Sie jubeln, unterstützen, und scheuen keine Entfernung. Die Isle of Man, die Heimat von Weltmeisterin Yasmin Ingham, muss zur Zeit menschenleer sein. Ein Meer von hohen rot-weiß-blauen Zylindern, angereist von der Insel, wurde säumte das Viereck. Es hat sich gelohnt, Ingham führt, aber auch für Jérôme Robiné bei seiner Chamionatspremiere. Da wurde ein Spruchband hochgehalten: Let’s go, Jérôme! Hat geholfen: persönliches Bestergebnis, vorläufig Platz zwei!!
Drei deutsche Reiter sind durch in der Dressur, Einzelreiter Jérôme Robiné mit dem schwarzen Iren Black Ice mit 26,00 Minuspunkten – das entspricht 74,05 Prozent – Zweiter hinter Weltmeisterin Yasmin Ingham auf Banzai du Loir ( 23,4).
Beide haben ihre Fans dabei, Bundeswehrsoldat Jerome auch seine Schwester, die ihm ein Video mit den besten Wünschen aller Freunde zusammengestellt hat. Auch Yasmin hatte unübersehbare Unterstützung, die Isle of Man, ihre Heimatinsel, muss zur Zeit menschenleer sein. Alle sind gekommen, anzufeuern und Daumen zu halten, die Inselbewohner nicht zu übersehen durch überdimensionale Zylinder in den Union Jack-Farben.
Teamreiter Malin Hansen-Hotop mit Carlitos Quidditch (31,5) und Christoph Wahler mit Carjatan (28,3), sind beide mit guten Vorstellungen mit kleinen Haken noch im Vorderfeld. Aber heute Abend ist ja erst die Hälfte der 56 Starter durch, die Engländer kommen noch mit zwei starken Dressurpaaren. „Zwei, die besser hätten gehen können“, sagte Christoph Wahler in sachlicher Selbstkritik zum Mannschaftszwischenstand. Mal nicht diese spitzen kleinen Entzückensschreie, die man ja auch oft zu hören kriegt: „Ich bin sooo stolz auf mein Pferd, es hat sooo für mich gekämpft.“ Dafür ist ja zur Not noch Samstagabend noch Gelegenheit.
Kaffeesatzlesen ist jedenfalls einfacher als zu spekulieren, wie es am Ende aussieht für unsere deutschen Reiter und den Rest. Wobei sich ohnehin alle einig sind, dass dies in Haras du Pin keine Dressurprüfung wird, sondern die Entscheidung im Gelände fällt: ein fast altmodischer Kurs, der nicht nur mutiges Springen vom Pferd und Vernunft vom Reiter fordert, sondern vor allem eins: Kondition, Kondition, Kondition. Und das bis zum Schluss der 5800 Meter langen Strecke, bis zum allerletzten Hindernis. Jedes der 29 Hindernisse mit 40 „Efforts“, also Einzelsprüngen eine besondere Aufgabe. Das war im vergangenen Jahr bei der WM in Pratoni noch anders. Da gab es auch Hügel reichlich, aber die Strecke endete auf der Flachen und müde Pferde konnte man ruhig nach Hause galoppieren lassen. Das geht hier nicht. Anspruchsvoll, championatswürdig – das sind die meisten Prädikate.
Eine traf ich gestern, die richtig begeistert war vom Cross: Tierärztin Dr. Annette Wyrwoll, Olympiareiterin 2000 und heute auch als kompetente SG-Expertin in jedem Heft. „Endlich mal ein richtiger Cross Country Kurs“, sagte sie, „wo sich der Aufbauer an den natürlichen Gegebenheiten orientiert hat. Da wurde kein künstlicher Graben ausgebuddelt, sondern der Sprung dahin gestellt, wo schon ein Graben ist. So muss das sein.“
Wobei man sagen muss, dass das Gelände viel Raum für Designer-Ideen bereit hält, etwa die Hindernisse 4 und 5, bergab durch das, was wir ein „Eulenloch“ nennen würden. Es soll aber ein „Fuchsloch“ sein, daher die ausgeschnittenen spitzen Ohren. Der nächste Sprung, ein über Eck zu springendes buschig aussehendes Gebilde, soll der Schwanz sein. Aha. Der Pistenchef (Chef du Piste), Pierre Le Goupil, der den Kurs konzipiert hat, wird auch im nächsten Jahr in Paris dabei sein. Wir sind gespannt auf seine Ideen.
Immerhin ist das Wetter auf Seite der Buschreiter, der Boden trocknet stündlich ab, in der Mittagspause war es knallend heiß. Kondition ist auch bei den Schlachtenbummlern gefragt, die es sich nicht nehmen lassen, selbst über die Wiesen rund um das Schloss Haras du Pin zu marschieren. Und von denen sieht man immer mehr. Auf der Strecke trafen wir heute Burkhard Beck-Broichsetter, der ja auch mal in Luhmühlen und auf anderen großen Plätzen gebaut hat. Er stand vor dem Coffin, zeigte auf den steilen Einsprung bergab und sagte: „Das hätte ich mich nicht getraut zu bauen.“ Dann kreuzten wir die Wege von Inken Gräfin Platen mit Mann Sebastian und den beiden Töchtern und Nele Römer, geborene Hagener, Olympiateilnehmerin 2000. Beide übereinstimmend: Richtig schwer!!
Nur sechs von 29 Hindernisse sind mit MIM-Sicherheitssystem ausgestattet, keiner der Tisch-ähnlichen Sprünge. Aber man sieht viele Bürsten, ja auch ein Weg, die Pferde von der Stage wegzuhalten, wie der Technische Delegierte Matthias Otto-Erley bemerkte. Er müsse vor allem die Sicherheitsaspekte beachten und die Einhaltung der Regeln sicherstellen, erklärte er uns. Damit habe es keinerlei Probleme gegeben.
Ganz ungewohnt sah man Christoph Hess, einst FN-Ausbildungschef und internationaler Richter in der blauen Mannschaftskluft der Franzosen. Für die trainiert er nämlich hier die Dressurreiter. Aber sein Herz schlägt natürlich nach wie vor schwarz-rot-gold, darauf legt er Wert und wer hätte das je bezweifelt? „Ich habe auch noch am Sonntag den Deutschen im Trainingslager in Deauville beim Aufgabenreiten geholfen, habe quasi den Richterhut aufgesetzt und ein paar Tipps geben können“, teilte er mir per Whatsapp mit. Also alles gut und schließlich hat jeder Mensch zwei Daumen die er drücken kann!!
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