Plötzlich und unerwartet beendete die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI) die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Club der Vielseitigkeits-Offiziellen (IEOC). Die
Begründung war dürr: Das Vertrauen sei verloren gegangen, hieß es lapidar seitens der FEI. Doch was steckt wirklich dahinter? Versuch einer Erklärung.
Die Scheidung zwischen dem Weltverband FEI und einem wichtigen Stakeholder, dem IEOC, wurde den Mitgliedern der Vielseitigkeitskommission lapidar während einer Sitzung mitgeteilt. „Wir waren auch überrascht“, sagt Richterin und Kommissionsmitglied Anne Mette Binder. Die Entscheidung, die Zusammenarbeit mit dem Eventing Offiziellenclub zu beenden, hatten die Hauptamtlichen im FEI-Hauptquartier in Lausanne getroffen, namentlich Präsident Ingmar de Vos, Generalsekretärin Sabrina Ibáñez und die Leiterin der Abteilung Vielseitigkeit, Catherine Norinder.
Worin der Vertrauensbruch genau bestanden haben soll, darüber wird seitens der FEI weitgehend Stillschweigen bewahrt. Das „Memorandum of Understanding“ (MoU) wurde nicht erneuert.
Eine solche Kooperationsvereinbarung zwischen der FEI und bestimmten am Sport beteiligten Gruppen wie Offizielle, Reiter, Organisatoren, „Stakeholder“ genannt, gibt es in allen drei olympischen Disziplinen.
Der IEOC war eine der ersten Stakeholder-Gruppen, mit der ein MoU unterzeichnet wurde. Vor 23 Jahren wurde sie ins Leben gerufen unter anderem vom langjährigen deutschen Richter Dr. Bernd Springorum.
Mit der Unterzeichnung des MoU bekommt die Gruppe Einfluss auf Regeländerungen der FEI, kann eigene Vorschläge und Ideen einbringen. Künftig hat der IEOC keine Stimme mehr in der FEI.
In einer Pressemitteilung der FEI heißt es, die Belange der Offiziellen, also Richter, Stewards, Parcourschefs, würden weiterhin wahrgenommen, und zwar durch Komiteemitglied Anne Mette Binder.
Schwebendes Verfahren
Die hielt sich auf meine Anfrage hin freilich sehr bedeckt, es handele sich um ein schwebendes Verfahren, sagt sie. Denn der 500 Mitglieder starke IEOC, der zurzeit vom früheren irischen Buschreiter Andrew Griffith geleitet wird, will den Rausschmiss, der ja nichts anderes ist als ein massiver Verlust von Einfluss und Gestaltungsmöglichkeiten, nicht klaglos hinnehmen.
Der Club hat das FEI-Tribunal angerufen und ist bereit, auch zur nächsthöheren Instanz, dem Court of Arbitratioin of the Sport (CAS) zu gehen.
Nachwuchsprobleme
Es kriselte schon seit längerem zwischen Weltverband und IEOC. So wurden seitens der FEI Briefe einfach nicht beantwortet, Vorschläge nicht weiter verfolgt, Ratschläge in den Wind geschlagen. Schon vor einiger Zeit warnte der Club vor dem wachsenden Problem, geeignete Nachwuchskräfte zu finden, sei es als Richter, Stewards, Technische Delegierte oder Parcourchefs. Gerade im Bereich des Geländeaufbaus werden die Probleme immer größer.
„In Deutschland gibt es nur sehr wenige Aufbauer, die Vier- und Fünfsterneprüfungen bauen dürfen“, sagt Julia Otto, die Turnierchefin des CCI5* Luhmühlen. Das sieht selbst im Mutterland des Eventing, in Großbritannien, nicht viel besser aus.
Bewährte Championatsaufbauer wie Mark Phillips und Ian Stark haben altersbedingt ihren Rückzug angekündigt. Neue kommen kaum nach, nicht zuletzt, weil die Ausbildung verbunden mit praktischer Erfahrung langwierig und mühsam ist und vieles aus eigener Tasche bezahlt werden muss.
„Ich hatte gehofft, dass mehr Spitzenreiter sich nach ihrer Karriere für Parcoursdesign interessieren würden, wie Mark Todd oder Andrew Nicholson, aber irgendwie hat das nicht geklappt“, sagt Julia Otto. Der eine trainiert Rennpferde, der andere coacht das Schweizer Buschteam.
Auch der Weg zum Richter auf höherem internationalem Niveau wurde nach einer Reform der Richterausbildung zunehmend mühsamer, teurer und damit weniger attraktiv für viele. Der IEOC wurde nicht hinzugezogen, die schriftlichen Fragen der IEOC-Mitglieder, übermittelt in einem achtseitigen Survey, wurden nicht mal beantwortet.
Keine Unterstützung
Andere werfen der FEI mangelnde Unterstützung der Männer und Frauen vor, die in ihrem Namen vor Ort bei den Turnieren tätig sind. Als der Richter Christian Landolt im vergangenen Jahr in den sozialen Medien übel beschimpft wurde, weil er einen Reiter, der sein Pferd mit blutigem Maul vorgestellt hatte, ausschloss, tat die FEI wenig bis gar nichts, um ihm den Rücken zu stärken.
Landolt hat sein Amt inzwischen niedergelegt, genauso wie der deutsche Richter, TD, Parcourschef und langjährige Bundestrainer Martin Plewa, der sogar anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen musste, um sich gegen eine unberechtigte Verwarnung der FEI zu wehren; dabei hat er sich fast 20 Jahre lang für die FEI in der internationalen Richterausbildung engagiert.
Fehlender Respekt vorm Ehrenamt
Hört man sich das alles an, ist kaum vorstellbar, dass sich nicht eines dieser Probleme durch vernünftige Diskussion, gegenseitiges Zuhören, Respekt und auch Wohlwollen nicht hätte lösen lassen. Es sind doch alle erwachsene Menschen!
Stattdessen lässt die FEI die Muskeln spielen. Respekt geht anders. Etwas mehr Souveränität gegenüber denen, die man dringend braucht, denen der Sport so am Herzen liegt, dass sie dafür viel Zeit und Geld opfern, hätte man den bezahlten Kräften in Lausanne gewünscht. Stattdessen: Ganz kleines Karo!
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