Olympia-Blog: Hoffnung und Enttäuschung

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Gabriele Pochhammer (© www.st-georg.de)

Der eine hofft noch, der andere schon nicht mehr: Bei den Springreitern kann es alles noch geben. Wir denken allmählich an zuhause und wohin wir wann spucken müssen, um unbehelligt in den Flieger steigen zu können.

Jetzt geht es allmählich in die letzte Entscheidungen, mal sehen, was die Springreiter noch an die Sonne richten. Die Dressurdamen und Juli Krajewski haben ja gut vorgelegt. Daniel Deußer und sein Pferd sind super in Form, da können die anderen ruhig ein bisschen Angst haben vor der Killer Queen. Schon der Name ist ja Furcht einflößend.

Ich habe selten einen so enttäuschten Menschen gesehen wie gestern André Thieme, der nach dem groben Fehler an der Triple Barre heute nicht mehr dabei ist. Wenn er Pech hat, war dies schon sein einziger Auftritt unter den Olympischen Ringen. Und dafür der ganze Aufwand! Wenn man überlegt, dass ja alle Profis sind und viele zuhause einen Betrieb an der Backe haben, zig Pferde am Tag reiten – alles muss jetzt ein paar Wochen ohne den Chef laufen, dann ist das schon ein  Angang! Und wenn dann noch nichts dabei rauskommt, umso schlimmer!

Nur drei Reiter dürfen Freitagabend im Nationenpreis reiten, Deußer und Tebbel sind ja wohl sicher dabei, es entscheidet sich also zwischen Thieme und Christian Kukuk. Auch der hatte ja gestern einen Abwurf an dieser blöden Triplebarre (über die allerdings so mancher Nobody unbekümmert rübersegelte). Aber er hat wenigstens eine gute Entschuldigung: Sein Hengst Mumbai musste äppeln und ließ die Konzentration auf die zwei Meter breite Triplebarre vermissen. Was man ja verstehen kann. Pferde sind eben auch nur Menschen!

Thieme wird vermutlich einen Haken machen an das ganze Unternehmen Tokio. „In unserem Hotel kommt wirklich überhaupt kein Olympiafeeling auf“, sagt er frustriert, „wir langweilen uns zu Tode, können nirgendwo hin. Das Highlight war der Besuch im Olympischen Dorf.“ Dort sind die Reiter ja nicht, aus verschiedenen Gründen, das Hotel ist näher am Reitstadion, man fühlt da in einer eigenen „Blase“ relativ Corona-sicher und hat Einzelzimmer, bzw. der Partner darf auch mit. Das ist im Athletendorf natürlich etwas spartanischer. Aber man hört von vielen Reitern, dass sie dort doch gerne wären, um sowas wie ein „Weltsportfest“ mit Athleten von überall aus allen Disziplinen zu erleben.

Da fehlt natürlich das Deutsche Haus, wo sich die deutschen Sportler aus allen Disziplinen trafen, bei gutem Essen und Musik. Da war immer was los und man konnte auch als Pressevertreter mal jemanden treffen, mit dem man gerne ein bisschen schwätzen wollte.

Inzwischen mahnt uns das Überwachungssystem ICON schon, unsere Rückreise zu planen. Manche brauchen für die Wiedereinreise einen aktuellen Test, den kann man in einem Labor machen lassen, kostet aber 50 Euro. Man kann auch den letzten Spucktest verwenden, das werden wir machen, obwohl wir laut Mannschaftsarzt Manne Giensch als Geimpfte keinen Test brauchen. Aber niemand will riskieren, dass ihn die Fluggesellschaft nicht mitnimmt …

Mit den Spucktest ist es so eine Sache, gar nicht einfach, jeder kämpft, wie schon berichtet, damit, genügend zu „sammeln“. Tipp von ZDF-Sportreporter Rudi Cerne: „Zitrone denken“. Werd‘ ich Freitag versuchen. Einen Tag nach dem Test findet man tatsächlich das Ergebnis im System, auch wenn FN-Generalsekretär Sönke Lauterbach auf Instagram bezweifelt, dass überhaupt etwas passiert mit den unzähligen Röhrchen, die Manne Giensch täglich von den Reitern und ihrer Entourage einsammelt. Er sei versichert: Ja es passiert etwas, das System ist pingelig und meckert sofort, wenn man was verdaddelt.

Hat man zum Beispiel mal vergessen, seine Gesundheitsdaten einzugeben (mit der Frage nach Husten, Schnupfen, Heiserkeit bei sich selbst und allen, denen man näher als zwei Meter gekommen ist), gibt‘s sofort eine Mahn-Mail am nächsten Morgen. Überhaupt, der gehobene Zeigefinger ist überall: Da haben doch Athleten aus Moldawien auf der Straße geraucht und auch noch Alkohol getrunken! Pfui! Das geht natürlich gar nicht, zumal die Japaner wieder strengere Auflagen wegen steigender Inzidenz haben. Da können sich die Olympiagäste nicht aufführen, als gäbe es kein Morgen.

Ein Blick von unserem irischen Pressechef Andy genügt, und schon stieben wir in der Mixed Zone auseinander wie ein aufgescheuchter Schwarm Spatzen. Wegen Social Distancing! Die Mixed Zone ist im Übrigen genial angelegt: Meander-förmig,  sodass mehrere kleine Abteile entstehen, mit drei Banden, an denen die Journalisten stehen und fragen können. Die Antworten werden dann auf die Handys aufgenommen, die vor den Reitern auf einem kleinen Tablett auf einem Tischchen liegen. Unsere Pressefrau Julia schickt die Stimmen mit den Antworten auf unsere Fragen dann gleich an die Kollegen in Deutschland, von denen mir berichtet wurde, dass sie ja keineswegs die Beine hochlegen, sondern viel mehr Stress haben als wir, weil sie aus der Ferne arbeiten müssen und manchmal auch noch mit der Zeitverschiebung zu kämpfen haben. Und von der Olympia-Atmosphäre, die es trotz allem gibt, auch ohne Zuschauer mit vielen Corona-Auflagen, nichts mitbekommen. Gruß in die Heimat, ihr seid ja sooo tapfer!!!men’s jordan retro release dates | what is the next air jordan 1 release

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

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