Wolfgang Brinkmann zum 70. Geburtstag – der letzte Olympia-Amateur

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

70 Jahre – und doch ein bisschen weise, das ist Wolfgang Brinkmann, Mannschaftsolympiasieger 1988, Unternehmer unter anderen der Reitsportzubehörfirmen Pikeur und Eskadron, Züchter hochklassiger Springpferde und Trainer seiner beiden Söhne Torsten und Markus. Am 23. Mai feiert er seinen 70. Geburtstag.

Der fällt durch Corona bescheidener als geplant. Die große Fete soll vielleicht im Oktober nachgeholt werden, dann wird Markus 40. Jetzt gibt es eine gemütliche Grillrunde mit der Familie und den Mitarbeitern der Reitanlage.

Eigentlich sollte der 70. Geburtstag zugleich den Tag markieren, an dem er seinen Chefsessel in der Bugatti Holding Brinkmann für seinen Sohn Markus räumt, der bereits seit einiger Zeit zusammen mit seinem Vetter Julius, Sohn von Wolfgangs Bruder Klaus, in die Geschäftsleitung eingestiegen ist. Der geschäftliche Ruhestand muss nun noch etwas warten. In der jetzigen Corona-Krise, die die Textilbranche voll erwischt hat, behält die ältere Generation noch eine Weile die Zügel in der Hand.

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Wolfgang Brinkmann erhielt 2016 aus der Hand von FN-Präsident Breido Graf zu Rantzau das Goldene Reiterkreuz in Balve. (© www.toffi-images.de)

Zwei bis drei Pferde täglich

Und auch das zweite Leben des Wolfgang Brinkmann ist vom Ruhestand noch entfernt: Noch immer reitet er zwei bis drei Pferde täglich, betreut Markus zuhause und begleitet ihn auf Turnieren. So hält er Verbindung zu jenen, die jahrzehntelang sein Leben bestimmten: die Pferde und die Menschen, die mit ihnen umgehen.

Es war die Reitbegeisterung seiner Mutter, die Wolfgang Brinkmann und seinen auf den Tag zwei Jahre jüngeren Bruder Klaus in den Sattel brachte. Während Vater Friedrich Wilhelm Brinkmann mit dem Rückenwind der Wirtschaftswunderjahre aus einem Ein-Mann-Betrieb eines der größten deutschen Bekleidungsunternehmen aufbaute, förderte die Mutter die Passion der beiden Söhne.

Wie bei so vielen anderen standen Schulpferde, im Brinkmanns Fall beim Reiterverein v. Lützow Herford, am Anfang einer Karriere, die mal eine große werden sollte. Die Schlüsselfigur dieser ersten Jahre war Karl-Heinz Stranghöner, der aus einer Gruppe junger Reiter, darunter der spätere internationale Reiter Ulrich Meyer zu Bexten, die Mannschaft formte, die jahrelang bei Vereins- und Kreismeisterschaften vorne mitspielte.

Da war alles gefordert, Dressur, Gelände und Springen. „Wir waren fünf, und nur vier konnten in die Mannschaft, wir waren also immer Konkurrenten“, sagt Wolfgang Brinkmann heute. „Das hat uns motiviert, ohne Heinz Stranghöner wäre ich wahrscheinlich zum Fußball abgewandert.“

Nur für vier Jahre verließ er Herford, um im Rheinland zu studieren. Als er 1976 zurückkam, um in die väterliche Firma einzutreten, brachte er nicht nur Erfolge der Klasse S mit, sondern auch seine Frau, die Landwirtstochter Petra Schmitz.

Der Sport hat mich gelehrt: Wenn man runterfällt, kann man wieder aufstehen.

Wolfgang Brinkmann

Lebenspferd Pedro

In den 80er-Jahren nahm Brinkmanns Springreiterkarriere Fahrt auf. 1983 betrat ein großer brauner Westfale v. Pilot den Brinkmann’schen Stall in Herford. Er hieß Pedro, konnte Häuser springen und wurde das „Lebenspferd“ von Wolfgang Brinkmann, das ihn bis in die Olympiamannschaft und schließlich zur Mannschaftsgoldmedaille 1988 in Seoul trug. Es war das letzte Mal, dass ein lupenreiner Amateurreiter, für den der Sport die schönste Nebensache der Welt war, es in eine deutsche Olympiamannschaft kam.

„Das werden wir heute nie mehr erreichen“, sagt Wolfgang Brinkmann zu den Chancen seines Sohnes, es ihm gleich zutun. „Die Zeiten, in denen es Amateure in die Olympiamannschaft schaffen, sind vorbei. Ich freue mich, dass Markus da ist, wo er ist, in der erweiterten Olympiamannschaft. Er reitet vorne mit und wir können die Profis ein bisschen ärgern.“

„Der Sport hat mich gelehrt: Wenn man runterfällt, kann man wieder aufstehen.“

Eskadron und Pikeur

In den 90er-Jahren wurde das Unternehmen um die Reitzubehör-Zweige Eskadron (fürs Pferd) und Pikeur (für den Reiter) erweitert. Es fügte sich gut, dass die beiden „Brinkmänner“ Klaus und Wolfgang wussten, was sie und ihre Reiterkollegen brauchten. Gamaschen, Zaumzeug, Reithose, flotte Shirts und bequeme Jacken der beiden Label finden sich gefühlt heute in jedem Reiterhaushalt.

Einen weiteren Traum erfüllte sich Wolfgang Brinkmann erst nach dem Ende seiner aktiven Karriere: Er baute sich eine formidable Reitanlage in Herford-Laar und wurde Züchter. „Springpferde, Leistungspferde, das ist mein Zuchtziel, keine Fohlen für Schauen“, sagt er. Alles andere hätte einen auch gewundert. Die selbst gezogenen Jungpferde werden in Laar ausgebildet und in den Sport gebracht, nur so funktioniert die Zucht von Spitzenpferden heute.

In allen Bereichern des Pferdesports zuhause und bestens vernetzt, ist Brinkmanns Rat in der Szene gefragt. Seit 1990 ist er Präsident des Deutschen Reiter- und Fahrer-Verbandes, er wurde 2013 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet und erhielt 1988 die Fair-Play-Trophy der Unesco und des Verbandes Deutscher Sportjournalisten (VDS).

Wolfgang Brinkmann weiß, was er dem Sport verdankt: „Er hat mich gelehrt, wenn man runterfällt, dann kann man wieder aufstehen.“ Was würde er anders machen, wenn er nochmal 20 wäre? „Ich hätte ein paar Fehler ausgelassen, aber die große Linie stimmte.“

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

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  1. Anika

    Sehr schön geschrieben! Fand ich sehr interessant zu lesen, zumal mir, obwohl ich mich sehr für den Pferdesport interessiere, der Name nicht viel gesagt hat. Allerdings bin ich auch ein deutlich jüngeres Semester und 1988 war ich noch gar nicht geboren.

    Mich hat nur eines verwundert und zwar dieser Satz: „Es war das letzte Mal, dass ein lupenreiner Amateurreiter, für den der Sport die schönste Nebensache der Welt war, es in eine deutsche Olympiamannschaft kam.“
    Ich habe irgendwie immer gedacht, dass Hinrich Romeike mit seinem Marius der letzte Amateur für Deutschland im Reiten bei den Olympischen Spielen war. Aber vielleicht bezieht sich das auf den Springsport? Das würde mich sehr interessieren, weil, soweit ich weiß, Hinrich Romeike auch ein Amateur war.


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