit seinem Team auch mal vor den Deutschen stehen. „Auch wenn Otto dann etwas sauer sein sollte“, sagt er. In Tokio und auch bei der EM sind die Kolumbianer nicht dabei. Da hat Otto ja noch mal Glück gehabt …air jordan 1 factory outlet | nike sb dunk sizing and fit guide
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