Distanzskandal: Haya in Panik

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Die Präsidentin der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI), Prinzessin Haya, steht mit dem Rücken zur Wand. Die skandalösen Tierschutzverstöße im Distanzreiten holen sie als Gattin des Hauptakteurs, des Dubai-Regenten Scheich Mohammed, ein. Stimmen mehren sich, die die Präsidentin für nicht mehr tragbar halten. Besonders hart trifft die Kritik des belgischen Distanz-Nationaltrainers Pierre Arnould. Er fürchtet um die Existenz dieses Sports.

Mit einem geradezu beschwörenden Brief (Helfen Sie Ihrer FEI , die schwierige Aufgabe zu lösen) wandte sich die Präsidentin der Internationalen Reiterlichen Vereinigung (FEI), Prinzessin Haya von Jordanien, an die nationalen Mitgliedsverbände. Sie steht unter Druck wegen der Machenschaften ihres Gatten, des Dubai-Regenten Scheich Mohammed ben Rashid al Maktoum, Zentralfigur des Distanzreiter-Skandals, der seit einem halben Jahr weltweit die Medien beschäftigt. Es geht um tote Pferde, gebrochene Beine, Doping, Korruption und dreiste Regelverstöße Vorwürfe, auf die die  FEI in den Augen ihrer Kritiker, vor allem aus der Schweiz, Belgien und Frankreich, nur halbherzig reagiert hat.

Schlimmer als die Kritik aus den Medien treffen Haya freilich die Worte des Belgiers Pierre Arnoult, belgischer Nationaltrainer, ehemaliger Distanzreiter und Mitglied des FEI Endurance-Komitees, sozusagen aus den Reihen der FEI selbst.

Arnould hat in einem Interview mit dem Londoner Daily Telegraph davor gewarnt,  dass das Distanzreiten in seiner Existenz bedroht sei, falls der Dachverband nicht endlich tätig wird. Arnould spricht von Dutzenden von toten Pferden in der Saison 2011 bis 2012 in den Langstreckenrennen des mittleren Ostens. Wenn wir nicht schnell etwas unternehmen, wird es in ein paar Jahren keinen Distanzsport mehr geben, jemand wird ihn abgeschafft haben. Arnould spricht auch von Bestechung von Offiziellen, die doch eigentlich die Einhaltung der Regeln überwachen sollen. Auch dem von der FEI eingesetzten Arbeitskreis, der die Vorfälle untersuchen soll, traut er keine unabhängigen Entscheidungen zu.

Mit ungewöhnlicher Schärfe reagierte zunächst FEI-Generalsekretär Ingmar de Vos auf die Vorwürfe Arnoulds. Er unterstellt seinem Landsmann Illoyalität gegenüber der FEI sowie Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht und droht mit Konsequenzen. Tatsächlich muss jedes Komitee-Mitglied unterschreiben, dass alles, was in den (nicht-öffentlichen)  Sitzungen besprochen wird, vertraulich behandelt wird. Allerdings hat Arnould  nicht als FEI-Vertreter gesprochen, sondern als ein dem Distanzsport verbundener Privatmann und hat somit  keine Geheimnisse ausgeplaudert. Auch der Vorwuf, er habe sich der FEI gegenüber illoyal verhalten, wird sich schwerlich aufrecht erhalten lassen. Denn glaubt man die wortreichen Beteuerungen der Präsidenten in all den Jahren, steht doch die Sorge um das Wohl des Pferdes an oberster Stelle für die FEI. Und gerade die hat Arnould zum Ausdruck gebracht.

Nach de Vos griff Haya zur Feder.  Ihr wird von ihren Kritikern  aufgrund ihrer familiären Verstrickungen Befangenheit vorgeworfen. Das wies sie vergangenen Freitag in einem langen Brief an die Föderationen zum wiederholten Mal zurück, verspricht Aufklärung wieder einmal.  Sie habe bereits bei Amtsantritt 2006 gewusst, dass ein möglicher Interessenkonflikt zum Thema Distanzreiten bestehe und die Verantwortung in diesem Bereich an die Vizepräsidenten sowie das Exekutive-Board delegiert. Diese Haltung habe ich während meiner gesamten Amtszeit aufrechterhalten, schreibt sie. Tatsächlich wird niemand ihr unterstellen, dass sie an  irgendwelchen tierschutzrelevanten Manipulationen aktiv beteiligt war. Aber sie hat sie nicht nur nicht verhindern können, sondern die skandalösen Verstöße gegen das Wohlergehen des Pferdes auch dann noch nicht beim Namen nennen lassen, als die Ziele einer Arbeitsgruppe formuliert wurden, die sich mit dem Distanzreiten beschäftigten soll. Da geht es nur um die Weiterentwicklung des Sport in den nächsten zehn Jahren, keine Rede davon, dass Tierquälern beim Namen genannt und ihnen das Handwerk gelegt werden muss. Eine Gruppe Europäer wird an der Distanzreiterkonferenz in Abu Dhabi kommende Woche teilnehmen, darunter auch die Deutschen Hanfried Haring, Präsident des europäischen Verbandes EEF, und der Generalsekretär des  mit seiner Kritik bisher äußerst zurückhaltenden deutschen Reiterverbandes, Soenke Lauterbach. Bei der FEI-Generalvesammlung in Montreux Anfang November sollen erste Ergebnisse vorgelegt werden.

Für Haya droht das Distanz-Desaster das Image von der um sauberen Sport kämpfenden Präsidentin zu zerstören, an dem sie sieben Jahre lang gebastelt hat. Unter ihrer Ägide wurden die Doping-Regeln verschärft, im Falle des Entzündungshemmers Phenylbutazon allerdings erst nach einem medialen Aufschrei.  Ihr verdankt der Sport nicht nur millionenschwere Sponsorenengagements sondern auch eine Einrichtung mit dem schönen Namen Integritätseinheit, unter Leitung des früheren Scotland Yard Chefs Lord Stevens. Auch er soll jetzt im Falle des Scheichs und seiner Entourage ermitteln. Ein Rücktritt Hayas noch vor Ablauf ihrer zweiten Amtsperiode ist nicht mehr ausgeschlossen. Ein mehrheitsfähiger Nachfolger ist nicht in Sicht. Es scheint, dass die Probleme jetzt erst richtig Fahrt aufnehmen.

Gabriele Pochhammer

 

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