Erstmals wurde eine Reiterin in einem englischen Rennen disqualifiziert, weil sie ihr Pferd zu oft mit der Peitsche geschlagen hat. Bisher gab es nur Sperren für einige Renntage. Damit machte der Dachverband ernst mit den Empfehlungen einer Expertengruppe, die untersuchen sollte, ob die Peitsche noch mit der „Social License“ zu vereinbaren sei.
Heute geht der Blick mal wieder nach England. Im Mutterland des Rennsports brennt ja seit mehr als einem Jahr eine Debatte über den Gebrauch der Peitsche in Rennen, Stichwort Social License, also die Frage, inwieweit die öffentliche Akzeptanz des Sports verloren zu gehen droht. Seit Februar gelten neue Peitschenregeln in Großbritannien, statt acht sind bei Hindernisrennen nur noch sieben Schläge erlaubt, nur auf die Schulter und nicht von oben herunter mit hoch erhobenem Arm. Gleich am ersten Wochenende, an dem die neuen Regeln galten, wurden 20 Jockeys auf britischen Rennbahnen wegen Peitschenmissbrauchs sanktioniert.
In die Geschichte einzugehen, ist ja meist eine feine Sache verbunden mit ein bisschen Ruhm für eine besondere Leistung. Aber nicht immer. Charlotte Jones wird sich wohl kaum freuen, dass sie nun nicht nur die erste Frau, sondern der erste Mensch ist, der wegen übermäßigen Peitschengebrauchs von einem Rennen disqualifiziert wurde. Elfmal ließ sie ihr Pferd Lunar Discovery die Peitsche spüren, viermal häufiger als erlaubt. Was früher lediglich mit einer Sperre für einige Tage geahndet worden wäre, führte nun zur automatischen Disqualifikation – die Jury hatte keinerlei Ermessensspielraum mehr. Disqualifikation bedeutet, wie im Reitsport auch, keine Platzierung und damit verbunden kein Preisgeld für den Besitzer, keine Prämien für Trainer und Jockey, der noch eine Strafe obendrauf zahlen muss – und eventuell auch ein Verlust an Renommée, wenn dem Pferd ein wertvoller Leistungsnachweis fehlt, also ein geldwerter Nachteil. Übrigens auch für die Wetter, denn wird die Disqualifikation vor dem Zurückwiegen ausgesprochen, werden die Wetten nicht ausgezahlt. Bereits ausgezahlte Wetten bleiben unberührt. Wegen des Wettgeschäfts schreckte man bisher von dem Instrument Disqualifikation außer bei schweren Vergehen wie Doping zurück.
Das von der British Horse Racing Association (BHA) eingesetzte „Whip-Review Committee“ aus 15 Fachleuten hatte das Instrument der Disqualifikation ins Spiel gebracht, seitdem wurde es heftig diskutiert und schließlich doch ins Regelwerk eingebaut. Am 13. Februar trat es in Kraft. Mit der Disqualifikation von Charlotte Jones und 19 anderen Jockeys habe man ein klares Zeichen in Richtung Wiegeraum senden wollen, erklärte ein BHA-Sprecher.
Kaum minder hart bestraft wurde der 23-jährige Profijockey Lorcan Williams. Er wurde 18 Tage für neun Peitschenschläge, also zwei zu viel, bestraft, die er seinem Pferd Makin’yourmindup bei einem Rennen in Haydock verpasst hatte. Zu der üblichen Sperre von 14 Tagen kamen vier hinzu für die Schläge, die von oben herunter ausgeführt worden waren, außerdem muss er 1050 Pfund zahlen. So wird er beim Cheltenham Festival aussetzen müssen, eines der beiden wichtigsten Hindernis-Events in Großbritannien, und das ist für einen Jockey natürlich bitter. Er sei am Boden zerstört, sagte Williams.
Eine hitzige Debatte hat sich auch an einem Foto von Rachel Blackmore auf einem Werbeplakat für das Cheltenham Festival entfacht. Es zeigt sie nach dem Sieg im Cheltenham Gold Cup im vergangenen Jahr über den Rasen galoppierend. Doch in der hochgereckten Faust fehlt was. Die Peitsche, die sie in der unbearbeiteten Version des Fotos hielt, hatte man wegretuschiert. In vorauseilendem Gehorsam, um vor dem Publikum nicht als Tierquäler dazustehen? Ich finde, man kann auch übertreiben. Wenn die Peitsche in bestimmtem Rahmen erlaubt ist, gibt es schließlich keinen Grund, sie einfach verschwinden zu lassen, oder? Das könnte als schlechtes Gewissen interpretiert werden.
Deutschland
Und was macht der deutsche Rennsport? In Deutschland beschäftigte sich ebenfalls eine Arbeitsgruppe im Dachverband Deutscher Galopp mit dem Thema Peitsche. Am ersten Januar 2023 wurden die Regeln verschärft, erlaubt sind nur noch drei statt fünf Schläge. „Verstöße werden in Zukunft noch konsequenter und härter bestraft“, heißt es in einer Mitteilung des Verbandes. Schon nach den alten Regeln kam es nicht nur auf das Wieviel an sondern auch auf das Wie. Pferde, die keine Gewinnchance mehr haben, dürfen ebenso wenig geschlagen werden wie ein Pferd, das als sicherer Sieger dem Zielpfosten entgegenstrebt. Doch die Diskussion dürfte damit nicht beendet sein.
Ein sofortiges Verbot der Peitsche in allen Rennen forderte der australische Verhaltensforscher Professor Paul Mc Greevy von der Universität Sydney. Er begründet in zehn Punkten, wonach der Einsatz der Peitsche keinerlei messbare Vorteile bringe. Die Haut von Pferden sei nicht dicker und deswegen auch nicht unempfindlicher als die von Menschen, damit widerlegt er die Behauptung, die Schläge verursachten dem Pferden weniger Schmerzen. Anders als oft behauptet liefen die Pferde bei Peitscheneinsatz nicht schneller – das haben laut McGreevy Messungen im Zielbereich ergeben. Die Einhaltung der Peitschenregeln sei zudem in einem galoppieren Pulk schlecht zu kontrollieren. Wahrscheinlich werde häufig der Einsatz übersehen. „Das wiederholte Schlagen müder Pferde in der Schlussphase eines Rennens ist wahrscheinlich belastend und verursacht Leiden“, sagt McGreevy. „Ist es ethisch vertretbar, ein Pferd im Namen des Sports zu schlagen? Wenn die Antwort Nein lautet, stellt sich nur noch die Frage: Warum wird weiter an der Peitsche festgehalten?“
Und wie ein Rennsport ganz ohne Peitsche aussehen würde, darüber werden sich noch viele Berufene und Unberufene die Köpfe heiß reden.Air Jordan 4 Retro Off – CV9388 – White Sail – 100 – Jordan Brand quietly slipped in a new rendition of the low-top | air jordan 1 low outlet
Es wäre schön, wenn nicht nur das Schlagen (konsequent) sanktioniert würde, sondern es auch Zusatzpunkte für das Nicht-Schlagen gäbe.
Dass unangenehme oder gar potenziell schädliche oder gefährliche Situationen verharmlost oder sogar herbeigeführt werden, um mit Erfolg glänzen zu können, hat just Uwe Weinzierl am Samstag auf einer neuen Plattform demonstrieren dürfen. Völlig unabhängig von Sympathie oder Einstellung zu seinem Arbeitsansatz durfte er zeigen, wie er ein von ihm „korrigiertes“ Pony zum Erstaunen der Besitzerin ohne jede Sicherheitsvorkehrung – nicht einmal Beinschutz – in einen fahrenden Hänger einsteigen ließ, um seine Künste zu beweisen. Weitere schwierige Punkte wurden heiß diskutiert.
So lange dieser verantwortungslose Umgang bei uns im Frühabendprogramm als empfehlenswert dargestellt wird, ist wirklich niemandem, vor allem den Pferden nicht, geholfen. Dann verwundert es nicht, wenn es schon schwierig ist, über Gertenschläge zu diskutieren.