Höher ist nicht immer besser, nur 1,30 Meter durften die Hindernisse für die Junghengstkörungen, zum letzten Mal für die Zweieinhalbjährigen im Herbst, sein. Für die meisten Holsteiner eine Lachnummer. Und dennoch Talent, Manier Engagement ließen sich beurteilen. Mehr soll es ja auch gar nicht sein.
Die letzten Herbstkörungen der Trakehner und Holsteiner sind Geschichte, die Trakehner wollen im nächsten Jahr eine winterliche Adventskörung durchführen, die Holsteiner werden 2022 gar nicht kören, erst wieder im Frühjahr 2023. Damit erfüllen sie die Vorgaben der Leitlinien Tierschutz im Pferdesport, die die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) mit unterzeichnet hat.
Eine Körung wie immer war diese letzte Herbstkörung des Holsteiner Verbandes dennoch nicht. Das Kreisveterinäramt Neumünster hatte, wie berichtet, bei dem Auftritt des Jahrgangs 2019 nochmal die Muskeln spielen lassen, pedantische Kontrollen nicht nur angekündigt, sondern auch durchgeführt. Dabei wurde weniger auf die Pferde als auf einen Stapel von Papier geguckt.
Während draußen in der Sonne die jungen Hengste bei der Pflastermusterung trabten, saßen die Vertreterinnen des Kreisveterinäramtes in der hinteren Ecke der Pressestelle und wühlten sich brav durch Kilos von Unterlagen. Es dauerte ein bisschen, bis sie etwas fanden. Da war doch tatsächlich ein Hengst gemeldet, der einen finnischen Züchter und Aufzüchter hatte. Musste der etwa den ganzen Weg von Finnland … Die Stimmen der Damen bebten. Das arme Tier, fast noch ein Kind und schon durch halb Europa geschaukelt! Erst der Griff zum Telefon brachte Aufklärung: Der Hengst war noch nie in seinem Leben in Finnland gewesen, sondern in Holstein geboren und aufgezogen und hatte dementsprechend einen kurzen Weg nach Neumünster. Ist doch beruhigend zu wissen, dass wenigstens am anderen Ende der Leitung jemand saß, der Bescheid wusste.
„Das wussten doch alle seit zwei Jahren“
Ansonsten gab es quasi als Abfallprodukt die Erkenntnis: Die maximale Hindernishöhe von 1,30 Meter reicht völlig, um die Springtalente eines jungen Hengstes zu beurteilen. Mehr durften es in diesem Jahr nicht sein, das Amt maß mit.
Unter den Pferdeleuten aus aller Welt war wie in den meisten Jahren Dr. Astrid von Velsen-Zerweck in Neumünster, deren Karriere einst im Jahr-Verlag als Redakteurin der „Trakehner Hefte“, dem damaligen Schwesterblatt des St.GEORG, begonnen hatte und die heute als Chefin des Haupt- und Landgestüts Marbach den stolzen Titel „Landoberstallmeisterin“ trägt, eine folgerichtige Entwicklung gewissermaßen. Meine ehemalige Kollegin Astrid konnte die ganze Aufruhr um den Trainingsbeginn der jungen Reitpferde übrigens nicht nachvollziehen.
„Die wussten doch alle seit zwei Jahren, dass die Leitlinien kommen würden“, sagte sie. „Unsere Hengste laufen jetzt noch auf der Weide, die holen wir erst nächste Woche rein.“ Dann sind sie wollig und vielleicht ein bisschen wild. Aber vielleicht auch ein bisschen glücklicher, weil ihnen ein paar Monate unbeschwerte Jugend mit ihren Kumpel geschenkt wurden? Es geht Astrid dabei nicht darum, „weichgespült“ den Social Media-Expertinnen und Experten nachzueifern. In Marbach wird schon länger darauf gesetzt, den Dreijährigen Zeit einzuräumen, sie gegebenenfalls Ende des Jahres im 50-Tage-Test auf ihre Leistung zu überprüfen und sie dann im Februar als Vierjährige bei der regulären Frühjahrskörung des Pferdezuchtverbandes Baden-Württemberg zu zeigen.
Probleme mit der Gruppenhaltung der Junghengste gebe es selten bis gar nicht, sagt Astrid. „Wenn wirklich mal ein Stinkstiefel dabei ist, muss man den eben rechtzeitig rausnehmen“. Da spricht die Pferdefrau, die hingucken kann.
Stinkstiefel raus
Sie würde nie auf die Idee kommen, wie einige so genannte Tierschützer fordern, auch erwachsene Deckhengste in Gruppen zu halten. Denn da ist Mord und Totschlag vorprogrammiert. Aber die Dinge differenziert zu sehen, ist wohl nicht jedermanns Sache.
Aber in den Amtsstuben ist das Thema noch lange nicht beiseite gelegt. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat ein „Verbundforschungsprojekt“ in Auftrag gegeben, um „valide Rückschlüsse auf die tatsächlichen Folgen einer frühen Nutzung von Pferden sowohl im Hinblick auf die Umsetzbarkeit von Maßnahmen zur Vermeidung einer Überforderung und Überlastung ziehen zu können“, heißt es in schönstem Beamtendeutsch. Dazu sollen umfassende wissenschaftliche und praktische Untersuchungen angestellt werden. Die Dauer der Studie wird auf fünf Jahre angesetzt. Den Auftrag erhielt das Institut für Agrartechnik in Potsdam-Bornim, beteiligt werden sollen auch die Landgestüte Celle und Neustadt-Dosse. Klingt spannend, ist aber wohl nichts für Ungeduldige.
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