Der Holsteiner Verband kommt nicht zur Ruhe. Ein Schreiben des zweiten Vorsitzenden Dr. Max Slawinski an den Geschäftsführer Sebastian Rohde sorgt erneut für Unmut und Unruhe im Zuchtverband. Leidtragende sind die Züchter, deren Hengste sich unter Wert zeigen.
Ulrich Steuber, Vorsitzender des Holsteiner Verbandes, hatte sich auf ein ruhiges Wochenende gefreut. Daraus wurde nichts. Eine vor Arroganz und Selbstgewissheit triefende Nachricht seines Stellvertreters Dr. Max Slawinski an den Verbandsgeschäftsführer Sebastian Rohde schlug Wellen im Land zwischen den Meeren, die Handys in Holstein liefen heiß.
„Wir werden das alles im Vorstand besprechen“, war die lapidare Antwort Steubers. Die Stimme klang genervt, es sei dahingestellt, ob wegen der lästigen Anruferin oder anderer unerfreulicher Vorkommnisse im Holsteiner Verband, der ja noch nie für einen Oscar in der Rubrik Harmonie und Transparenz nominiert worden ist.
Tatsächlich gibt es einiges zu besprechen. In dem Schreiben Slawinskis an Rohde, das offenbar mit keinem der vier anderen Vorstandsmitglieder abgesprochen war, ging es schonungslos zur Sache, vor allem, was die Ausbildung und die blamablen jüngsten Turnierauftritte der Holsteiner Verbandshengste angeht und das in einem unsäglichen, rotzigen Ton.
Auszugsweise einige – orthografisch bereinigte – Passagen aus dem Schreiben an Sebastian Rohde, das auf bisher nicht geklärten Wegen in einen großen Whatsapp- Verteiler geriet und seitdem im Lande kursiert.
„Löse das Problem!“
„Nach den desolaten Ergebnissen (beim Turnier) in Neumünster und der schwachen Vorstellung der Dreijährigen bei unserer Hengstvorstellung ist nun der Punkt gekommen, an dem ich mir ernsthaft Gedanken mache, ob das Management der Hengste so richtig ist.
Die Dreijährigen gingen bei der Vorführung so schlecht, dass ich mich frage, welcher dieser Hengste überhaupt mehr als zehn Stuten bekommen wird, obwohl ich der Überzeugung bin dass es der beste Jahrgang seit vier Jahren ist.
Jetzt sind (beim Turnier) in Neumünster drei Hengste ausgeschieden: Daikon, Chezarro und Corfu. Das ist vollkommen inakzeptabel. Wenn man zu so einem Turnier fährt, dann muss es klappen, sonst lässt man es. Zudem hatten sowohl United Way als auch Millions Way in einem M-Springen zwei Fehler, viel zu viel für derartig gute Pferde.
Wie sollen Züchter, die diese Hengste wählen, so ihre Zuchtprodukte verkaufen?
(…) Ich erwarte, dass so schnell wie möglich die Auftritte unserer Elmshorner Hengste besser werden. Es muss sich ab heute ändern! Analysiert, was falsch war und dann stellt es um! (…)
.. Der Ruf der Hengsthaltung hat diese Woche Schaden genommen und muss schnellstmöglich rehabilitiert werden.
Löse das Problem!“
Max“
Soweit die Einlassungen von Dr. Slawinski. Angehängt ist aus unbekannter Feder noch ein Absatz über diverse angebliche Missstände, wie das Verhältnis vom Holsteiner Verband zur Holstenhalle, dem langjährigen Schauplatz der Veranstaltungen wie der Junghengstkörung, die in diesem Jahr erstmalig in der Elmshorner Verbandsanlage ausgerichtet wurde, unter anderem aus finanziellen Gründen. Wer den Anhang verfasst hat, wie der- oder diejenige an das Schreiben zwischen Geschäftsführer und zweitem Vorsitzenden gekommen ist, darüber wird holstein-weit gerätselt. Die WhatsApp-Nachricht wurde von einer/m gewissen J. Langen verschickt. Seine oder ihre Handynummer laufen ins Leere.
Kritik berechtigt, aber nicht neu
Inhaltlich ist Slawinskis Kritik in vielen Punkten berechtigt, aber keineswegs neu. Karsten Huck, Reitmeister und Olympiamedaillengewinner, hatte aus genau diesen Gründen sein Amt als Trainer der Hengste vor rund einem Jahr vorzeitig niedergelegt. Einmal die Woche arbeitete er mit den Reitern und den Hengsten, seine Anweisungen wurden gar nicht oder lückenhaft umgesetzt, vernünftige Fortschritte waren auf diese Weise nicht möglich. Ungewöhnlich viele Hengste waren verletzt oder sonstwie krank.
Da weder der Geschäftsführer noch der Vorstand hinter Huck standen, sondern ihm im Gegenzug verbandschädigendes Verhalten vorwarfen, weil er mit der Presse, sprich mit St.GEORG gesprochen hatte, beendete Huck vorzeitig sein Engagement. Die Auftritte in Neumünster könnte man als logische Folge schlechter Ausbildung ansehen.
„Karsten hat man vergrault“, sagt Hinrich Romeike, der nach Querelen im Vorstand vor zwei Jahren sein Amt als Vorsitzender niederlegte. „Jetzt hat man den Salat. Das war eine Pleite mit Ansage.“ Und der Doppelolympiasieger von 2008 fügt hinzu: „Jetzt ist es so gekommen, wie es kommen musste, wenn die Hengste nicht ruhig, gewissenhaft und planmäßig ausgebildet werden.“
Dass das auch geht, zeigen immer aufs Neue die Ritte von Rolf Göran Bengtsson, der en Verbandshengst Zuccero in die Weltspitze geführt hat und mit Charaktervoll international hervorragende Runden zeigt, jeder Ritt eine Augenweide. Gut, dass es diese Bilder von Holsteiner Hengsten auch gibt!
Reaktion Vorstand und Rohde
Die Akteure des jüngsten Eklats halten sich bedeckt. Ulrich Steuber verweist auf zeitnahe Gespräche im Vorstand. Dort soll wohl vor allem geklärt werden, wieso ein Vorstandsmitglied im Alleingang eine solche Attacke reiten kann. Man stelle sich vor, jeder Vorständler würde auf diesem Wege seinem Ärger Luft machen!
Sebastian Rohde mauert: „Das ist eine interne Nachricht und genauso werden wir sie auch behandeln. Wir sollten uns auf die Pferde konzentrieren, sie gehören allen Mitgliedern. Dass Pferde mal besser und mal schlechter gehen, das wissen wir.“ Aber er sagt auch: „Ich stehe dieser Firma vor, dann muss ich auch den Kopf hinhalten und das Kreuz mal gerade machen.“ Immerhin.
Auch Hilmar Meyer, Hucks Nachfolger als Trainer, will von der Korrespondenz zunächst nichts gewusst haben. Er war bis Dienstag morgen mit Kunden in Florida. „Fehler passieren nun mal“, wiegelt er ab. „Aber die älteren Hengste müssen vom erfahrenen Bereiter Lukas Wenz vorgestellt werden, nicht von der jungen Jayke Junge, das war zu viel für sie. Das war auch mein Fehler.“
Slawinski hatte der jungen Frau geraten, sich doch selbst ein Lehrpferd zu kaufen, der Verband sei keine Reitschule. Hilmar Meyer gab zwar Slawinski in einigen Punkten recht, fand den Ton aber „sehr sehr grob“. „So könnte ich mit meinen Leuten nicht reden“, sagte Meyer, der in Thedinghausen bei Bremen einen Handels- und Ausbildungsstall betreibt.
Max Slawinski antwortete nach mehreren Anfragen über WhatsApp: „Interna des Holsteiner Verbandes werde ich nicht kommentieren.“ Interna? Es könnte ja auch sein, dass die Eigentümer der Hengste, die Holsteiner Züchter, von dem gewählten Vorstand nicht nur korrekte Information, sondern auch ein einigermaßen zivilisiertes Benehmen einfordern. Es ist nicht die Zeit für Selbstdarsteller!
Kommentar: Der Ton macht die Musik
„Züchter bleibt wachsam“ war die Abschieds-Empfehlung von Karsten Huck, nachdem er sein Amt als Trainer der Verbandshengste niedergelegt hatte. Ein Amt, in dem ihm nur Steine in den Weg gelegt worden waren, er eine sachgerechte Ausbildung nicht mehr gewährleisten konnte. Wachsamkeit ist auch jetzt wieder angesagt.
Die Fakten, die der zweite Vorsitzende Dr. Max Slawinski in seinem Schreiben an Geschäftsführer Sebastian Rhode zur Sprache brachte, waren in vielen Punkten korrekt, aber das meiste in keiner Weise neu, sondern hätte seit langem auch ihm bekannt sein dürfen. Er hätte nur mal Karsten Huck anrufen müssen, vor einem Jahr.
Der Weg und der Ton, die Auftritte der Verbandshengste in Neumünster zu kommentieren, roch mal wieder fatal nach bekannter Slawinski’scher Profilneurose. Er attackierte Rohde im rüden Ton eines überheblichen Feldwebels, demontierte damit das Standing des Geschäftsführers in der Züchterschaft. Rohde muss entscheiden, ob er nach einer derartigen Demütigung noch Lust auf den Job hat.
Solche Traktate nützen keinem und davon springt auch kein Hengst besser. Wenn Slawinski auf Vertraulichkeit Wert gelegt hätte, wäre ein sechs Augen-Gespräch zusammen mit dem Vorsitzenden oder ein Brief mit der Post sicherer gewesen. Wer hatte Interesse, das Schreiben weiter zu verbreiten? Sebastian Rohde sicher nicht. Und dann bleiben ja nicht mehr viele.
Max Slawinski (37) wurde 2021 für den Körbezirk der auswärtigen Mitgliedern in den Vorstand gewählt, die südlich der Elbe zuhause sind, nicht mehr im Kernzuchtgebiet. Sie stellen inzwischen die Mehrheit der Mitglieder. Von
Anfang an hat Slawinski, der sich selbst vor seiner Wiederwahl 2023 als „unabhängig, engagiert und gradlinig“ bezeichnete, klar gemacht, dass er sich nicht als „Adabei“ sieht, sondern als Macher, der keine Alleingänge scheut, in der Vorstandsarbeit eher auf Konfrontation denn auf produktives Miteinander Wert legt, der sich nicht scheut, den Vorsitzenden zu übergehen, und das alles bei nassforschem Auftreten, das denen, mit denen er zu tun hat, schrecklich auf die Nerven geht.
Hinrich Romeike warf sein Amt als Vorsitzender hin, weil fast alle seine Anträge von Slawinski torpediert wurden. Offenbar ist Ulrich Steuber leidensfähiger als Romeike, aber auch ihm sollte klar sein: Es heißt Vorsitzender, nicht Aussitzender.
Am Ende leidet der Holsteiner Verband, der auch nicht mehr ist, was er mal war. Die Entscheidung, die auswärtigen Züchter in die Entscheidungen einzubeziehen erweist sich als Bumerang. Viele alte Züchter haben sich zurückgezogen aus dem Verbandsleben. „Ich sehe nicht mehr den Holsteiner Verband, wie wir ihn mal gehabt haben“, sagte mir ein frustrierter Züchter. „Das liegt auch daran, dass sich die Mehrheit der Züchter gar nicht mehr im Land befindet. Dadurch hat die Identität des Verbandes gelitten. Er ist heute ein Sammelsurium an Leuten, die aus wirtschaftlichen Interessen dazu gestoßen sind, einige natürlich auch mit großer Begeisterung. Aber sie sind zu weit weg und sollten nicht an der Entscheidungsfindung beteiligt werden.“
Das ist natürlich denen schwer zu vermitteln, die mit ihren Beiträgen helfen, die Verbandskonten zu füllen. Aber sie sollten doch wenigstens dafür sorgen, dass ihr Repräsentant kein umtriebiger Selbstdarsteller ist, sondern einer, der versucht, die Züchterschaft zu einigen, nicht sie zu spalten. Das ist in Holstein dringlicher denn je.
Gabriele Pochhammer
Schön zu sehen, dass sich kritische Stimmen im Holsteiner Verband Gehör verschaffen und auf bestehende Probleme hinweisen. Es ist wichtig, dass solche Angelegenheiten angesprochen werden, um positive Veränderungen herbeizuführen. Klar, der Ton mag nicht immer optimal gewählt sein, aber letztendlich zählt der Inhalt und die dringende Notwendigkeit, die Qualität und Leistung der Verbandshengste zu verbessern. Hoffentlich führt dieser Vorfall zu konstruktiven Gesprächen und Maßnahmen, die letztendlich den Züchtern zugutekommen und die Reputation des Holsteiner Verbandes stärken.