Polizei vorm Portal, am Eingang zum Gerichtssaal Metalldetektoren – das Landgericht Kiel hatte sich gewappnet zum ersten Tag des Prozesses gegen die ehemalige Weltcup-Reiterin Christine W., der Tierquälerei in 15 Fällen vorgeworfen wird. Zum heutigen Prozessauftakt blieb der große Ansturm der Öffentlichkeit aus. Dafür waren viele Medienvertreter vor Ort.
Es geht in diesem Prozess um Vorkommnisse aus Norderstedt zwischen Ende Oktober 2006 bis Mai 2007 sowie Ereignisse aus dem Juni 2007, als die ehemalige Weltcupreiterin in Halstenbek auf dem Brander Hof der Familie Heyser trainierte. Und die ihr anvertrauten Pferde nach ihren Vorstellungen von Dressurausbildung arbeiten konnte. ST.GEORG hatte in der Augustausgabe 2007 über die Vorkommnisse in Norderstedt, wo ein Video aufgezeichnet wurde, berichtet.
Die Verteidiger von Christine W. versuchten zunächst, die beiden Gutachter im Prozess für befangen zu erklären. Sowohl der Tiermediziner Professor Dr. Peter Stadler als auch Thies Kaspareit, Leiter der Akademie des Pferdes bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), könnten nicht mit Neutralität, Distanz und Unbeteiligtkeit den Sachverhalten gegenüber treten. Veterinär Stadler soll u.a. klären, inwiefern den Pferden Schmerz beigefügt wurde, Kaspareit soll einschätzen, ob die von den Zeugen geschilderten bzw. auf dem Video zu erkennenden Trainingsmethoden im Rahmen der Ausbildungsprinzipien geschehen. Die Verteidiger sprachen von einer gerichtsbekannten Vorverurteilung und vermeintlich investigativem Journalismus im Vorfeld des Verfahrens, scheiterten aber mit ihrem Antrag. In ihren Ausführungen gingen Christine W.s Verteidiger soweit, dass sie ausländische Gutachter forderten, da der Disziplinierungsarm der FN weit reiche.
Als erster Zeuge wurde ein Pferdepfleger gehört, der das Video gedreht hatte. Immer wieder wurde die Betrachtung unterbrochen, um zu klären, ob es sich um ein manipuliertes Video handelt, wie es die Verteidigung nachzuweisen versuchte. Die Frage, die im Raum stand: Lassen die kurzen Unterbrechungen, die das Video aufweist, den Schluss zu, dass hier Filmmaterial aus verschiedenen Tagen zusammengefügt wurde? Zuvor hatten die Anwälte von Christine W. vergebens versucht, das Zeigen des Videos zu verhindern, weil sie es als Eingriff in die Privatsphäre ihrer Mandantin verstanden wissen wollten. Auch diesem Antrag wurde nicht stattgegeben. Zur Sprache kamen in der Befragung auch die verschiedenen Personen, die auf dem knapp einstündigen Videoband zu sehen sind. Menschen, die Pferde am Viereck vorbeiführen, während dort das Pferd Wolke die Fuchsstute, die auch auf den Videoaufnahmen aus Dänemark von September 2008 zu sehen ist eine Trainingseinheit mit extrem ausgebundenem Hals, Gertenschlägen auf Kopf, Hals und Körper, Sporenstichen und ruckartigem Reißen am Zügel über sich ergehen lassen muss. Meike hat das geschluckt, weil sie froh war, n Job zu haben, erläuterte der Zeuge, warum eine zu der Zeit bei Christine W. angestellte Pferdepflegerin dem Treiben zusah.
Die zweite Zeugin, die während der Videoaufnahmen ebenfalls zu gegen war, beschrieb das, was sie immer wieder im Stall Immenhorst sehen musste, wenn Christine W. ritt: Schläge mit der Gerte, Striemen, Rädchensporen, die immer wieder mit größtmöglicher Wucht in die Flanken des Pferdes gestoßen wurden, extrem eng ausgebundenes Longieren auf einem Radius von vier bis sechs Metern, Pferde die in ihrer ausweglosen Situation rückwärts liefen und Löcher in die Bande schlugen.
Fortgesetzt wird der Prozess am kommenden Donnerstag, insgesamt sind sieben Verhandlungstage angesetzt.
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