Beim CHIO Aachen blickten heute alle gespannt ins Viereck. Denn dort gingen zwei Dressurpferde, für die es um die WM-Teilnahme geht. Beide machten Fehler in den fliegenden Galoppwechseln und trotzdem machte Bella Rose Isabell „happy“. Und gleiches gilt für Showtime und Dorothee Schneider.
Isabell Werth hatte einen der vorderen Startplätze erwischt. Bei Temperaturen um 26 Grad kam die Stute ins Dressurstadion. Das Einreiten gelang sicher. Die Stute trabte aber zunächst eilig. Den ersten starken Trab hätte man sich mit mehr Rückentätigkeit gewünscht und auch mit mehr Übertritt aus dem Hinterbein. Die Richter vergaben Noten von 6,0 bis 7,5. Im Verlauf der Prüfung ließ die Stute mehr los. Dabei halfen ihr auch ihre Paradelektionen. In Piaffen und Passagen brillierte sie wie vor vier Jahren. Gleichmäßig im Takt, fließend im Übergang. Manchmal, Jammern auf hohem Niveau, hätte die Anlehnung noch etwas konstanter sein können.
Gerade die Lektionen, in denen reiterlich variiert werden kann, wenn das Pferd von Hause aus mit dem richtigen Go ausgestattet ist, nutzte Isabell Werth im Trab, um die Rückentätigkeit zu verbessern. Die Trabtraversale nach links (Noten zwischen 7,5 und 9,0) war solch ein Beispiel. Das war wieder die Bella Rose, von der Isabell Werth sagt, „sie vereint eigentlich alles, was ein Gigolo, ein Satchmo, eine Weihe(gold) oder auch Emilio haben oder hatten. Nur keines der Pferde ist so komplett wie diese Stute.“
Sie ist mein Traumpferd von dreijährig bis jetzt.
In der Galopparbeit schaffte es Isabell Werth noch nicht, Bella Rose vollends relaxed zu präsentieren. Das zeigte sich in vielen Kleinigkeiten, aber vor allem in zwei dicken Patzern. Sowohl in den 15 fliegenden Wechseln von Sprung zu Sprung als auch zuvor den neun Zweierwechseln patzte das Paar. Zu viel Energie! Es seien Momente wie „bei den Einern, zack, dass sie mir zuvor kommt. Wo ich sage, brrrrr! Warten, nicht losrennen! In der Trabverstärkung ist es dasselbe“.
Auch die Galopppirouetten waren wenig gesetzt und zumindest die erste hatten mehr als die ideale Anzahl von sieben Galoppsprüngen für die 360-Grand-Wendung. Kein Problem der Pirouette, sei das, sondern eines der Vorbereitung. „Ich bin immer noch damit beschäftigt, da hinzukommen. Das ist noch nicht die optimale Pirouette, aber vielleicht klappt das am Freitag schon besser.“
„Kann ein Pferd besser traversieren als Bella Rose?“
Die Frage stellt Isabell Werth unverhohlen. Und man kennt ihre Antwort. Morgens hatte die Stute beim Training noch recht geladen gewirkt. Was man sonst eher selten bei Isabell Werth sieht: Sie wiederholte eine Lektion immer wieder. Nicht irgend eine. Sondern die erste. Sprich. „Einreiten im versammelten Galopp, X halten, grüßen“. Bella Rose gab die Arbeitseifrige. So schön die „Energie ist, die ich immer wieder kanalisieren muss“, wie Isabell Werth nach der Prüfung sagte, so groß die Aufgabe der Reiterin, das Pferd einfach nur dazu zu bringen, entspannt bis zum Mittelpunkt zu galoppieren.
77,587 Prozent bedeuteten den Sieg in der Prüfung. Siege hat Isabell Werth viele in ihrer Karriere gefeiert, auch in Aachen. Aber dieser könnte ein besonders wichtiger sein. Denn die Teilnahme an der Weltmeisterschaft in acht Wochen in den USA ist jetzt fast schon zum Greifen nah. Entscheiden wird der Dressurausschuss. Und Soenke Lauterbach, Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN, machte am Rande der Veranstaltung noch einmal deutlich, wie wichtig der Beschlus ist, nur gesunde Pferde mit nach Tryon zu nehmen. „Pferde, sie sich über die Saison bewiesen haben“. Für Isabell Werth ist Bella Rose ein solches Pferd:
Der Traum ist September ohne wenn und aber, dem sind wir heute ein Schrittchen näher gekommen.
Isabell Werth zu ihren Chancen, mit Bella Rose zur WM zu fahren
Genannt werden müssen die Pferde am 3. September, am 11. September steht die Eröffnungsfeier in Tryon an. Entscheidend für die Wahl des Dressurausschusses, mit welchem Pferd das Gremium Isabell Werth in Tryon sieht, wird auch die Entwicklung sein in den kommenden Wochen. Für die vergangenen Tage zieht Isabell Werth schon einmal ein postives Urteil. „In Wattens hat sie keinen technischen Fehler gemacht, aber ich merke, wie sie von Wattens bis hier was mitgenommen hat, sich weiterentwickelt hat, geschlossener geworden ist“. Bella Rose ist ein Pferd, das die emotionale Seite von Isabell Werth hervortreten lässt. „Das Pferd hat solch einen unglaublichen Willen und eine solche Freude sich zu bewegen. Ich glaube, sie weiß, dass sie wieder zurück ist.“ Trotzdem blickt die erfolgreichste Dressurreiterin aller Zeiten auch voraus. In zwei Jahren stehen Olympische Spiele an. „Tokio haben wir im Visier, aber wenn das mit Tryon klappen würde …“ Isabell Werth stockt die Sprache, hinter der Sonnenbrille werden die Augen feucht.
Übrigens hat Bella Rose nicht nur zweibeinige Fans. Der treueste Anhänger der Bellissimo M-Tochter ist ihr „Großcousin“ Emilio. Der wiehert ihr hinterher, sobald sie den Stall verlässt. Mit Emilio wird Isabell Werth am Donnerstag im Nationenpreis mit der deutschen Mannschaft an den Start gehen.
Nicht nur Bella Rose, auch „Showi“ ist in Schuss
Und noch ein Pferd hat sich zurück gemeldet: Mannschaftsolympiasieger Showtime. Nach längerer Verletzungspause hat Dorothee Schneider den Sandro Hit-Sohn wieder im Viereck präsentiert. Auch er war schon in Wattens mit, „aber nur zum Training“, sagt Dorothee Schneider. Sie ist glücklich, dass sich der Wallach so gut präsentiert hat. „Er war schon ,an‘, aber er war bei mir – das hat ja zum Beispiel der starke Schritt gezeigt, in dem er schön zum Schreiten kam“, zieht Schneider ein positives Fazit. Auch diesem paar misslangen sowohl die Zweier- als auch die Einerwechsel. „Eine Frage der Feinabstimmung, aber ich bin ja froh, dass er so voll Energie ist“, sagt die Weltcup-Fünfte, die morgen mit Sammy Davis jr. an den Start gehen wird. Der Hannoveraner Showtime kam auf 75,652 Prozent, einmütig Platz zwei bei allen Richtern. In den Passagen und der sehr gut gelungenen Galoppirouette rechts standen auch schon wieder Neunen im Protokoll.
Dritte wurde Jessica von Bredow-Werndl mit Zaire. 72,609 Prozent – die Note wurde vor allem durch fehlerhafte Einerwechsel gedrückt. Die Passagen und Piaffen lagen durchschnittlich alle zwischen 8,0 und 8,5. Vierte wurde Fabienne Müller-Lütkemeier mit dem mächtigen Fabregaz. Dessen Leistung wurde von den Juroren wenig einheitlich beurteilt. Hinter einer Endnote von 71,935 Prozent verbargen sich Rangierungen zwischen Platz zwölf und Platz vier. Zwei US-Amerikaner gelang es, in die Phalanx der deutschen Dressurreiter einzudringen. Steffen Peters wurde mit dem von Helen Langehanenberg gekauften Suppenkasper Fünfter (71,870) vor seiner Mannschaftskollegin Olivia Lagoy-Weltz mit Lonoir (71,870). Platz sieben ging an Benjamin Werndl und Daily Mirror vor Ingrid Klimke und Franzsikus und Anabel Balkenhol mit Heuberger.
Ergebnisse des CDI4* Grand Prix finden Sie hier.
Dorothee Schneider und First Romance triumphieren in kleiner Tour
Im Prix St.Georges machte einmal mehr der Baden-Württemberger First Romance v. Fürst Romancier auf sich aufmerksam. Mit einer in Teilen nahezu perfekten Trabtour sicherte sich der braune Wallach in seiner ersten S-Saison auf Anhieb einen internationalen Sieg. Und das in Aachen. Für das Finale im Nürnberger Burg-Pokal ist er unter Dorothee Schneider schon qualifiziert. Im Galopp hielt er sich heute im großen Dressurstadion noch etwas fest, worunter die Qualität einiger fliegender Galoppwechsel litt. 74,824 waren ein deutlicher Sieg. Zweite wurde die im Stall von Jo Hinneman reitende Stephanie Wolf mit Saphira Royal v. San Amour (73,941). Platz drei ging, gefeiert von den Landsmännern vor Ort, an den Spanier Antonio Laiz Zandio mit dem niederländischen Hengst Eyecatcher v. Vivaldi (71,441).
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