Zwei wichtige Entscheidungen standen am letzten August-Wochenende an für den deutschen Vielseitigkeitssport – die Weltmeisterschaften in der Normandie und das CDV Cup-Finale auf Gut Waitzrodt bei Kassel. Beide endeten mit einem deutschen Zweifacherfolg. Und bei beiden war Petrus nicht wirklich auf Seiten der Buschreiter. Obwohl auch hier sowohl für Frankreich als auch für Hessen gilt: Es hätte noch schlimmer kommen können! Große Unterschiede gab es allerdings bezüglich der Gastgeberqualitäten in der Normandie und auf Gut Waitzrodt. Da war letzteres klar im Vorteil.
Widrige Wetterbedingungen und damit schwierige Bodenverhältnisse in Hessen wie in der Normandie die beherrschenden Gesprächsthemen. Während am Samstag für Dressur und Springen noch alles weitgehend trocken geblieben war und zeitweise sogar die Sonne durch die Wolken blitzte, war für die Nacht und den ganzen Sonntag heftiger Regen angesagt worden. Eingedenk des Lehmbodens, der der Region zwar reiche Ernteerträge schenkt, sich aber bei Nässe in eine schmierige tiefe Masse verwandelt, reagierten die Veranstalter unverzüglich, verkürzten die Strecke und setzten die erlaubte Zeit herauf. Trotzdem hatten einige Reiter Bedenken, so dass von den ursprünglich 50 genannten Paaren nur 19 tatsächlich am Sonntag ins Gelände gingen. Diejenigen, die verzichteten, drückten allesamt ihr Bedauern aus. Aber da die Saison noch nicht vorbei ist, wollte man keine verlorenen Eisen etc. riskieren. So blieb nur ein kleiner, aber feiner Kreis von Reitern, die es ruhig angehen ließen und ihr Tempo den Umständen anpassten. Ohne Zeitfehler kam keiner ins Ziel, aber die einhellige Meinung war: Es war absolut machbar!, vielfach ergänzt von der Aussage, froh zu sein, doch geritten zu sein.
Allerdings kamen einige Reiter auch nicht ins Ziel. Das hatte allerdings nichts mit dem Boden zu tun. Als Klippe hatte sich Hindernis Nummer fünf erwiesen, ein Trakehner Graben in einer Senke, hinter dem es sofort um die Kurve und wieder bergauf ging. Wer an diesem Tag im Gelände ausschied, der scheiterte an diesem Sprung bzw. vor ihm. Nicht dieses Hindernis, aber sechs andere waren übrigens mit dem sogenannten MIM-Safety-System aus Schweden ausgestattet, einem FEI-zertifizierten Sicherheitsgelenk, das dafür sorgt, dass der obere Teil eines Hindernisses bei einem Anprall von 300 Kilogramm und mehr abklappt. Auf Gut Waitzrodt kam das MIM-System erstmals zum Einsatz, finanziert durch den CDV. Die Wahrscheinlichkeit der lebensgefährlichen Rotationsstürze soll mit diesem Sicherheitsgelenk deutlich verringert werden. Einmal löste sich das MIM-System im CIC*, nach Touchieren der Hinterhand eines Pferdes an Hindernis 12, der Bank auf dem Warthügel. Reiter und Pferd kamen unbeschadet ins Ziel. Wie alle anderen übrigens auch.
Ein Paar, das schon in der Dressur positiv auffiel, waren Natascha Feld aus Schleswig-Holstein und die OS-Stute Athina Quandolyn. Und zwar nicht nur, weil die Quando-Quando-Tochter mit ihrer braun-gescheckten Fellfärbung ein echter Hingucker ist. Auch ansonsten war hier einfach deutlich zu sehen: Das ist ein eingespieltes Team. Im Parcours setzte sich dieser Eindruck fort nicht selbstverständlich an diesem Wochenende, denn unter anderem eine dreifache Kombination stellte viele Paare vor große Probleme. Nicht so Natascha und Athina. Die beiden überwanden die Klippen mit größter Selbstverständlichkeit genauso wie Tags darauf im Cross, wo sie von allen Paaren der Bestzeit am nächsten kamen. Das ist auch kein Wunder: Athina und ich, wir sind genau gleich!, sagt die 23-jährige Natascha Beide ein bisschen zickig. Deshalb haben sie sich wohl auch von Anfang an so gut verstanden, obwohl die Scheckstute mit dem Prädikat unreitbar als Vierjährige zu Natascha kam. Die hatte keinerlei Probleme mit der eigenwilligen Diva. Ihr Herz hing eigentlich immer an der Dressur (was man bei ihrer Vorstellung im Viereck von Gut Waitzrodt auch sah, die sie mit 48,30 Minuspunkten als Achte beendeten), vorm Springen hatte sie nach eigener Aussage großen Respekt. Das änderte sich mit Athina Quandolyn. Die Züchterin und Besitzerin wollte immer einen ihrer Schecken im Busch sehen. Das einst als hoffnungsloser Fall abgestempelte Pferd hatte sich inzwischen zur Streberin entwickelt, ihre Stutenschau gewonnen und lernte willig und problemlos. Und auch Natascha lernte nämlich Athina zu vertrauen. Und so haben die beiden sich nun bis zum Stern vorgekämpft, um schließlich der Hausherrin Josefa Sommer um 0,10 Punkte den Sieg abzuluchsen. Natascha kam auf 58,30 Minuspunkte, Josefa auf 58,40. Damit gebührte dem Gast aus Schleswig-Holstein nicht nur die Decke für den Sieger des CDV Cups (sowie das Portrait ihres Pferdes aus der Hand der Künstlerin Kerstin Hoffmann), sondern auch noch die für den Gewinn der Prüfung. Gut, dass es schon recht herbstlich frisch war, sonst wäre Athina unter ihren beiden Trophäen zerflossen.
Zweite der CDV Cup-Wertung wurde Marie-Sophie Arnold auf dem neunjährigen Hannoveraner Remember Me. Er war ein echter Glücksgriff, schwärmt die 18-jährige Schülerin, die mit Pferd und Sack und Pack ganz alleine aus Rheinland-Pfalz nach Hessen gereist war. Für Remember Me war es allerdings eine Art nach Hause kommen, denn bei den Sommers hatte Marie-Sophie ihn einst entdeckt. Damals war er sechsjährig und ohne jegliche Turniererfahrung, erinnert sie sich. Das änderte sich als der große Braune zu ihr kam. Innerhalb von drei Jahren schaffte er es von Null auf L-Dressur, M-Springen und erste Ein-Sterne-Erfahrungen in der Vielseitigkeit. Daher das Fazit: Das war ein echter Glücksgriff! Dank hindernisfehlerfreier Runden in Parcours und Gelände zusammen mit einer 50,90er-Dressur landeten die beiden auf dem fünften Platz der Gesamtwertung der Prüfung und waren zweitbestes CDV-Paar, was ihnen ein Paar Michael Jung-Geländegamaschen bescherte.
Platz drei ging an einen alten Hasen im Busch, der nach eigener Aussage nicht gedacht hätte, noch mal an so ein Pferd zu kommen, wie das, welches er auf Gut Waitzrodt mit dabei hatte: Helmut Bergendahl mit der erst sechsjährigen Holsteiner Stute Quimby v. Quadrigo-Aljano. Mit ihr habe ich mir den Traum von einer Holsteiner Stute erfüllt, sagt der Mann aus Hamminkeln. Dabei war es eher ein Zufall, dem er die Erfüllung dieses Traums verdankt. Die Stute war nämlich die Bezahlung für ausstehende Boxenmieten des Vorbesitzers. Jetzt erfreut sie mich jeden Tag aufs Neue, sagt Bergendahl. Für Drei- und Vier-Sterne-Prüfungen sei sie zu kalibrig, befürchtet er. Aber das sei auch gar nicht schlimm. Er wolle sie sowieso irgendwann decken lassen. Einen Hengst hat er auch schon im Auge: den Vollblüter Asagao xx aus dem Besitz von Markus Hoffrogge. Der im Gelände, das ist nahe der Perfektion, schwärmt Bergendahl. Aus der Kombination seiner springgewaltigen Quimby (die mit ihren sechs Jahren schon M**-Platzierungen hat) und des filigranen, wendigen Vollblüters erhofft er sich das perfekte Vielseitigkeitspferd. Klingt plausibel! Bergendahl gehörte auch zu denjenigen, die große Bedenken wegen des schweren Bodens hatten. Nach seinem Ritt sagte er: Jetzt bin ich froh, es gemacht zu haben! Er meinte, er hätte sogar noch ein wenig schneller reiten können, dann wäre er womöglich noch weiter vorne gelandet. Aber auch so war er äußerst zufrieden und nahm einen neuen Geländehelm als Ehrenpreis entgegen.
Platz vier in der CDV Cup-Wertung ging an die 20 Jahre alte Larissa Reikowski auf dem ihrem achtjährigen Deutschen Sportpferde-Wallach Monte Negro v. Monte Bellini-Goethe. Ich weiß, nicht unbedingt das, was man bei einem Vielseitigkeitspferd erwartet, aber es war einfach Liebe auf den ersten Blick! Die Studentin der Bildungswissenschaften ist eher eine Spätberufene im Busch. Mit 16 ließ sie sich von ihrer Vielseitigkeits-begeisterten Reitlehrerin anstecken, hatte damals aber noch nicht das richtige Pferd. Das waren ständige Hochs und Tiefs, naja eigentlich überwiegend Tiefs, schmunzelt Larissa. Daher entschloss sie sich, Ausschau nach einem geeigneteren Partner für den Busch zu halten. Im Internet wurde sie fündig, fuhr los, probierte Monte Negro aus (der bis dato nur Springpferdeprüfungen gegangen war und auch dressurmäßig nur marginale Vorkenntnisse hatte) und schlug zu. Zusammen sind die beiden immer besser in den Vielseitigkeitssport hinein gewachsen, wobei Springen und Gelände ohnehin nie ein großes Problem waren. An der Dressur arbeiten wir noch. Aber die 56,20 Minuspunkte hier, das war für uns schon sehr gut! Weniger zufrieden war Larissa diesmal nach einem Vorbeiläufer an Sprung 17, der Feld-Ecke mit dem Gelände: Das war mein Fehler! Er wäre gesprungen, wenn ich nicht so doof geritten wäre! Man lernt bekanntlich aus den Erfahrungen
Im kommenden Jahr gibt es ja wieder einen CDV Cup. Wie die CDV-Vorsitzende Nicole Sollorz betonte: Und wir kommen immer wieder gerne hierher! Denn trotz widriger Wetterbedingungen haben die meisten Beteiligten die Gastfreundschaft und die familiäre Atmosphäre auf Gut Waitzrodt außerordentlich genossen. Dafür auch von Seiten des CDV an dieser Stelle noch einmal ein herzliches Dankeschön an Familie Sommer! Und auch an den Sponsor Krämer, der als großer Förderer der Vielseitigkeit sämtliche Ehrenpreise des CDV-Cups zur Verfügung gestellt hat. Bis zum nächsten Jahr, wenn es wieder heißt Auf dem Weg zum Stern!
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