Moment mal! Die 40-Prozent-Hürde

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

Deutsche Buschpferde sind international gesucht, weil die besten unter ihnen alles können, eine ordentliche Dressur, eine sauberen Parcours und eine flotte Geländerunde. Doch dafür braucht es mehr als nur einen Tropfen Vollblut. Nicht mehr so viel wie früher, aber 40 Prozent sollten es schon sein. Eine Recherche von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer.

Lucinda Green, britische Vielseitigkeitsikone der 1970er- und 80-Jahre, heute eine gefragte Trainerin und Buchautorin, hat es gleich gewusst. Die Veränderungen in ihrem Sport, dem „Eventing“, würden am Ende dazu führen, dass immer mehr Reiter auf den Kontinent fahren, um Pferde zu kaufen und sich für die deutschen Züchter neue Marktchancen auftun, zu Lasten der hochblütigen Buschpferde von den britischen Inseln. Lucinda, unter ihrem Mädchennamen Prior-Palmer unter anderem 1982 Vielseitigkeitsweltmeisterin in Luhmühlen, hat recht behalten, wenigstens zu einem großen Teil.

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Es ist 20 Jahre her, dass die Vielseitigkeit komplett umgestaltet wurde, dass die rund 20 Kilometer lange Geländestrecke durch den Wegfall der beiden Wegestrecken und der Rennbahn auf ein Drittel eingedampft wurde. Das sollte der Sicherheit von Reitern und Pferden dienen und Unfälle minimieren.

Vom Härtetest zum Dreikampf

Es war gewiss keine Verschwörung kontinentaler Pferdehändler, um den Insulanern Marktanteile zu rauben. Aber aus dem Härtetest für das vielseitige Pferde wurde ein Dreikampf aus den drei Disziplinen Gelände, Dressur, Springen, wobei die Anforderungen in den beiden letztgenannten erhöht wurden. Konnte früher auch ein Pferd gewinnen, das gelangweilt durchs Viereck stöckerte, um erst im Cross zu zeigen, was in ihm steckt, so kann man ohne eine vernünftige Dressur heute keinen Blumentopf mehr gewinnen. Ein anderer Sport verlangt andere Pferde, so einfach ist das.

Wer als deutscher Buschreiter was auf sich hielt, fuhr nach England oder Irland um sich Pferde zu kaufen. Am liebsten einen Dreiviertel- oder Siebenachtelblüter. Jetzt kommen die internationalen Reiter nach Deutschland, Frankreich, Belgien oder Niederlande, um sich einzudecken. Elmar Lesch, einer der wenigen Händler in Deutschland, die sich auf Vielseitigkeitspferde spezialisiert haben, sagt: „Die Hälfte meiner Kunden kommt aus dem Ausland.“ Kunden, die früher auf Pferden aus dem eigenen Land saßen: Briten, Australier, Neuseeländer. Vor der Corona-Epidemie, als das Reisen unkomplizierter war, seien es sogar 70 Prozent gewesen, so Lesch. Der Bedarf sei nach wie vor groß, weswegen er auf allen Kanälen nach jungen Buschtalenten sucht. In der Statistik des Weltzuchtverbandes WBFSH 2021 belegt Holstein als erfolgreichste deutsche Buschzucht bei den Zuchtgebieten Platz zwei, knapp geschlagen vom französischen Zuchtverband Selle Français. Von den zehn erfolgreichsten Holsteinern 2021 gingen sieben unter Reitern anderer Nationen.

Viel Blut ist gut

Der Blutanteil der Top Ten der Vielseitigkeitspferde laut WBFSH-Statistik bewegt sich zwischen 77,3 Prozent (Vassily de Lassos v. Jaguar Mail unter dem Tokio-Dritten Andrew Hoy) und 44,53 Prozent (JL Dublin v. Diarado, das EM-Siegerpferd der Britin Nicola Wilson). Der Ranglistenführer 2021, der Holsteiner Landos-Sohn London der britischen Mannschaftsolympiasiegerin Laura Collett führt 52,34 Prozent Vollblut.

Zum Vergleich: Julia Krajewskis Olympiasiegerin Amande de B’Neville hat 45,3 Prozent Vollblut, Michael Jungs Chipmunk sogar 55,47 Prozent.

40 Prozent mindestens, das sollte es schon sein, sagt Elmar Lesch. Wobei er das, was man „Blut“ nennt, nicht nur an den Vollblutahnen im Pedigree festmacht. „Es gibt Pferde, mit einem relativ geringen Blutanteil, die sind spritzig und ehrgeizig, und andere mit 50 oder 60 Prozent, die sind schwer und triebig, die reinsten Eisenbahnschwellen.“

Lesch findet, dass beim Bundeschampionat in Warendorf oft die falschen Pferde vorne stehen, die zwar spektakulär springen, aber am Ende nicht die Galoppade, die Schnelligkeit und die Ausdauer für den gehobenen Geländesport mitbringen. „Blutpferde sind drahtiger und einen Tick intelligenter“, sagt er. „Und vor allem langlebiger.“ Das heißt, die Karriere ist nicht schon mit zehn Jahren zu Ende, sondern diese Pferde können an der Spitze mithalten, bis sie 14, 15 Jahre oder noch älter sind. Natürlich könne man Kondition und Konstitution bis zu einem gewissen Grad trainieren. Aber leichter geht’s, wenn diese Eigenschaften schon zum Erbgut gehören.

Daran hat sich nichts geändert: Wer die Vielseitigkeit liebt, der liebt auch das Blutpferd. Und sieht mit Sorgen, wie der Vollblutanteil in unseren Reitpferdezuchten von Jahr zu Jahr sinkt. (Siehe SG 2/22) Wenn die Züchter keine Vollbluthengste benutzen, wird es eines Tages auch keine Halbblutstuten mehr geben, die das Blut in den Mutterstämmen verankern. Denn mehr noch als in der F1-Generation, also bei den direkten Nachkommen, zeigt sich der sportliche Wert des Blutes oft erst in zweiter oder dritter Generation.

Die Gründe für die Zurückhaltung der Züchter sind bekannt, einer davon hat mit Geld zu tun. Pferde mit reinen Springgenen lassen sich teurer vermarkten als Vollblutkinder, ob Fohlen, gekörter Halbbluthengst oder erfolgreiches Sportpferd. Es habe aber auch, so Elmar Lesch, mit falscher Zuchtpolitik zu tun. „Fast alle Holsteiner Stämme zum Beispiel gehen auf bedeutende Vollblüter zurück, wie Rantzau xx (der Vater von Cor de la Bryère) oder Ladykiller xx. Die wenigsten Verbände heute halten Blüter bereit, auch weil sie nur wenige Stuten bekommen, aber doch ihr Unterhalt Geld kostet.“ Wenige Nachkommen, geringe Chancen, sich zu profilieren, so die bittere Konsequenz.

Heraldik xx hat einige Saisons mehrere hundert Stuten gedeckt“, sagt Lesch, „da konnte man über die Nachzucht eine Aussage treffen.“ Von solchen Zahlen können die Vollbluthengste, die heute in der Sportpferdezucht decken, nur träumen. Ihre Halter können froh sein, wenn die Stutenzahl zweistellig ist. Gefragt sind Pferdeleute, die ein Händchen für den richtigen Blüter haben. Die sich unter den Hengste, die sich im angelsächsischen Steeplechase-Sport einen Namen gemacht haben, umschauen. Problem: Die Steepler selbst sind oft schon Wallache, aber die großen irischen, französischen und englischen Gestüte halten Hengste mit Steeple-Genen vor. Man muss sie nur finden.dolce gabbana portofino lace up sneakers item | Sneaker News & Release Calendar for 2023 in UK | Grailify | 1576 nike air jordan 1 grises y negras

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

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  1. Friederike

    „… aber die großen irischen, französischen und englischen Gestüte halten Hengste mit Steeple-Genen vor. Man muss sie nur finden.“

    Wie wäre es den mal mit einer Reportage über derartige Hengste mit Namen, Abstammungen, Anpaarungsideen?

  2. Müller

    Einzelne Pferde aus Datenbanken zu zitieren, wie aus der WBFSH-Statistik, ist aus meiner Sicht nicht aussagekräftig.
    Schaut man auf den Zeitraum des neu eingeführten Kurzprüfungssystems welches in dem Beitrag zitiert wird, stellt man zumindest bei den deutschen Medaillengewinnern in der Vielseitigkeit ab 2005 bis 2021 fest, dass 93% der Medaillengewinnerpferde mehr als 50% Vollblutanteil und sogar 54% der Medaillengewinnerpferde einen Vollblutanteil von über 75% haben.
    Die Quelle dieser Daten ist auf der Homepage https://vollblut-zukunft.de/sport/blog-post-title-four-dwfg7 zu finden.


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