Olympia-Blog Paris 2024 #3: Versailles sonnen-königlich, die Presse auf den billigen Plätzen

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Gabriele Pochhammer konnte einen ersten Eindruck vom Geländekurs in Paris gewinnen. (© st-georg.de)

Gabriele Pochhammer hatte bereits die Möglichkeit, die olympische Reitanlage in Versailles einmal unter die Lupe zu nehmen.

Heute also ergab sich die Gelegenheit, die olympische Turnieranlage in Versailles zu inspizieren. Nach einigen Irrfahrten rund um den Park fand ich auch unseren Presse-Parkplatz, der ein bisschen aussah wie in Badminton oder Haras du Pin: Wehe, wenn es weiter regnet wie heute morgen, dann wird es eng, bzw. tief. Aber es soll ja ab jetzt schön werden. Die Vorberichte haben nicht getäuscht: Das Ambiente ist atemberaubend. Wenn man die Stufen zur Tribüne hinaufsteigt, und sich die Kulisse der Reitarena auftut, ganz in der Ferne das Versailler Schloss, dann kann einem schon der Atem stocken. Leider muss die Presse mal wieder ganz in die oberste Reihe klettern, dort wo im Opernhaus die billigsten Plätze sind. Von dort wird man die Reiter nur als kleine Playmobile wahrnehmen. Und bei tiefhängenden Wolken verschwinden wir wahrscheinlich im Nebel. Auf der ganzen temporären Tribüne gibt es keinerlei Bedachung, die vor den Unbillen des Wetters schützen könnte, aber bei Regen sollen wir Plastikhüllen für die Computer bekommen. „Wir helfen Euch, wie man sie anlegt“, versprach David, der nette Engländer, der uns schon in London dasselbe Tribünen-Desaster schmackhaft machen musste. Immerhin, anders als 2012, sind die Abreiteplätze von allen Seiten einsehbar. In London waren sie mit blickdichten Planen umgeben, das hatte damals für viel Unmut gesorgt und Fragen aufgeworfen, warum Reiter eigentlich nicht beim Abreiten gesehen werden sollen oder wollen. Manchmal hilft meckern eben doch.

Salon-Version der Vielseitigkeit

Von der Tribüne fällt der Blick auf den Grand Canal, der am Ende in einen großen See mündet. Drum herum und zum Teil den Kanal entlang gruppieren sich die Geländehindernisse, alle toll einzusehen für die Besucher durch die höher gelegenen baumumsäumten Uferwege. Die Geländestrecke soll ja sehr schwer sein, wurde mir von Experten berichtet, die schon da waren, aber das konnte ich an den einzelnen Sprüngen, die ich sehen konnte, schwer beurteilen. Sie sind ja auch noch nicht endgültig fertig gestaltet und ausgeflaggt. Zu sehen sind massive Konstrukte und zahlreiche gelbe und rote MIMs, also Sicherheitsvorrichtungen, die bei heftigem Anschlagen ausgelöst werden. Kostet elf Punkte, manchmal auch olympisches Gold, siehe Michi Jung in Tokio.

Alles wunderschön und edel, hat nur mit „querbeet“ und „Busch“ wenig zu tun, sozusagen die Salon-Version der Vielseitigkeit.  Bilder von den beiden Pontons, über die Reiter und Pferde müssen, gibt es ja schon vom Testevent. Ich bin heute über den Fußgänger-Ponton gegangen und fand, er schwankte doch ganz schön. Alle paar Meter ein Rettungsring und Anweisungen, wie man ins Wasser gefallene Nichtschwimmer reanimiert. Zum Glück können ja Pferde von Natur aus schwimmen.

st-georg.de

Noch mehr erste Eindrücke von der olympischen Reitanlage in Versailles. (© st-georg.de)

Acht Stunden Eröffnungsstress

Nachmittags schauten auch FN-Sportchef Dennis Peiler und Reisemanager André Schoppmann im Pressezentrum vorbei. Sie mussten heute im olympischen Dorf für die Reiter noch Berge von Ausrüstung etc. abholen. Eine Menge Zeugs, aber für alle zusammen nur zwei Parkscheine. Das kann eng werden, weil die Reiter ja nicht im weit entfernten Athleten-Dorf, sondern im Lidl-Tagungshotel näher an Versailles wohnen. Wie schon in anderen Jahren werden die Vielseitigkeitsreiter der Eröffnungsfeier fernbleiben müssen, weil schon am nächsten Tag, am 27. Juli, die Dressur beginnt. Stundenlang vorher müssen die Athleten da sein, das wird ein Schlauch. „Acht Stunden für die ganze Veranstaltung muss man rechnen“, sagt Peiler. Dafür werden die Springreiter extra aus Deutschland anreisen, und zwar mit dem Zug, berichtet er. Am nächsten Tag geht es zurück, so ist jedenfalls der Plan. Ihre Wettkämpfe beginnen am Mittwoch, den 31. Juli mit dem Trainingsspringen.

Dass nicht alle Pariser gut auf die Spiele zu sprechen sind, kann man nachvollziehen. Wer kann, ist in den Urlaub gefahren, die anderen müssen verdoppelte Ticketpreise für die öffentlichen Verkehrsmittel in Kauf nehmen, anstatt 30 Euro kostet das Wochenticket jetzt 60 Euro. Und bei einem Blick auf den aktuellen Stadtplan mit den Olympiasperrungen kommt bei den Parisern auch keine rechte Freude auf…

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

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