Die Europameisterschaft in Avenches war der letzte Auftritt von Mark Todds Olympiapartner in Rio, dem Holsteiner Leonidas, der nach Todds Abschied von dem Iren Padraig McCarthy weiter geritten wurde. „Leo“ ist ein Pferd, zu dem St.GEORG-Herausgeberin Gabriele Pochhammer ein besonderes Verhältnis hat …
Wehmut, Stolz und Erleichterung standen nebeneinander, als die Besitzer von Leonidas, Diane Brunsden und Pater Catell, mir, der Züchterin, in Avenches sagten, dass Leo soeben seine internationale Karriere beendet habe. Bei der EM hat er noch einmal gezeigt, was er konnte: genial gesteuert von Padraig McCarthy, mit einer makellosen Geländerunde, eine Sekunde unter der Bestzeit und damit gemeinsam mit Cartania von Felix Vogg quasi Geländesieger. „Er hat das Herz eines Löwen“, sagte Padraig, „er gibt niemals auf.“ Im folgenden Springen zeigte er uns dann, dass er nunmehr seine Rente eingereicht hatte. Er hat sie sich verdient. Fünfmal Badminton ohne Hindernisfehler, ich glaube nicht, dass es ein zweites deutsches Pferd gibt, dem das gelungen ist. In 47 Internationalen Prüfungen war Leo 27 Mal unter den Top Ten.
Von Nichts kommt nichts
„Mein“ Leo – als Züchter gibt man ein Pferd ja niemals ganz her – ist inzwischen 17 Jahre alt. Jahre in denen er mir, wenn auch meist aus der Ferne, unendlich viel Freude gemacht hat. Er war ein besonders schönes Fohlen, einfach gut anzusehen mit seinem edlen Gesicht und dem großen Auge. Das hatte er von seiner Mutter Pauline, einer Tochter aus altem Vornholzer Stamm mit viel Ramzes-Blut, und seinem Großvater Parco xx, einem Vollblüter, der in Irland bis zum neunten Lebensjahr gelaufen war, schon er ein Pferd, das niemals aufgab. Beim Freispringen in Neumünster gefiel mir der saubere, quasi professionelle Sprung. Stamina und Leistungswillen hat Leo auch von seinem Vater Landos v. Lord, einem eher kalibrigen Holsteiner, der gleichwohl Olympiapferde in allen drei Disziplinen produzierte. Er ist auch der Vater von London, dem Pau-Sieger und Tokio-Goldmedaillenpferd von Laura Collett.
Als Absetzer kam Leo zu meinen Freunden, der Familie Meyer zu Hartum nach Herford, um mit Gleichaltrigen aufzuwachsen. Als ich ihn dort besuchte und mich am Rande des Paddocks mit meiner Freundin unterhielt, stupste mich von hinten jemand an. Es war Leo, er war durch den Gummilattenzaun gekrabbelt, um Hallo zu sagen.
Leo hatte viel Glück in seinem Leben. Nach unbeschwerter Jugend wurde der Reiter und Pferdehändler Philipp Kolossa auf ihn aufmerksam. Er nahm den Vierjährigen mit zu ersten Geländepferdeprüfungen, wo er oft ältere Pferde hinter sich ließ.
Und dann rollte eines Tages ein Auto auf den Hof, drinnen saß Mark Todd, die Legende, der zweifache Olympiasieger, OMG! Er probierte Leo und nahm ihn mit nach England. Von da an ging er einen geraden Weg in den Spitzensport, von mir jede Woche mit erwartungsvollem Klicken auf den entsprechenden Websites begleitet.
Badminton-Premiere
Dann kam sein erster von fünf Badminton-Auftritten. Ich weiß noch, wie mir die Tränen in die Augen stiegen, als ich „mein“ Pferd bei der Verfassung vor Badminton House sah: so frisch, so elegant, so klasse. Dann kam der denkwürdigste Geländetag, an den ich mich erinnern kann, es regnete und stürmte, dass die Reiter fast vom Pferd geweht wurden. Ich stand am Wasser, blass und kurzatmig, sodass mir Passanten einen Stuhl anboten.
Dann kam Leo, sprang nach links ins Wasser statt nach rechts, wo der nächste Sprung stand. Mark musste einen weiten Bogen reiten und Leo musste ein Stückchen schwimmen. Er ist ja nicht der Größte. Am Ende standen null Hindernisfehler, viele Zeitstrafpunkte und dennoch Platz 14. Nur ein Drittel der Starter beendete die Prüfung.
Es folgten noch vier weitere Badmintons für Mark und Leo, darunter in drei aufeinanderfolgenden Jahren unter den ersten sechs. Aber dieses erste war für mich seine größte Leistung. In Burghley war er Sechster, in Rio Siebter, bester Holsteiner der Spiele, hinzu kamen Erfolge in britischen Prüfungen.
Als Mark seine Karriere beendete, bekam Leo den zweiten Weltklassereiter, den irischen Vize-Weltmeister Padraig McCarthy, mit dem er im Frühjahr 2021 die lange Viersterne-Prüfung in Barocca d’Alva gewann. Aber jetzt wartet ein neuer Lebensabschnitt auf ihn.
Diane Brunsell wird ihn reiten, zu ihrem und seinem Vergnügen. „Darauf freue ich mich, er ist wunderbar zu reiten“, sagte sie. „Ich kann es kaum erwarten.“
Wenn man als Züchter sein Pferd in andere Hände gibt, kann man nur noch hoffen und beten, dass es Menschen findet, die seine Talente zum Leuchten bringen, dass es ihm gut geht. Alles das hat Leo bekommen. Ich sage einfach mal: danke Philipp, Mark und Padraig und alle anderen, denen er ans Herz gewachsen ist.
Und danke Leo, have fun!
Wiiieeee mich das freut fuer dieses wunderbare Pferd ! Ich hatte sooo darauf gehofft, dass man diese Entscheidung treffen wuerde. Eben echte Pferdeleute !