Die Hand ruhig, die Einwirkung dezent – so ist Andrea Timpe heute Siegerin im Deutschen Dressur-Derby 2023 geworden. Die Berufsreiterin aus Hattingen ritt im Finale mit Pferdewechsel auf die Ränge drei, vier und fünf und gewann damit klar. Platz zwei ging an die Norwegerin Mathilde Merethe Klaesson vor Felix Kneese.
Bis feststand, dass Andrea Timpe Siegerin im Deutschen Dressur-Derby 2023 ist, musste sie dreimal ins Viereck. Auf ihrem eigenen Pferd Don Carismo (69,967, Platz vier im Ranking) als erstes. So will es der Modus beim Pferdewechsel. Zunächst reiten alle Konkurrenten ihre eigenen Pferde.
Schon in dieser Runde stellte sich heraus, dass die Piaffe zu den Lektionen zählt, die Don Carismo nicht gerade in die Wiege gelegt worden sind. Aber was ebenso auffiel: Das ruhige Maul, die feine Anlehnung. Die zweite Piaffe vorm Schlussgruß gelang lebhafter als die erste. Bei der Einleitung zu den 15 fliegenden Galoppwechseln von Sprung zu Sprung sprang der Hannoveraner den ersten Wechsel nicht durch. Platz drei nach dem ersten Durchgang, „ da habe ich schon zu Dolf gesagt, das kann ich ja nicht mehr aufholen.“ Was Trainer, und Derbysieger, Dolf Dietram Keller entgegnet hat, ist nicht bekannt. Aber Grund Trübsal zu blasen, hatte Timpe, die im letzten Jahr eine Verletzungspause hatte, schlussendlich nicht.
Zuerst mit den eigenen Pferden ins Viereck
Felix Kneese hatte den Oldenburger San Simeon fürs Finale qualifiziert. Der hochbeinige Wallach wirkte schon bei seinem eigenen Reiter nicht immer zufrieden im Maul. Etwas, das unterm Sattel der späteren Siegerin deutlich besser aussah. Wohl auch, weil Timpe alle drei Pferde mit deutlich weniger Anlehnung an der Kandare ritt. San Simeon war das Pferd, das auch unter den „Fremdreiterinnen“ die besten Piaffen und Passagen zeigte. Hier vermochte Timpe den Wallach dazu animieren, sich selbst in der Piaffe zu tragen. Was das Pferd unter allen drei Finalisten vermissen ließ: Längsbiegung in den Pirouetten und Galopptraversalen. Freilich hatte der große Rappe auch mit der Atmosphäre zu tun, niemand schaffte es, im Schritt den Oldenburger zum sicheren, entspannten Schreiten auf der Diagonalen zu bekommen. Timpe kam auf 70,267 Prozent. Kneese hatte „seinen“ San Simeon mit 70,7 Prozent ins Ziel gesteuert.
Bevor die neue Siegerin im Deutschen Dressur-Derby Kneeses Rappen ritt, hatte sie noch den Dänen Sandbæks Rio El der Norwegerin Mathilde Merethe Klaesson präsentiert. Die skandinavische Kombination war zunächst mit 71,433 Prozent in Führung gegangen. Klaesson und ihr Wallach sind ein gut eingespieltes Team, waren 2022 in Herning bei den Weltmeisterschaften am Start. Derzeit trainieren sie in Mühlen auf der Anlage von Paul Schockemöhle bei der Total Hope-Reiterin Isabel Freese, die wie Klaesson aus Norwegen stammt.
Feines Reiten der Siegerin im Deutschen Dressur-Derby 2023
Andrea Timpe kam mit Sandbæks Rio El gut zurecht. Auch hier immer bemüht, eine feine, leichte Verbindung zum Pferdemaul aufzubauen. Die Piaffen gelangen ordentlich, wenn auch nicht ganz so fein abgestimmt wie mit der eigentlichen Reiterin, der starke Schritt war sicher, die Rechtspirouette im Galopp etwas groß. Immer wieder klopfte Timpe den hellbraunen Wallach. Tenor: Viel klopfen, wenig Kandare, schönes Reiten. Schon gestern hatte die Ausbilderin aus Hattingen den Anrecht-Investment Harmonie & Fairness Preis für ihr Reiten auf dem Derbyturnier in Empfang genommen. Die zweite Pirouette gelang etwas besser als die erste. Auch die Zweierwechsel sahen zunächst gut aus. Bis zum vorletzten, da kam dann noch ein Fehler. Die 15 Einerwechsel gelangen, wobei Timpe den Wallach, der unter Mathilda Merethe Klaesson schnurgerade diese Wechseltour gesprungen war, etwas deutlich stellte. Dadurch waren die „Einer“ nicht ganz so gerade. 69,0 Prozent gab es für diese Runde.
Am Ende summierten sich Timpes Resultate auf 209,234. Das war ein klarer Sieg. „Ich habe nicht gut geschlafen, obwohl ich eigentlich nicht nervös bin“, so Timpe. Sie habe sich „total wohl auf beiden anderen Pferden gefühlt“. Nur bei der Ehrerunde in der Springarena stimmte die Planung nicht: „Hättste mal die Bügel kürzer geschnallt, im leichten Sitz wäre das noch schöner gewesen. Und Trab auf dem Derbyplatz – das geht doch gar nicht!“, so die Siegerin im Deutschen Dressur-Derby 2023.
Mathilde Merethe Klaesson wird Zweite
Mit ihrem ruhigen Sitz stellte die Norwegerin die beiden Pferde der anderen Finalisten sicher vor. Mit beiden Pferden kam sie auf 68,133 Prozent. Auf San Simeon zeigte auch sie eine Piaffe in guter Selbsthaltung mit feinem Händchen. Im Schritt guckte der Wallach einmal, sie klopfte ihn und brachte zumindest etwas Ruhe in den hochbeinigen Wallach. Trotzdem schlichen sich einige Fehler ein. So sprang San Simeon einmal in den Kreuzgalopp vor dem fliegenden Galoppwechsel nach dem starkem Galopp auf der Diagonalen. Die Linkspirouette war groß.
Mit Andrea Timpes Don Carismo, den die Norwegerin als Dritte vorstellen musste, startete sie sehr konzentriert. Die erste Piaffe zeigte das Paar kaum. Der Schritt gelang sicher. Die erste Pirouette war eher groß. Den Wechsel nach dem starken Galopp sprang Don Carismo vor der Hilfe. Die Norwegerin lächelte kurz. Zu Beginn der Zweierfehler fanden die beiden noch nicht voll zueinander, dann aber lief es. „Beim Abreiten hatte es super geklappt“. Die 15 Einerwechsel waren genauso: super.
207,699 lautete das Gesamtergebnis für die junge Norwegerin, die eigentlich nur ein CDI gesucht hatte, „zu dem man nicht so weit fahren muss.“ Und nun hat sie den Sieger der Pferde im Stall. Sie sei sehr stolz. „Alle Pferde waren toll ausgebildet“, lobte sie die Finalisten.
Felix Kneese – der Hochaufgeschossene
Nachdem Dressurausbilder Felix Kneese zu Beginn mit seinem Pferd San Simeon mit 70,7 Prozent die insgesamt zweitbeste aller Prüfungen geritten hatte, musste er auf Andrea Timpes Don Carismo ins Viereck. Gleich zum Auftakt stolperte der Wallach im starken Trab. In der Piaffe ging der „lange Kerl“ Kneese in den Entlastungssitz. Das Konzept ging aber nur bedingt auf. Mehr Biegung hätte man der Galopptour gewünscht (anders als bei Timpe). In den Zweierwechseln war der Wurm drin. Seine langen Beine hätten schon beim Abreiten Don Carismo etwas durcheinander gebracht, verriet Kneese. Er nahm die „kaputten“ Zweierwechsel mit Humor, lachte und klopfte das Pferd der Siegerin im Deutschen Dressur-Derby 2023. Don Charismo bedankte sich mit 13 guten Einerwechseln, am Ende aber leider doch ein Fehler. Die letzte Piaffe gelang besser.
Zum Abschluss zeigte Kneese Sandbæks Rio El. Großer Reiter, mittelrahmiges Pferd. Kneese versuchte, sich leicht zu machen. In der Piaffe wurde der Wallach etwas eng, im Schritt zackelte er einmal an. Auch die Einerwechsel verliefen nicht nach Plan. 68,733 Prozent gab es für diesen abschließenden Ritt. Mit 205,333 Prozent wurde der Mann aus Appen bei Pinneberg Dritter.
Thema Starterfeld
Das überschaubare Starterfeld, das Veranstalter Volker Wulff mit Regeländerungen begründet hatte, war das Thema am Rande des Dressurvierecks. Er wolle sich etwas einfallen lassen, so Wulff in seinem Fazit nebulös. „Der Pferdewechsel wird bleiben, wir werden Wege finden, mehr Konkurrenz im Viereck zu haben“.
Die Ergebnisse im Deutschen Dressur-Derby 2023 finden sich hier in der Übersicht und hier tabellarisch.
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