Die ersten Pferde aus den USA sind schon da in den Leipziger Messehallen: Nach zwei Jahren Zwangspause freuen sich Turnierchef Volker Wulf und sein Team auf ein Weltcup-Finale vor vollen Tribünen. Es ist das dritte in den Messehallen, bisher gewannen zwei Deutsche den Cup in Leipzig, der heutige Bundestrainer Otto Becker mit Cento (2002) und Christian Ahlmann (2011) mit Taloubet. Ein gutes Omen? Den Krieg kann auch der Weltcup nicht ausblenden: Donnerstagabend sammelt Leipzig in einer großen Spendengala für die Opfer des brutalen Angriffskrieges.
Langsam sei der Punkt erreicht, an dem sich Vorfreude ausbreite, sagt Volker Wulff, der Chef des Weltcup-Finales in Leipzig, das morgen in den Messehallen beginnt. „Wir sind zu 95 Prozent fertig mit den Vorbereitungen, jetzt kommt das Finetuning!“
Für die Springreiter ist es die 42. Auflage seit 1979, die Dressurreiter sind seit 1985 dabei, die Fahrer seit 2001 und die Voltigierer seit 2011 – ganz schön lange in einer Zeit, in der sich auch der Pferdesport schneller verändert als manches Pferd galoppiert. Die beiden letzten Finals mussten abgesagt werden, 2020 in Las Vegas wegen der Corona-Pandemie, 2021 in Göteborg wegen des Ausbruchs der Herpes-Pferdeseuche. Jetzt darf seit langem wieder vor vollem Haus geritten werden und es ist davon auszugehen, dass sich auch die Reiter darauf freuen, nicht auf leere Tribünen starren zu müssen.
Eigenverantwortung
Keine Corona-Regeln – keine Impfkontrollen, keine Tests, nicht mal Masken sind vorgeschrieben. „Wir setzten auf Eigenverantwortung jedes Einzelnen“, sagt Volker Wulff. Was heißt: Gerne mit Maske, wenn viele Menschen beisammen sind, und Abstand halten überall dort, wo man sich nahekommt.
Das wird in den Messehallen nicht so einfach sein, Leipzig ist eines der wenigen Indoor-Turniere, das in der Vergangenheit ein Schild „Sitzplätze ausverkauft“ vor die Tür hängen musste und wo, wer schon keinen der 7000 Sitzplätze abbekam, sich in den Gängen der Ausstellung drängeln konnte.
Darauf hofft Volker Wulff auch in diesem Jahr, obwohl er ziemlich sicher ist, dass aufgrund der enormen Verteuerung in vielen Bereichen die Besucher ihre Portemonnaies nicht so unbeschwert öffnen werden wie zu den Zeiten vor Corona, Krieg und Inflation. „Die Menschen sehen realistisch, dass sie weniger Geld zur Verfügung haben“, sagt Wulff.
Know-how und Sponsoren
Der Ticketverkauf laufe gut, auch in diesem Jahr, sagt Wulff. Am Wochenende, also Samstag und Sonntag, sind alle Sitzplätze ausverkauft, am Freitag ist noch Luft. Hinzu kommen rund 1000 Plätze für Sponsoren, Reiter und ihre Entourage. „Aber die Vorbereitung war alles andere als Routine“, versichert Wulff.
Das habe daran gelegen, dass viele Mitarbeiter im Event-Bereich in den vergangenen beiden Jahren abgewandert seien in andere Jobs. „Die haben sich ja nicht hingesetzt und Däumchen gedreht, bis es wieder losgeht, die kommen auch nicht zurück.“ Dadurch sei viel Know-how verloren gegangen. „Da muss erst wieder Neues aufgebaut werden.“ Sein eigenes En Garde-Team habe er zum Glück zusammenhalten können.
Die Sponsorensuche sei „viel Arbeit“ gewesen, „aber am Ende habe ich das Geld bekommen, das ich mir als Ziel gesetzt hatte.“ Auch viele Sponsoren waren nach der Corona-Dürre froh, wieder öffentlich in Erscheinung treten zu können.
Summen nennt Wulff nicht, nur den Gesamtetat: 5,5 Millionen Euro. Das Preisgeld beläuft sich auf 1,9 Millionen, dreimal so viel wie bei einem „normalen“ Leipziger Turnier, doppelt soviel wie beim Weltcup-Finale 2011.
Hinzu kommen 700.000 Euro für Nenngelder und Reisekosten, die der Weltcup-Veranstalter übernehmen muss.
Sportliches
36 Springreiter haben sich in den verschiedenen Ligen weltweit für das Finale qualifiziert, davon fünf aus Deutschland. Marcus Ehning, Christian Kukuk, Gerrit Nieberg, Philipp Schulze-Topphoff und David Will.
Es fehlen der beste Deutsche der Weltrangliste, Daniel Deusser (5.), und der Weltcupsieger von 2011, Christian Ahlmann. „Beide, wie wohl noch einige andere, hatten geplant, in der zweiten Hälfte der Qualifikationen, also erst in diesem Frühjahr einzusteigen,“ sagt Wulff.
Daraus wurde nichts, nachdem die letzten fünf Weltcup-Turniere wegen Corona abgesagt wurden, Basel, Mechelen, Amsterdam, Bordeaux und Göteborg. Die deutsche Qualifikation in Stuttgart wurde bereits im Herbst gestrichen. Damit waren die Chancen, die nötigen Punkte zu sammeln, drastisch reduziert. „Ja, das ist wirklich dumm gelaufen“, sagt Ahlmann, „es sollte der Wiedereinstieg für Dominator sein.“
Für Ahlmann war Leipzig immer ein besonders gutes Pflaster, hier gewann er 2011 den Weltcup, vor ihm bereits der heutige Bundestrainer Otto Becker (2002). In diesem Jahr konnten sich mehrere Reiter mit nur ein oder zwei Ergebnissen qualifizieren.
Mit der Starterliste ist Wulff dennoch zufrieden, sagt er. Sie wird angeführt vom automatisch startberechtigten Titelverteidiger Steve Guerdat, dem Sieger von 2019, und seinem Schweizer Landsmann Martin Fuchs. Aus Irland kommt der Punktbeste der Qualifikationen, Denis Lynch, aus Großbritannien der Senkrechtstarter Harry Charles zusammen mit dem Senior des Feldes, John Whitaker (66) und dessen Neffen Jack.
Hohe Favoritin im Dressurweltcup ist Olympiasiegerin Jessica v. Bredow-Werndl mit Tokio- Stute Dalera, das wird schwer für Titelverteidigerin Isabell Werth und Weihegold, die in Leipzig ihre Abschiedsvorstellung nach einer beeindruckenden Karriere geben soll.
Erst in letzter Minute konnten sich Helen Langehanenberg und Annabell qualifzieren. Dafür nahm die Reiterin noch einen Trip zum Weltcup-Turnier in Motesice in Kauf, einer Gemeinde mit 791 Einwohnern im Nordwesten der Slovakei, bis dahin nicht wirklich Hotspot der internationalen Dressur. Helen gewann vor der Polin Katarzyna Milzarek, mehr Konkurrenten waren nicht am Start, beide lösten ihr Leipzig-Ticket.
Bei den Fahrern teilen sich die Wetten zwischen dem unnachahmlichen Australier Boyd Exell und dem Niederländer Bram Chardon, für Deutschland kämpfen Michael Brauchle und Mareike Harm. Auch die deutschen Voltigierer Jannik Heiland, Janika Derks und Johannes Kay zählen zu den Favoriten.
Sammeln für die Ukraine
Der Krieg in der Ukraine lässt auch das Weltcup-Finale nicht unberührt, Kiew ist die die Partnerstadt von Leipzig. Deswegen wird es am Donnerstag eine Spenden-Gala geben, alle Reiter, Fahrer und Voltigierer werden mit der blau-gelben Fahne in die Arena kommen. Jedes Ticket gilt für zwei Personen.
Die Ukraine-Kosaken, die hier eigentlich einen Showauftritt haben sollten, sind verhindert, die Männer kämpfen um ihr Land. Ihr Chorleiter wird per Video zugeschaltet. Das Leipziger Crowd-Funding will pro Einwohner einen Euro sammeln, das wären 629.000 Euro. In diesem Fall gilt schließlich: Viel hilft viel!
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