Irgendwann musste es ja kommen: Die CO2-Bilanz von Pferden im Spitzensport steht auf dem Prüfstand, angestoßen durch den europäischen Pferdesportverband EEF. Jetzt sollen Fakten gesammelt werden. Ein Ergebnis haben Schweizer Forscher schon vor drei Jahren vorgelegt: Pferde verursachen tatsächlich mehr CO2-Ausstoß als Goldfische.
Jeder Mensch hat einen CO2-Fußabdruck und natürlich auch alle Tiere, einschließlich unserer Pferde. Nur wohnen diese selten in weitläufigen, mollig warm geheizten Häusern, haben keine Zweitwohnsitze und fliegen so gut wie nie in den Urlaub in die Karibik. Das alles mag für 99 Prozent der Pferde gelten, die hierzulande in Ställen aller Art gehalten werden, und bei deren Besitzern es sich herumgesprochen hat, dass Pferde Kälte gut vertragen, besser als zu warme Boxen, Pferde, die große Teile des Tages in Paddocks oder auf der Weide verbringen, und die nur hin und wieder mal zum Training oder in die Tierklinik gefahren werden. Aber auch sie atmen natürlich oder furzen gelegentlich, wie alle Vier- und Zweibeiner. Nur Steine tun weder das eine noch das andere. Dafür produzieren Pferde Naturdünger, und helfen damit, den teuer und energieaufwendig produzierten Kunstdünger zu reduzieren. Da passt der Satz, Kleinvieh macht auch Mist. Und Großvieh noch mehr.
Aber auch die Pferdegesellschaft ist schon längst keine klassenlose mehr. Da gibt es die Besserverdiener unter den Sportpferden, die von einem Turnier zum andern jetten oder in LKW durch ganz Europa chauffiert werden, die heute in Riad, morgen in Mexiko und übermorgen in Sydney starten und für deren Wohlergehen viele Kilowattstunden durch die Leitungen gejagt werden, vom Stromgenerator bis zum Luxus-Pferdesolarium. Ganz zu schweigen von den Transporten des Bodenmaterials. Ein perfekter Untergrund ist heute Standard und wird oft kilometerweit herbeigefahren.
Vorauseilender Gehorsam
Bevor nun grüne Umwelt-Beseelte auf die Idee kommen, sich den Pferdesport vorzuknöpfen, hat die Europäische Pferdesport-Föderation (EEF), also der Zusammenschluss der europäischen Pferdesportnationen, in vorauseilendem Gehorsam beschlossen, das Thema selbst zu besetzen und Untersuchungen über den CO2-Ausstoß von Top-Sportpferden anzustellen. Die EEF fand die Unterstützung der niederländischen Universität Wageningen und der schwedischen FN, die nun herausfinden wollen, wie hoch die CO2-Belastung durch Top-Spitzenpferde ist und wie man für sie eine nachhaltigere Umwelt schaffen kann. Die Ergebnisse sollen im Dezember vorgestellt werden.
Im Moment gibt es darüber keine genauen Daten, Vermutungen ersetzen Fakten. Aber die braucht man, wenn man die Emissionen wirklich reduzieren will. Sie sollen nun in Zusammenarbeit mit schwedischen Top-Ställen zusammengetragen werden, um den CO2-Hufabdruck des Pferdes zu berechnen. Berücksichtigt werden Futter, Weidemanagement, Training, Reisen und Abfallproduktion.
Wer den Pferdesport umwelt-mäßig auf den Prüfstand stellt, sollte das natürlich auch mit anderen Sportarten tun. Was ist umwelt-belastender, der Transsport von sechs Pferden oder von elf Fußballern plus X (Betreuer, Trainer, Ersatzspieler, Koch, Physiotherapeut, Arzt, Masseur) zu einem Auswärtsmatch? Wieviel CO2-Ausstoß wird an einem Abend im Stadion mit zig-tausend Menschen bei grellem Flutlicht produziert? Ganz zu schweigen vom teuren und umweltbelastenden Polizeieinsatz durch prügelnde Fans. Von der Fußball-WM in Katar mit klimatisierten Stadien brauchen wir auch nicht zu reden, so wenig wie von Winterspielen in Saudi-Arabien. Da soll es ja Pläne geben. Die Formel Eins ist genauso wenig Balsam für die Umwelt, wie die Naturzerstörungen durch Ski-Pisten und die von Schwimmverband festgelegte Wassertemperaturen von 26 Grad bei Wettkämpfen.
Es hat etwas Komisches
Und müssen wirklich Olympische Spiele in Brisbane sein, wie geplant für 2032, wo alle Athleten, außer den australischen, von weither herbeifliegen müssen und dabei Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre pusten? Darauf hat uns das Internationale Olympische Komitee (IOC), das sich immer vollmundig für Nachhaltigkeit stark macht, noch keine Antwort gegeben.
Schon vor drei Jahren habe ich an dieser Stelle über eine Schweizer Studie berichtet, die sich mit dem „Klimakiller Pferd“ befasste. Niels Jungbluth, Geschäftsführer von ESU-Services, einem Unternehmen, das sich auf Ökobilanzierung spezialisiert hat, hat die Ökobilanz von sechs Haustierarten untersucht (Pferd, Hund, Katze, Kaninchen, Ziervogel und Zierfisch). Es wurden alle relevanten Einflüsse auf die Umwelt erfasst: Fütterung, Unterbringung, Fäkalien, PKW-Fahrten, Anschaffung von Zubehör. Bewertet wurden die Belastung der Umwelt durch oben genannte Faktoren und der Beitrag zur Klimaveränderung. Ganz überraschendes Ergebnis: die Ökobilanz von Pferden ist schlechter als die von Goldfischen. Laut Jungbluth und seiner Mitarbeiterin Jasmin Annaheim verursache die Haltung eines Pferdes über ein Jahr eine Umweltbelastung vergleichbar einer 21.500 Kilometer langen Autofahrt. (Der durchschnittliche Deutsche fährt pro Jahr nur etwa 13 000 Kilometer.) Insgesamt hat Jungblut – für die Schweiz – errechnet, dass alle Haustiere 1,2 Prozent der jährlichen Umweltbelastung ausmachen. Selbst wenn diese Zahl für die vierbeinigen Vielflieger sicher höher ist – bleiben Mobilität, Wohnen und Ernährung der Menschen die Hauptübeltäter. Alles ist eben relativ, und ausgerechnet Pferde zu Umweltsündern zu stempeln, entbehrt nicht der Komik.
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Aha, solange es andere gibt, die schlimmer sind, muss ich mir über mich selber keine Gedanken machen?
Klassischer Fall von Whataboutism…
Ja das leidige Thema mit der Klimakrise.
Niemand will sie haben, und dass die Dürre der letzten Jahre immer noch anhält und eine regelmäßige Wiederkehr prognostiziert wird sensibilisiert eben auch nur bedingt. Dass es grade uns Pferdemenschen noch schneller ernsthaft mit den Folgen treffen wird ist noch nicht ausreichend greifbar und daher wird es lieber schnell abgetan. Da ist die Pferdebranche nicht schlechter oder besser als andere Bereiche.
Und es ist natürlich billig und populistisch erstmal auf andere zu zeigen, aber dass ist in den Kolumnen von Frau Pochhammer leider keine Seltenheit, wenn es um kontroverse Themen geht, die für das Klientel unangenehm sind ggf. Abstriche bedeuten kann…
Anstatt sich selber zu hinterfragen, sind andere schuld – das ist zu einfach und zu sehr Elfenbeinturm. Aber wenn der eigene Sport in Frage gestellt wird, wird auch die Zeitung nicht mehr gekauft. Leider mal wieder sehr auf „Oh je, eine Million weniger am Ende des Jahres“ – tut mir leid, Themaverfehlung, setzen…