Die Weltreiterspiele sind Geschichte. Das Chaos der 2018er Ausgabe von Tryon hat dem gigantomanem Konzept den Hals gebrochen. Und den Weltreiterverband (FEI) viel Geld gekostet. Dabei wollte der Club eigentlich Geld verdienen. St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer hat Sturm Florence überlebt und kommentiert das Chaos.
Am Ende standen heftige Vorwürfe im Raum: Erpressung, nicht eingehaltene Zusagen, hart an der Grenze zum Betrug, Selbstüberschätzung und Raffgier. Auch wenn das Fazit über die Weltreiterspiele in Tryon, das die Generalsekretärin der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI), Sabrina Ibañez jetzt der Vollversammlung in Bahrain vorlegte, sich einer gemäßigten Wortwahl bediente, waren die Fakten eindeutig. Trotz der erschwerten Bedingungen, zu denen das Veranstalter-Team um den Immobilien-Milliardär Mark Bellissimo agierte, eine Vorbereitungszeit von nur knapp zwei Jahren, waren viele Probleme hausgemacht und vermeidbar.
Es sollten die besten Weltreiterspiele aller Zeiten werden, hatte Mark Bellissimo getönt, als er den Zuschlag für die Championate in acht Pferdesportdisziplinen erhielt. Jetzt wurde er zu ihrem Totengräber. Es wird in dieser Form vorläufig keine Weltreiterspiele mehr geben. Schon für 2022 wird die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI) die Disziplinen einzeln vergeben, lediglich Dressur und Paradressur werden zusammengespannt. Angebote für mehrere Disziplinen werden bevorzugt, und auch Gebote für eine Neuauflage der Weltreiterspiele werden entgegengenommen. Es gibt sie bloß nicht. Und es ist nicht zu erwarten, dass sich noch einmal ein Veranstalter nach den Erfahrungen von Tryon das Mammutturnier antut.
Dass im September so viel schief ging, lag nicht allein an der organisatorischen Herausforderung. Es lag auch am Unvermögen der Veranstalter, an Planungsfehlern, vor allem aber daran, dass Mark Bellissimo ganz andere Prioritäten setzte als der Weltreiterverband. Nicht an den bestmöglichen Reiterspielen war ihm gelegen, sondern am zügigen Fortgang seiner Immobilienvorhaben, vor allem am Ausbau seiner Luxus-Reitsportanlage. Am Ende musste die FEI 2,7 Millionen Schweizer Franken zuschießen anstatt eine Million als Franchise-Gebühren einzunehmen und das zu einem Zeitpunkt, an dem es kein Zurück mehr gab. Die FEI war erpressbar geworden und hatte keine Handhabe mehr, auf die Zusagen von Mark Bellissimo zu pochen, wollte man nicht den Worst Case, die Absage, riskieren. Pferdesportler aus aller Welt hatten sich vorbereitet und nicht nur Energie und Trainingszeit investiert, sondern auch eine Menge Geld.
Das Orga-Team viel zu klein, es musste darüberhinaus im Vorfeld laufend weitere Turniere organisieren, die im Tryon International Equestrian Centre (TIEC) das ganze Jahr auf dem Terminplan stehen. Das zog dringend benötigte Kapazitäten ab. Es fehlte an Kommunikation und teilweise auch an Expertise. So etwa ist der Fehlstart beim Distanzritt zu erklären, als zwei verschiedene Startlinien angelegt wurden und der Ritt zunächst neu gestartet und verkürzt wurde, bis man sich später zum Abbruch entschloss, weil mehr als die Hälfte der Pferde so erschöpft waren, dass sie in einer Klinik behandelt werden mussten. Eine Million Franken hatte Bellissimo allein für die Distanzstrecke von der FEI kassiert, die dennoch teilweise in sehr schlechtem Zustand war.
Am meisten litten die Spiele unter der Fehlplanung der Gebäude. Vor einem Jahr hatte Bellissimo einer Gruppe Journalisten, zu denen auch ich gehörte, einen Acker mit rotbrauner Erde gezeigt. „Das hier wird der Ballroom“, hatte er versprochen. Dass es den nicht gab, war noch das geringste Problem. Der Gag war lustig, aber Bellissimo hätte besser daran getan, seine Baupläne zu verschieben und sich lieber schon damals um vernünftige Hotelunterbringungen für die Reiter und ihre Entourage zu kümmern. Vor allem um Quartiere für die Pferdepfleger, die tagelang in provisorischen Massenunterkünften hausen mussten. Stattdessen wurde uns eine Fabrik gezeigt, in der angeblich täglich 16 Zimmer im Baukastenverfahren gebaut wurden und ein schicker Raum als Modell zu besichtigen war. Mit Bad und allem Drum und Dran. Auf welcher Halde jetzt diese Zimmer-Module gelagert werden, wäre ja auch interessant zu wissen.
Noch im Frühjahr beim FEI Sportforum hatte Bellissimos Vertreterin Sharon Decker hübsche Video-Animationen serviert, auf denen elegante Menschen in Alleen zwischen schicken Hotels flanierten. Es blieb bei der Fata Morgana. Von den Hotels waren nicht mal die Fundamente gelegt, überall zeugten in den Himmel ragende Kräne und Baumaschinen von gebrochenen Versprechen. Auch die Sportstätten waren nur zum Teil fertig. Zum Glück waren die Pferdeställe bereits vorhanden, auch die Reitplätze befanden sich in hervorragendem Zustand, wie die Reiter immer wieder versicherten. Das war erstmal das Wichtigste, dass sie eine Dreiviertelstunde zum Hotel fuhren, anstatt vor Ort zu wohnen, nahmen sie mit großem Gleichmut hin.
Der Bau eines mehr als hundert Meter langen Tribünengebäudes erwies sich das schlimmste Desaster. Noch eine Woche vor der Eröffnungsfeier stand das, was mal VIP-Bereich und Medienzentrum werden sollten, als fensterloses Bauruine in der Landschaft. Die Journalisten mussten ihre Stühle selbst aus der Industrieverpackung befreien. Aber das W-LAN funktionierte und auch die VIPs sollen es am Ende nett gehabt haben, aber alle Beteiligten agierten zwei Wochen lang auf einer Großbaustelle. Ein paar große Zelte hätten es auch getan. Aachen baut jedes Jahr ein elegantes zweistöckiges VIP-Zelt auf, über das sich noch niemand beschwert hat. Wir Medienvertreter haben schon bei anderen Großveranstaltungen sehr effektiv in Zelten arbeiten können. Auch andere Bauprojekte belasteten die Vorbereitungen. Da wurde auf einmal ein VIP-Palast für die arabischen Scheichs, Distanzritt-Teilnehmer, aus dem Boden gestampft, der später als Polo-Clubhaus dienen sollte. Es wurde genauso wenig fertig wie die Villen, die die Geländestrecke säumten, und demnächst als teure Luxus-Mietobjekte Bellissimos Konto füllen werden.
Nicht alle Katastrophen waren dem Veranstalter anzulasten. Da war einmal das Wetter. Wochenlange Regenfälle in der Vorbereitungszeit waren nicht hilfreich und auch Hurricane Florence hielt die Menschen in Atem. Am Ende kam nur er als ausgiebiger Landregen daher, aber da war die Dressurkür schon abgesagt. Auch das hätte sich mit etwas mehr Flexibilität vermeiden lassen. Man wolle sich vielleicht. in ein paar Jahren, wenn alles fertig ist, erneut bewerben, sagte Sharon Decker bei der Abschlusspressekonferenz. Bitte nicht!
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