Gestern war ein Feiertag der besonderen Art, wie St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer berichtet.
Ja, der ist dann doch irgendwann zu Ende gegangen, im Deutschen Haus, dem Treffpunkt der germanischen Szene im Rugby-Stadion. Wir kamen erst zum zehn Uhr, die zahlenden Fans unten auf dem Rasen mussten dann nach Hause, hatten aber einen Tag im improvisierten Biergarten-Ambiente des Stadion-Inneren hinter sich, mit Michi-Sternstunde auf Mega-TV-Wand. Aber für 20 Euro Eintritt dann auch live den Weg zum Gold mitverfolgen? Fehlanzeige, sagen enttäuschte Fans. Den Ritt von Michi gab es, alle anderen nicht. Und da ritt immerhin mit Julia Krajewski die Olympiasiegerin von Tokio. So konnte die stündlich anwachsende Fangemeinde immerhin die spannendsten Sekunden dieser Spiele bisher miterleben.
Der Endspurt zu den letzten Hindernissen, da wurde man auch als Zuschauerin ganz wuschig! Welche Nerven muss ein Mensch haben, um so sowas durchzustehen, fragte dann auch ein etwas fassungsloser Reporter nochmal am nächsten Morgen. Er versuche sich und „Chippi“ das Gefühl zu geben, dies sein ein ganz normales Turnier, „nichts Besonderes“, sagte Michi. Das ich nicht lache! Das soll mal einer Chipmunk erzählen, der wusste genau, was Sache war, wette ich. Von wegen Dorfturnier. Da muss man hier nur einen Blick nach oben werfen, auf die Hütte vom Ludwig! „Der neue Sonnenkönig“, wird Michi hier ja schon genannt. Und mit dem Slogan „Für immer Jung“, ist den DOSB-PR-Genies auch ganz schnell was Flockiges eingefallen.
Als wir ankamen, war Michi noch auf seinem Sechsstunden-Marathon zu diversen TV-Studios unterwegs, aber der ganze Jung -Clan war schon da und feierte vor, angeführt von Mutter Brigitte, der ungekrönten Queen Mum des Eventing, immer gut drauf, eiserne Rückenstütze, wenn es sein muss, und glücklich schluchzende Seligkeit, wenn es so läuft wie gestern. Sohn Lio (3), der sich in der Kinderzone den ganzen Tag abgerackert hatte, war immer noch aufgekratzt, sein großer Auftritt kam erst nach Mitternacht, als er von seinem Vater erst durch ein Spalier enthusiastischer Gäste und schließlich mit aufs Podium zum Interview getragen wurde, wo er sich als hochbegabter Co-Moderator erwies. Die kleine Schwester Mara verpennte den Jubelabend im LKW mit Babysitter. Ihre Zeit wird kommen, Lio galoppiert ja zuhause in Horb schon fetzig über den Rasenplatz. Großvater Joachim hat da schon seine Pläne: „Nie Führzügelklasse beim Turnier, die Kinder müssen von Anfang an ihre Pferde selber steuern.“ Da spricht einer, der weiß, wie man den Nachwuchs in die Gänge bringt. Der aber, wie in Luhmühlen, auch mal ein Opa-Auge zudrücken kann, wenn der Buschnachwuchs am Start ist.
Heute schon geht’s für Jungs nach Hause, morgen wird ein vierfach vergoldeter Geburtstag gefeiert, die jungen Pferde freuen sich, wenn der Chef und die Bereiter wieder da sind. Zwei durften mit nach Paris, davon werden sie auch noch ihren Enkeln erzählen.
Zum zigsten Mal an diesem Tag wiederholte Michi seinen Dank an Chipmunk, an das unbeschreibliche Gefühl, mit einem Pferd durch den königlichen Park zu galoppieren, dass selber so viel Spaß an der Sache hat. Nicht erst an diesem Abend, aber da ganz besonders, konnte man sehen, wie aus dem hochbegabten jungen Mann, der noch bei den Weltreiterspielen Kentucky 2010 in schüchternem Englisch zu erzählen versuchte, wie es kam, jetzt ein Weltklasse-Athlet geworden ist, der erklären kann, was seinen Sport so besonders macht. Dass es dem mit Möhren, Umarmungen und Streicheleinheiten verwöhnten Chipmunk besser geht als vielen Menschen. Und dass sich auch Michi Jung wie wir alle wünscht, dass es allen Pferden so gut gehen möge. Diese prominente Fürsprache war für die Vielseitigkeit, den Reitsport insgesamt, so wichtig, wie vier Goldmedaillen.
Aber jetzt Strich unter dem Buschi-Auftritt. Jetzt sind die Dressurer dran, die ersten Piaffen sehe ich schon hier vor dem Fernseher, heute ist ja noch „alles auf Anfang“. Natürlich ploppt jetzt wieder der Name Charlotte Dujardin auf, die Peitschenschwingerin aus dem Skandalvideo, die zwar nicht hier ist, aber irgendwie doch. Jeder, aber auch jeder Reiter musste sich in der Mixed Zone fragen lassen, wie er das findet. „Scheiße“ sagte mir Jessica von Bredwow -Werndl, und mehr fällt auch mir jetzt mal nicht dazu ein. Bundestrainerin Monica Theodorescu hat es zu mir dann noch etwas feiner gesagt: Ihre Eltern waren beide internationale Dressurtrainer. „Wenn bei uns so was vorkam, sagte mein Vater: Sofort Schluss, Zügel lang, Schritt reiten. Wenn das nicht half: Absitzen! Raus, heute nicht!“ An alle Trainer: Bitte merken.
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