Krankgeschrumpft – stell dir vor es ist Turnier und keiner will hin

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

Der Trend ist unübersehbar: Immer mehr Turnierveranstalter haben Mühe, ihre Starterlisten vollzukriegen. Aus welchem Grund auch immer: Das Rad wird sich nicht zurückdrehen lassen. Eine Recherche von ST.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer.

Turnier 2022 geht so: Sechs Pferde in einer Springpferdeprüfung, acht Starter in einem Zweisterne-Großen Preis, statt 1000 Nennungen nur knapp 300 – solche Zahlen sind zur Zeit keine Ausnahme bei deutschen Turnierveranstaltern. Viele Turniere vor allem im Mittelbau, einige mit langer Tradition, haben inzwischen Mühe, genügend Reiter anzulocken, damit sich der Aufwand lohnt, für den ehrenamtliche Helfer zu rekrutieren ohnehin immer schwieriger wird. Einige Turniere wurden in diesen Wochen bereits mangels Beteiligung abgesagt. Die Zeiten, in denen nur dann ein Startplatz zu ergattern war, wenn man Sekunden, nachdem die Ausschreibung online ging, auf den richtigen Knopf drückte, sind vorbei und es ist fraglich, ob sie jemals wieder kommen.

Für diese Entwicklung, die das Gesicht des deutschen Turniersports nachhaltig verändert, gibt es nicht nur einen, sondern mehrere Gründe. Die Pandemie ist einer davon. Zum einen hat sie die Zahl der Turnierlizenzen in den letzten beiden Jahren um rund 20 Prozent dezimiert, von mehr als 80.000 im Jahr 2019 vor Corona auf 64.000 im vergangenen Jahr. Es reiten einfach weniger Leute auf Turnieren. „Vielleicht weil sie auch ohne Wettkampf Spaß am Reiten haben“, mutmaßt Jobst Schnasse, Mitveranstalter des Turniers in Herford vom 9. bis 12. Juni. Nur 23 Reiter haben für die große Tour in Herford genannt. „Vielleicht gibt es noch ein paar Nachnennungen, aber möglicherweise kommen auch ein paar Reiter gar nicht.“ Selbst Qualifikationen fürs Bundeschampionat seien mager besetzt, „vielleicht auch, weil das Bundeschampionat nicht mehr denselben Wert hat wie früher“, sagt Schnasse.

Sündenbock Corona?

Soenke Lauterbach, der Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) rechnet damit, dass die Zahl der Turnierreiter wieder ansteigen wird, wenn Corona einmal wirklich vorbei ist, wovon man ja im Moment noch nicht sprechen kann, auch wenn die Zahlen nicht mehr jeden Tag im Fernsehen präsentiert werden. Nach der Pandemie-bedingten Zwangspause, die den Turniersport fast vollständig zum Erliegen brachte, wollen viele Veranstalter jetzt mit Macht neu starten. „Es gibt halt ein gewisses Überangebot zur Zeit“, sagt Falk Schlömer, Inhaber der FS Event Agentur, die die technische Seite vieler Turniere betreut, von der Meldestelle bis zur Beschallung.

Nicht alle Turniere sind gleichermaßen betroffen. Die Reiter können es sich zur Zeit leisten, wählerisch zu sein. Moderne Anlagen mit perfekten Sandböden im Ebbe-Flut-System und genügend Platz für Prüfungs- und Abreitplätze sind nach wie vor gefragt. Alte Rasenplätze, die bei Regen tief werden – da will keiner mehr hin. Selbst internationale Arenen, die noch Grasplätze haben, etwa Aachen und Hamburg, mussten hohe sechsstellige Summen investieren, um den Ansprüchen zu genügen. Das hat auch was mit Tierschutz zu tun, kein Reiter will eine Verletzung seines teuren Pferdes riskieren, weil der Boden zu glatt, zu tief oder zu holprig ist.

Spanien, Italien, Riesenbeck

Alles, was das Reiterherz begehrt, findet es in Riesenbeck auf der Anlage von Ludger Beerbaum. Neben idealen Plätzen, inclusive Parkplätzen für die LKW, gibt es große feste Boxen, bestes Hindernismaterial, professionelles Turniermanagement und anschließend für jedes Pferd ein Video seines Parcours. Diese Turniere für Profis und Halbprofis, oft unter der Woche, sind zugleich wichtige Handelsplätze. Da treffen sich Züchter, Verkäufer und Kunden. Mit den traditionellen ländlichen Turnieren haben sie nicht mehr viel gemeinsam. Aber selbst in Riesenbeck ist man zur Zeit froh, wenn die Starterlisten voll werden. Denn mit den Einnahmen aus Startgeld und Boxenmiete wird letztlich die Veranstaltung bezahlt.

Nach wie vor gefragt sind Turniere im benachbarten Holland, wo nicht nur die Bedingungen exzellent sind, sondern auch nicht noch dauernd bürokratische Hürden zu nehmen sind. Man kann kurz anrufen und ein Pferd mehr mitnehmen, ohne langwierigen Papier- oder Digitalkram, der Reiter kann umdisponieren bis zum letzten Moment – das ist für die großen Turnierställe reizvoll, wie auch die Aussicht, an einem Wochenende in 15 Prüfungen starten zu können. Da kommt kein ländliches Turnier mit.

Eine zahlungskräftige Klientel ziehen Turnierserien wie die Sunshine Tour in Spanien oder Italien ab, die manchmal über Wochen gehen, und von denen die Pferde im besten Fall mit einem Sack voller Platzierungen, aber mindestens nützlicher Erfahrungen zurückkommen. Und die weniger betuchten Reiter überlegen sich, ob sie bei den Spritpreisen von 2,20 Euro pro Liter wirklich 100 Kilometer weit zum Turnier fahren müssen.

Für die Veranstalter der „kleinen großen Turniere“, also im oberen mittleren Bereich, die auch S-Springen anbieten, macht sich natürlich auch die Global Champions Tour bemerkbar, für die die Topreiter viele Wochenenden im Jahr durch die Welt tingeln, an Wochenenden, mit denen sie sonst mit jungen Pferden und der zweiten Pferde-Garnitur in Deutschland unterwegs sein könnten.

Die Entwicklung lässt sich nicht zurückdrehen. Aber vielleicht ist weniger mehr. „Es muss ja nicht jedes ländliche Turnier ein S*-Springen oder ein M** ausschreiben“, sagt Lauterbach. „Viel sinnvoller wäre es, mehr A- und L-Prüfungen auszuschreiben, mehr Prüfungen für Amateure.“ Also die Basis stärken, anstatt den Stars hinterherzurennen, denen schon genug geboten wird. Das klingt nach neuer Bescheidenheit, und wird uns die in diesen Tagen nicht allerorten gepredigt?men’s jordan release dates | is air jordan outlet fake

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

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  1. Susanne

    Das liegt aber auch an den immer weiter steigenden Kosten. Die Benzinpreise sind das eine, aber die Nenngebühr pro Prüfung ist inzwischen teurer als früher und bei den meisten Veranstaltern muss jetzt auch noch eine Corona-Zusatzgebühr gezahlt werden. Klar muss sich Turnier auch für die Veranstalter rentieren oder zumindest die Kosten gedeckt werden, aber als Schüler/ Student überlegt man sich dann gleich dreimal welche Prüfungen genannt werden können.

    • Yvonne

      Ich stimme Susanne voll und ganz zu.
      Viel zu hohe Nenngebühren, ländliche Plätze, auf denen auch ich mein „normales“ Pferd nicht ruinieren möchte und dazu die Spritkosten. Die Kolumne stellt das Probleme meiner Ansicht nach zu wenig dar. Wird sich -mal wieder- viel auf den Profi-Sport bezogen. Aber hallo, wir Breitnsportler finanzieren das Ganze! Allerdings sind wir bei Richtern und Veranstaltern noch immer nicht die beliebte Sportlergruppe. Ich habe den Eindruck, dass Profis immer besser bewertet werden. Oder wie mir eine niedersächsische Richterin, bei der ich protokollierte, einmal sagte: „Die müssen ja auch damit ihr Geld verdienen und sind nicht zum Spaß hier. Das muss man unterstützen.“ Klar, es gibt die geschlossenen Prüfungen, doch die sind sehr überschaubar.
      Das eigentliche Problem beginnt aber im Reitstall. Da würde ich mir von St. Georg auch eine Reportage drüber wünschen. Es gibt im hamburgischen Nachbarbundesland etliche Ställe, in denen Pferde nicht artgerecht gehalten werden. Kleine dunkle Boxen zu hohen Preisen. Gleichzeitig mangelt es den Stallbetreibern an Kundenorientierung in nicht unerheblichen Maße. Der Umgangston lässt vielerorts zu wünschen übrig udn Einsteller werden als zahlende Mitarbeiter gesehen.
      Wir sind denkende, erwachsene Menschen: Glauben Sie ehrlich, das lassen wir uns auf Dauer gefallen? Wenn das Geld knapper wird – das wird es bei der aktuellen Inflation- schaut man sehr darauf, was wirklich Freude bringt. Und so kommt Manche(r) zu dem Schluss: Dann lieber kein Perd mehr. Und auch keinen Turnierstart…

  2. Franca

    Ich denke, mit Einführung der Herpes-Impfung (wir haben 2x schlechte Erfahrungen mit Reaktionen darauf gemacht) werden im kommenden Jahr weitere Amateur-Reiter dem Turniersport den Rücken zuwenden.

    Kosten für Impfungen, FN-Anmeldungen / Eintragungsgebühren für Pferd und Reiter (schon vor dem ersten Start) und die erhöhten Prüfungsgebühren (bei teilweisem Entfall der Gewinngeldausschüttung) lassen einen intensiver überlegen, ob man sich den Stress noch antut und als Amateur ständig gegen Profis starten möchte.

  3. Christine

    Meine Erwartungshaltung ist auch, daß die Pflicht zur Herpes-Impfung die Anzahl der „Gelegenheitsturnierreiter“, die z.B. nur beim Turnier ihres eigenen Vereins mitmachen, weiter reduzieren wird.

    Die Kombination WBO und LPO Veranstaltung und damit die unaufwendige Heranführung neuer potentieller Turnierreiter über das normale vereinsorganisierte Turnier wird auch massiv erschwert (wird das ältere Reitbeteiligungspony in einem nicht durchgeimpften Bestand für 1x im Jahr Turnier E-Dressur eine Herpesimpfung bekommen?), und für zusätzlich reine WBO/Reitertag …mal sehen was man da aus den LK Empfehlungen macht und ob man den Aufwand/Kosten im Verein stämmen kann.

    Dazu noch jährlich ein paar Skandale im Turniersportbereich/Spitzensportbereich und eine Philosophie „Pferdequalität (Preis)“ sticht „klassische Reitlehre auf Normalpferd“, läßt einen auf Distanz gehen.

    Aber vielleicht kann St.Georg ja etwas für den Turniersport tun und in jeder Ausgabe ein paar Seiten mit „Normalpferden“ und „Normalreitern“ auf „Normalturnieren“ herausbringen, auf denen nicht eine „Turnier-Instagram-Welt“ der Gangwunder, Idealmaßreiter und perfekten Anlagen präsentiert wird, sondern einfach gutes Reiten auf Durchschnittspferden und normalen Turnieren in seiner ganzen Vielfalt.

    Vorbilder, BILDER und ihre Erreichbarkeit beeinflussen nun einmal die Ausrichtung von uns Reitern und auch, ob ich glaube mich beim Turnier wohlfühlen zu können und hingehe.

  4. Stefanie

    Christine: hier kann man keine Daumen hoch o. Ä. vergeben, aber Ihr Kommentar trifft einfach bei allem den Nagel auf den Kopf. Ich kann’s nicht besser schreiben. Vielen Dank.
    Bitte nehmt es euch zu Herzen!

  5. Stefanie

    Meine Stute hat vor Jahren so auf die Herpesimpfung reagiert, dass ich es nicht nochmal riskieren werde (Klinikaufenthalt). Dann geht sie eben mit 13 Jahren in Turnier-Rente.

    Ich finde es auch mehr als frech dass 2022 noch Corona-Extra-Nenngelder gefordert werden um“Mehraufwendungen“ abzudecken. Welche Mehraufwendungen? Ein Zettel mit Hinweisen an der Meldestelle, wenn überhaupt und das war’s. Selbst 2021 gab es kaum Corona-Mehraufwendungen, vielleicht 2-3 Hinweisschilder mehr.

    Und dazu noch Verzicht auf Gewinngeldausschüttung. Dann weiß ich ja vorher, dass selbst wenn alles gut läuft, das Turnier ein Verlustgeschäft für mich wird. Da nenne ich nicht! Da nennt kein vernünftiger normaler Reiter, außer er braucht die Platzierung für den Verkauf des Pferdes oder die nächste Leistungsklasse. Dann ist es natürlich super dass nur 4 Starter in der Dressurpferde L laufen. Da kann man dann auch richtig stolz drauf sein… nicht

    • Andreas

      @Stefanie
      Da haben Sie recht mit den „Corona-Mehraufwendungen“. Denn da gibt es keine.

      Bei den Gewinngeldern wird ja auch zuerst bei den niedrigeren Klassen gespart – ab Kl. M wird dann meistens normal ausgezahlt.

      So vergrault man auch die letzten Hobbyreiter.

  6. Britta

    Mein Pferd ist Allergiker! Der Tierarzt hat von der Herpes-Impfung abgeraten! Es würde sehr wahrscheinlich seinen Zustand sehr verschlechtern! Das wars! Die Turnierrente wird Ende des Jahres eingeläutet! Ob das Nachwuchspferd gegen Herpes geimpft wird, steht in den Sternen!

    Ich hatte bei anderen Pferden mit der Herpes-Impfung einiges an Nebenwirkungen! Und Spätschäden!

    Und ich weiß wo von ich Rede….ich hatte auch schon Pferde mit Herpes und eines mit der neurologischen Variante! In einigen Jahrzehnten Reiterei kommt ein großer Erfahrungsschatz zusammen.

    Frage ist des Weiteren, ob …..falls die Versorgungslage mit dem Impfstoff so bleibt, wie in den letzten Jahren…..Otto-Normal-Reiter überhaupt immer seine Dosis für sein Pferd rechtzeitig erhält….oder alle paar Jahre neu Grundimmunisieren muß/darf!

    Von Benzinkosten, Nenngebühren, Klimawandel ( Ist es noch zeitgemäß Pferde für ein paar Minuten Wettkampf durch die Lande zu fahren?) Inflation, in den letzten Jahren explodierten Tierarztgebühren fange ich gar nicht erst an!

    Und die Mehrzahl von uns Turnierreitern reitet unter der Kategorie „ und ferner haben diese Veranstaltung gesponsert…“

    Ich kann mich nur Franca, Christine, Stefanie anschließen! 2022 wird meine Abschiedsveranstaltung! Mein Pferd und ich werden es zelebrieren…..ein wenig Wehmut schwingt da schon mit….

  7. Anne

    Ich kann mich den Vorrednerinnen nur anschließen, vor allem bei den Nenngeldern und den Gebühren sollte die FN die Schraube endlich einmal nach unten drehen. Wenn ich sehe, dass ich auf dem einen Turnier (zugegeben mit Top Bedingungen) fast das doppelte an Nenngeld bezahle (für die gleichen Prüfungen und Startplätze), wie auf dem nächsten, frage ich mich schon, wofür…

    Ich frag mich auch:
    Wenn immer mehr ländliche Turniere wegfallen, wo wollen die Profis dann ihre Verkaufspferde finden? Denn die meisten leben vom Handel, nicht von den Turnieren. Und ihre Handelspferde finden sie auf den ländlichen Turnieren.

    Nicht anschließen kann ich mich bei Herpes. Unsere Pferde sind alle geimpft, schon bevor das Pflicht wurde und bislang hat keines eine Impfreaktion gezeigt.

  8. Julia

    Ich schaffe es beruflich und familiär auch nicht, jedes Wochenende zum Turniert zu fahren, der Aufwand ist schon erheblich. Mein Pferd hat leider erst drei Turniere gesehen und ist damit sicherlich kein Routinier. Ich auch nicht mehr, beim ersten Start bin ich ziemlich nervös, was sich auf das Pferd überträgt. Damit sind die ersten hundert Euro eigentlich schon versenkt, denn das kostet ein Turniertag alles in allem locker. Bei den Benzinkosten fahre ich auch nicht eine Stunde zur nächsten Prüfung. Dann habe ich mit Ende vierzig auch keine Lust Prüfungen zu reiten, wo zum einen entweder nur Profis (den oben genannten Richterspruch habe ich beim Protokollschreiben genau so auch schon gehört) oder junge Mädels mit einer Entourage an Ausbilder, Eltern und sonstigen wichtigen Helfern herumlaufen und alle anderen extrem Stressen. Nichts gegen Eltern, die ihre Kinder auf Turniere begleiten, aber es gibt entspannte Eltern und angespannte Eltern.
    Für mich ist es meine Freizeit und ich finde es nett, wenn man mit den Mitreitern eventuell sogar mal ein Wort auf dem Abreiteplatz und bei den Anhängern wechselt. Eine Platzierung ist für mich nicht entscheidend, mein Pferd soll sich gut präsentieren und ich möchte das Gefühl haben, ordentlich geritten zu sein. Was frustrierend ist, ist wenn man sich nur als störendes Anhängsel zum Prüfung vollmachen fühlt, aber das Geld wird gerne genommen. Am Ende sind wir Amateure doch auch die Pferdekäufer und führen unsere Kinder an die Reiterei heran. Ich kenne sehr viele Reiterinnern, die den Turniersport aufgegeben haben, weil der Frust am Ende größer als der Spaß ist. Die Reiterinnen fehlen dann irgendwann auch zum Helfen bei den Turnieren.
    Die Idee mit den geschlossenen Prüfungen ist eigentlich nicht schlecht, aber sehr oft ist das genau die Prüfung, wo ich nicht starte…
    Leider bewegt sich der Reitsport dahin, dass nur sehr vermögenden Menschen dabei bleiben können. Es gab eine Zeit, in der auch normal verdienende Menschen sich ein Pferd leisten konnten. Vielleicht geht das auch noch, aber dann nicht auf einem Niveau, um bei Turnieren zu starten.

  9. Tessa

    Ich kann mich allen Vorrednern nur anschließen und dem hier Gesagten zustimmen. Zusätzlich kommt in den letzten Jahren zu den ganzen erheblichen Kosten meines Erachtens auch noch die teilweise völlig überzogenen Kosten für ein „turniergerechtes“ Outfit. Heutzutage muss man besondes in der etwas höheren Dressur schon an die 1500 bis 2000 Euro für ein perfektes, konkurrenzfähiges Bekleidungsensemble ausgeben….die Stiefel(bitte aus Lack oder geschnürt), die Reithose und Turnierbluse(bitte nur italienische Designerware), der Helm (nur mit Glitzi, sonst geht es gar nicht) und so geht’s munter weiter. Ach ja und da ist da ist ja noch das Pferd, das dann auch noch bitte am Besten mit schwedischen Edelmarken ausgestattet werden möchte….völlig übertrieben und am Ende doch irgendwie nutzlos, denn ich denke gutes Reiten wird nicht vom Marken-Wirr-Warr bestimmt, sondern immer noch von der Liebe zum Pferd und dem Versuch täglich mit dem Pferd eine partnerschaftliche, vertrauensvolle Einheit zu bilden.

    • berndride

      Nun, dann kann ich Ihnen ein kostensparendes Geheimnis verraten: Die Richter interessieren sich weder für Ihr Bekleidungsensemble noch für die Edelmarken des Sattelzeugs. Gutes Reiten reicht völlig auch bei 0815 Ausstattung. Was sie dann bei der Ausstattung sparen geben Sie am besten für Reitunterricht aus. Der Effekt auf die Wertnoten ist deutlich höher.

      • Tessa

        Vielen Dank für Ihre Besorgnis bezüglich meiner Wertnoten, aber keine Angst -die passen. Denn wie erwähnt ,ist für mich gutes Reiten wichtiger als Markenwahn.
        Es ging mir lediglich darum, zu erwähnen das die Ausstattung mittlerweile auch ein immenser Kostenfaktor für Turnierteilnehmer geworden ist, den viele Teilnehmer erst einmal finanziell stemmen müssen. Das gegenseitige Mobbing und der Gruppenzwang auf dem Abreiteplatz kommt dann oft auch noch hinzu.
        Mein Kommentar sollte auch keine Kritik an Turnierrichtern sein. Auch wenn ich persönlich die Erfahrung gemacht habe, das man gerade in höchsten Dressuren in der Siegerehrung auch gerne mal einen Richterkommentar zum Outfit bekommt…..ich trage gerne Springstiefel und stehe auch dazu😃

        • Ralph

          Ausrüstung von Reiter und Pferd muß gepflegt sein. Aber bei weiblichen Teilnehmern ist das auch ein Gruppenzwang, ähnlich wie bei der überteuerten Designer Jeans mit Löchern. 😉

  10. Isabel

    Ich kann mich meinen Vo0rschreibern nur anschließen. Auch wieder ein schönes Beispiel vom vergangenen Wochenende auf einem Turnier: Ausgeschrieben war ein S* Friends Tour: nicht zugelassen sind Pferdewirtschaftsmeister und Pferdewirte „klassische
    Reitausbildung“ sowie Teilnehmer, die durch gewerbsmäßigen Beritt von Pferden Einkommen erzielen. Pferde dürfen nicht in S**/*** auf dieser PLS starten.
    Es ist schon schwer genug sich als Amateur mit einem Pferd bis in die schwere Klasse hochzuarbeiten. Wenn man dann dort ankommt und weiß, trotzdem nur Kanonenfutter zu sein, damit dort trotzdem Reiter mitreiten (besagter Reiter wurde 1. und 2.), die auf ihrer Website schreiben, dass dieser Reiter in der Saison 2021 allein 89. Platzierungen in S*, 33 Platzierungen S** und 12 Platzierungen in S*** und Zitat: „unglaubliche 54.521 Ranglistenpunkte“ hat, dann fragt man sich ernsthaft, ob dieser Reiter in dem Amateur S starten muss. Ist das fairer Sport den anderen Teilnehmern gegenüber?

  11. Inge

    Hohe Kosten sind für uns der eine Teil. Für mindestens ebenso großen Frust sorgen bei uns die nach wie vor die ungerechten Beurteilungen in den Dressurprüfungen.
    Vor ca. 10-15 Jahren habe ich oft genug mit im Richterhäuschen gesessen, um zu protokollieren und Wertnoten einschätzen zu können.
    Neben wirklich nur dummen, z.T. sexistischen Bemerkungen von Richtern über das Aussehen der ein oder anderen reitenden Dame fand ich schon damals besonders schlimm, wie unverhohlen „wichtige“ Reiter:innen – das Töchterlein des Vereinsvorstands / Sponsors, die Enkelin der guten Dressurreiterin, der / die dem Richter persönlich bekannte Profireiter:in, … – mit guten Noten bedacht wurden. Das Richten hätten sich die Richter in vielen Fällen sparen können – einfach überall ungesehen eine mindestens 7,6 reinzuschreiben hätte höchstens zu marginal anderen Ergebnissen geführt.
    Es gab damals einige wenige „Ausnahmerichter“, die wir hoch gefeiert haben. Diese „Ausnahmerichter“ durfte man zwischendurch auch mal etwas fragen, z.B. ob denn bei dem gerade gewerteten Ritt ein geregelter Schritt zu sehen gewesen sei. Diese „Ausnahmerichter“ haben sich getraut, ihre Bewertung zu überdenken und auch auf 5,0 zu korrigieren – und haben bei den Folgeritten fair gewertet. Traurig, dass ein fair erscheinender Richter schon damals die Ausnahme war – und auch bis heute nicht die Regel ist.
    Ich hatte gehofft, dass sich innerhalb eines Jahrzehnts vielleicht etwas ändert.
    Hat es leider nicht.
    Unsere erneute Einschätzung beruht auf Beobachtungen diverser Prüfungen eines am letzten Wochenende besuchten Dressurturniers. Wir waren schlussendlich einfach nur noch entsetzt. Vieles erscheint einfach unglaublich ungerecht.
    In den unteren Klassen kommt es offensichtlich nicht auf die korrekte Ausführung einer Aufgabe an, sondern ausschließlich auf die Wichtigkeit des Reiters. Wer mit einem Hafi oder Tinker erscheint, hat sowieso schon verloren.
    Was uns zudem negativ aufgefallen ist:
    – Da darf eine „wichtige“ Person um den Dressurplatz herumreiten, um ihrem Pferd diesen vor Beginn der Prüfung zu zeigen. Alle anderen dürfen das nicht – nicht mal im Nachhinein in einer Pause und nachdem das Pferd in der Prüfung gescheut hat.
    (Hilfreich wäre hier vielleicht schon, wenn alle Reiter:innen – wie in Springprüfungen auch – vor Beginn der Prüfung das Recht auf etwas Zeit nach einem Glockenzeichen hätten, um wenigstens eine Runde über den Platz zu reiten.)
    – Da wird eine „wichtige“ Person mit mindestens einer ganzen Wertnote höher bedacht als gerechtfertigt gewesen wäre, während mehrere andere für eine wirklich ordentliche Reiterleistung eine 5,0 kassieren.
    – Da wird ein eigentlich sonst als Abreiteplatz dienender Platz zum Dressurplatz umfunktioniert (nur damit bei eigentlich sowieso schon mangelndem Zuspruch für dieses Turnier) zwei Dressurprüfungen gleichzeitig stattfinden können. Auf dem Prüfungsplatz (dem eigentlichen Abreiteplatz) scheuen dann einige Pferde vor einer mannshohen, um einen Mast am Rand des Vierecks drapierten Autoreifenformation.
    – Da werden die Hälfte aller Teilnehmer mit Schleifchen bedacht, damit eine „wichtige“ Person, die mit 2 Pferden gestartet ist, auch mit ihrem 2. Pferd noch platziert ist.
    Ich finde sehr traurig, dass Fairness gegenüber anderen Reiter:innen gerade im Dressursport so augenscheinlich mit Füßen getreten wird. Ich frage mich zudem, ob all die erkauften / geschenkten Schleifchen den „Siegern“ wirklich nutzen, oder ob damit nicht vielmehr lauter egoistische, egozentrische Reiter:innen herangezüchtet werden.
    Wir jedenfalls wollen nicht mehr die sicher erheblich mitfinanzierenden Dummen sein, auf deren Kosten die „wichtigen“ Personen überhaupt erst nennenswerte Siege (dazu gehört für mich insbesondere ein größerer Teilnehmerkreis) erzielen können – und kehren den Dressurturnieren endgültig den Rücken.
    Schade für uns, schade für die Veranstalter, schade für die Zukunft des Turniersports im Amateurbereich, denn wir sind sicher nicht die Einzigen, die keine Lust mehr auf Dressurturniere haben.
    Aus anderer Perspektive betrachtet gebührt dem Veranstalter ein Dank, denn wir sparen in Zukunft auch all die Kosten, über die zuvor diskutiert wurde.

  12. Frau P.

    Es ist doch ein allgemein bekanntes, aber unaussprechlich offenes Geheimnis, dass der größte Teil der Turniere so oder ähnlich abläuft, wie von Inge beschrieben.

    Schon beim Abreiten oder Erklären der Startbereitschaft sind sich alle einig, wie die Richter des Tages richten werden und welche Dauerteilnehmer eh platziert sind. Seltsamer Weise kommt dabei die reelle Leistung in den seltensten Fällen vor. Wer sich dann denkt „ach, das ist doch nur der Neid, der spricht“, kommt sehr ernüchtert vom ehrenamtlichen Job des Protokollierens im Richterhäuschen auf den Boden der Tatsachen zurück.

    Dann kommt der fade Beigeschmack der Arbeitsplätze hinzu. Reiter, Trainer (auch selbsternannte) und Eltern, mit dem gewetzten Messer zwischen den Zähnen. Erinnerungen an Kim Raisner kommen auf. Diese unangenehme Stimmung habe ich in keinem Wettkampf anderer Sportarten erlebt, mit so vielen heimlichen Bundestrainerinnen und Bundestrainern an der Bande.

    Wer dann seine eigene Sichtweise selbstkritisch hinterfragen will, sucht vergeblich in Protokollen oder Gesprächen nach nützlichen Hinweisen – egal auf welchem Niveau.

    Wer hat auf diesen Zirkus denn noch Lust? Wie viel müssten mir Erfolge wert sein, um für so ein zwischenmenschlich frustrierendes Ereignis Geld zu investieren? Da müssten sich schon mehr Dinge ändern, als das Nenngeld.

    Da aber über „dieses Niveau“ nicht berichtet wird, am Ende diese sehr breite Masse ohne wirkliche Aufmerksamkeit „unter dem Radar“ weiterfliegen kann, hat sich hier in 30 Jahren erstaunlich wenig verändert. Alle können so weitermachen, die Wertnoten bleiben hoheitliche Geheimsache, die Skala ist dehnbare Ansichtssache, die reiterlichen Werte Privatsache.

    Und nun? Liebe St. Georg, die Empfehlung (im Konjunktiv) von Herrn Lauterbach ist doch ein Anfang, aber werden Sie dieses Umdenken auch unterstützen und die Basis mit mehr Aufmerksamkeit stärken, gutes Reiten und Richten selbst auf A oder L-Niveau verstehbar machen und zur breiten Meinungsbildung beitragen?

    P.S. zur Wortwahl – ich hoffe doch, kein Reiter möchte eine Verletzung seines Pferdes auf zu tiefem oder rutschigem Boden riskieren – unabhängig von dessen monetärem Wert… ganz ehrlich, es (***) nervt, dass diese Unterscheidung immer noch bespielt wird.

  13. Remling-Emmrich

    Hallo, liebe Dressurreiter von heute, das war schon immer so. Ich habe in den 80er Jahren die Richterprüfung abgelegt und war angetreten mit der Absicht, die Dressurrichterei gerechter zu machen, wenigstens dazu beizutragen. Nach drei Jahren als Nachwuchsrichter habe ich aufgegeben und mich vom Turniersport komplett zurückgezogen.


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