Gabriele Pochhammer über die ersten Amateur-Meisterschaften und FEI-Versammlungen, die an den entlegensten Winkeln dieser Welt stattfinden.
„Mit dem Finger in der Nase“, wie die Buschis gerne sagen, holte sich Bettina Hoy auf Seigneur Medicott in Hannover-Langenhagen am vergangenen Wochenende den Gesamtsieg im CIC2*, eine Art Nachsitzen für „Micky“, der sich bei der EM in Strzegom im Gelände nicht wirklich sportfreudig gezeigt hatte, nach Verweigerung und Sturz ausgeschieden war. Er endete mit seinem Dressurergebnis von 26,60. Bettina hatte im letzten Moment nachgenannt und nicht jeder Konkurrent war glücklich darüber, dass sie sich so lässig das Sieggeld schnappte. Keinen Kratzer habe der Sturz in Polen hinterlassen, sagte Bettina, aber sie selbst habe eine Gehirnerschütterung gehabt. Das hatte man ihr wirklich nicht angemerkt, als sie so gefasst nach dem Desaster im Pressezentrum stand und zu erklären versuchte, was passiert war. Jetzt soll Micky in diesem Herbst nochmal nach Strzegom, auch eine weitere Gelegenheit zur Wiedergutmachung.
Amateure am Zug
Es war übrigens eine gute Idee mit der Deutschen Amateur-Meisterschaft. Franca Lüdeke auf Cero Song sicherte sich den ersten Titel dieser Art im Rahmen des CIC2*. Um ihn zu bekommen, darf man weder mit Pferden handeln, noch seinen Lebensunterhalt mit ihnen verdienen, von beidem ist die BWL-Studentin, die auch eine paar Monate bei Chris Bartle in Yorkshire trainiert hat, weit entfernt. Nur in der Vielseitigkeit gibt es noch eine ganze Reihe Amateure, die gut genug sind, um erfolgreich mit den Profis mitzuhalten. Die hat es im übrigen immer gegeben. Einer lief auch in Langenhagen rum, Dietmar Hogrefe, der inzwischen eine Karriere als Turnierrichter angefangen hat, seit neuestem auch auf der internationalen Richterliste steht. Ohne dass er sich besonders danach gedrängt hätte, sondern die Seminare und Schulungen, die damit verbunden sind, eher lästig findet. Als 20-Jähriger gewann er auf Foliant als Jüngster des deutschen Teams bei der Weltmeisterschaft in Luhmühlen Mannschaftssilber, zwei Jahre später Mannschaftsbronze bei den Olympischen Spielen in Los Angeles. Da waren er und Bettina Hoy, damals noch Overesch, so was wie die jungen Wilden im Team, brachten mit ihrer Aufmüpfigkeit die Funktionäre zur Verzweiflung. Aber das ist lange her. Beruflich ist Dietmar Hogrefe übrigens auch einen schnurgeraden Weg gegangen, hat Jura studiert und ist inzwischen Direktor des Amtsgerichts Lüneburg.
Mehr als 200 Reiter waren nach Langenhagen gekommen, in jeder Prüfung, Einsterne- und Zweisterne-CIC jeweils 100, das musste vom Team um Familie Münkel erstmal gestemmt werden, vor allem, wenn es wie am vergangenen Wochenende am Samstag ohne Unterbrechung schüttet. Während des Cross rollte die Riesenwalze ohne Unterlass, um immer wieder den Boden auf dem Abreiteplatz zu glätten. Auf dem Wiesengelände mit dem sandigen Boden haben übrigens schon im 19. Jahrhundert die Offiziere des Militär-Reitinstituts Hannover (plus ihre Damen im Damensattel) Jagden geritten, zunächst hinter lebendem Wild. Das wurde irgendwann den Bauern zu bunt, weil es kreuz und quer über ihr Land ging, daraufhin wurde die Schleppjagd erfunden auf vorher festgelegten Trassen. So jedenfalls die Legende.
Versammelt in Uruguay
Aus Warendorf waren Generalsekretär Sönke Lauterbach und Philine Ganders-Meyer nach Langenhagen geeilt, letztere, übrigens Inhaberin des Goldenen Reitabzeichens aufgrund von Dressur- und Springerfolgen – ist in der FN zuständig für die Vielseitigkeit. Sie soll bei der nächsten Generalversammlung der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI) im südamerikanischen Uruguay auch ins Vielseitigkeitskomitee gewählt werden. Für den Vorsitz im Springausschuss gibt es nur einen Kandidaten: den Deutschen Stefan Ellenbruch, Chefrichter unter anderem bei den Olympischen Spielen in Rio. Er ist dann auch automatisch Mitglied im FEI-Vorstand, dem Bureau. Man fragt sich natürlich, warum sich die FEI-Delegierten an den entlegensten Winkeln der Welt treffen müssen. Uruguay ist ja nicht wirklich das Zentrum des Pferdesports. Das verursacht Riesenreisekosten, weswegen auch kaum Journalisten kommen. Denn welche Zeitung gibt für solche Lustreisen schon soviel Geld aus. Aber vielleicht ist das ja manchen ganz recht. Und wer will, kann die Sitzungen auch live verfolgen. Wenn er FEI-TV hat.
Dabei hat es sich inzwischen auch in der FEI rumgesprochen, dass die Medienpräsenz ein ganz wichtiger Faktor ist, um im olympischen Programm zu bleiben. 80 Prozent macht sie aus für die Bewertung eines Sports. Andere Punkte sind die Geschlechterverteilung, – da ist der Reitsport einsame Spitze – und die Tradition. Auch da kommen die Pferde gut weg, sind schließlich schon seit 1912 dabei. Aber das allein reicht halt nicht.nike air jordan 1 mid outlet | air jordan 1 mid outlet
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