Acht Pferde knackten die 80-Prozent-Hürde in der Kür von Aachen. Emilio und Isabell Werth siegten. Einen starken Eindruck hinterließ die amerikanische Mannschaft. Helen Langehanenberg landete als zweitbeste Deutsche auf Rang fünf.
„Freude schöner Götterfunken! Wir betreten feuertrunken, Himmlische, dein Heiligtum!“ Das ist mehr als nur ein musikalisches Element, das in der Kür aus der Feder von Michael Erdmann, die er für Emilio zusammengestellt hat, immer wieder zitiert wird. Es könnte auch die Überschrift sein für diesen Ritt. Das war wieder der Emilio, wie er in der abgelaufenen Weltcupsaison die Menschen begeistert hat. Der typmäßige eher schlichte Braune, der die Menschen in seinen Bann zieht, sobald er sich in Bewegung setzt, präsentierte sich „wieder zurück in Topform“, wie seine Reiterin sagte. Dass Emilio nach dem verkorksten Grand Prix für einige schon in der Kategorie Satchmo geführt wurde. Also als ein widersetzliches Pferd mit einem generellen Piaffen-Problem, hatte an Werth genagt. Das sah man ihr an. Heute konnte sie nach ihrer Kür nur schwärmen. „So großartig, so speziell“ sei diese Dressurwoche in Aachen gewesen, in der alle „Höhen und Tiefen“ durchgemacht hätten.
Emilio ging bis auf einen Fehler nach 13 Einerwechseln eine Kür, die von Leichtigkeit geprägt war. Schwerste Lektionen wie Piaffe-Pirouetten mit zweifachem Richtungswechsel gelangen am nahezu durchhängenden Zügel, so leicht war der Kontakt zum Pferdemaul. Und so willig zog der Westfale an die Hand heran, dass Isabell Werth zum Schluss noch einhändig passagierte. Da klatschten die Zuschauer bereits frenetisch im Takt, wie bei vielen der Kürritten.
Mit 87,55 Prozent hat der Ehrenpreis-Sohn seine persönliche Bestleistung von Amsterdam noch um ein paar Zehntelprozentpunkte verbessert. Das war der Sieg und der Beweis: Emilio ist ein definitiver Kandidat für die Weltmeisterschaften. Auch wenn Isabell Werth einen eigenen Traum hat. Den Namen will sie in der Pressekonferenz nicht noch einmal nennen, aber jeder weiß nach diesem Wochenende: Der Traum heißt Bella Rose, die in Aachen zwei Prüfungen als Siegerin verlassen hatte.
Longlist für die WM in Tryon
Nach dem CHio Aachen hat die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) folgende Longlist veröffentlicht (in alphabetischer Reihenfolge):
Jessica von Bredow-Werndl (Aubenhausen) mit TSF Dalera BB und Zaire-E
Helen Langehanenberg (Billerbeck) mit Damsey FRH
Fabienne Müller-Lütkemeier (Paderborn) mit Fabregaz
Sönke Rothenberger (Bad Homburg) mit Cosmo
Dorothee Schneider (Framersheim) mit Sammy Davis jr. und Showtime FRH
Benjamin Werndl (Aubenhausen) mit Daily
Isabell Werth (Rheinberg) mit Bella Rose, Emilio und Weihegold OLD.
Die Deadline für die Shortlist mit den vier Reitern und Pferden, die das deutsche Dressur-Team in Tryon bilden werden, ist der 3. September 2018.
Emilio vor zwei starken US-Kombinationen
Zweite wurde die Amerikanerin Kasey Perry-Glass mit dem Dänen Dublet. 2016 waren sie Shooting Stars in den USA, gingen bei den Olympischen Spielen an den Start, 2017 kam dann ein Loch. Die Erwartungen waren zu hoch. Sie entschied sich, den Diamond Hit-Sohn auf die Weide zu stellen. Und auch sie selbst brauchte einen Break, sagt sie. „Wenn mir das als Schwäche ausgelegt wird, ist mir das egal. Uns hat es gut getan, das sieht man ja“.
Es war ganz großes Kino, was das Paar zeigte: Passagen und Piaffen zu Beginn in absoluter Weltklasse, dabei sieht man kaum eine Hilfe der zierlichen Reiterin, ein kleiner Taktfehler im starken Trab fällt nicht weiter ins Gewicht. Losgelassen und konzentriert sind die beiden in jeder Phase. Die Musik stammt aus dem Film „Der Herr der Ringe“, keltische Flötentöne. Schönes Reiten, das sich auszahlt. 85,205 Prozent bedeuten viel mehr als nur der Platz zwei im Deutsche Bank Stadion, das ausverkauft ist an diesem Sonntag. Mehr als 362.000 Zuschauer sind insgesamt in den vergangenen zehn Tagen in die Soers bekommen. Für Kasey Perry-Glass stehen nun die Weltmeisterschaften in Tryon an. Dort hatte sie auch schon das Test-Event gewonnen. Für die Heim-WM haben sich die US-Amerikaner einiges vorgenommen. Die starke Mannschaftsleistung in Aachen unterstreicht die Anwartschaft auf eine Mannschaftsmedaille.
Dritte wurde Laura Graves, ebenfalls aus den USA, das Geburtstagskind des Tages. Sie wird 32. Viele Bläser und Trommelwirbel, etwas militärisch angehaucht ist die Musik aus dem Film Rudy. Er handelt von der Geschichte eines Jungen, der immer Football spielen möchte, aber keine reichen Eltern hat und sich alles erkämpfen muss. „Das passt so gut zu meinem Pferd“, sagt Laura Graves, die Verdades als Fohlen nur über ein Video im Internet erworben hat. Die Musik unterstreicht den akzentuierten, zackigen Bewegungsablauf des Wallachs. Viele Wechsel zwischen Piaffen und Passagen im Vorwärts und Vorwärts-seitwärts bestimmen das erste Drittel der Kür. Der Wallach scheint den Grand Prix Special, in dem er gestern nicht zur Losgelassenheit kam, verdaut zu haben – „ich glaube der hat sich ins Fäustchen gelacht, aber heute habe ich ihm die Kamera gezeigt und er hat sich konzentriert.“ Vorsichtig wirkt die Reiterin ein, der Kandarenzügel steht kaum an während der Prüfung. 13 Einerwechsel, wunderbar gerade und spannungsfrei gesprungen, auf gerader, nämlich der Mittellinie, Fächerpiaffe mit zweimaligem Richtungswechsel zum Abschluss – daraus geht es dann im starken Trab auf die Richterin bei C, das ist in dieser Kür die Deutsche Katrina Wüst, zu. Die Kür ist leicht verändert zu der Version, die das Paar beim Weltcup-Finale in Paris gezeigt hat. „Ich ändere eigentlich nach jedem Turnier ein bisschen, aber im Prinzip ist es noch dieselbe Choreographie“. Eine, die mit 85,085 Prozent belohnt wird, Platz drei.
Dänin Dufour macht es nochmal spannend
Die Dänin Cathrine Dufour hat sich seit ihrem Erfolg bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr mit Atterupgaards Cassidy eine neue Kür einfallen lassen. Der Song Ain’t nobody“, der sich mit seinem Xylophon-Motiv – das hier zu Passagen und Piaffen immer wieder auftaucht – fest in den Ohrwurm-Bereich des Hirns festsetzt, dominiert. Sie ist exakt auf den Taktschlag im Einklang mit der Musik. In einer Piaffe-Pirouette mit Richtungswechsel geht dem Paar der Sprit etwas aus. Aber die Harmonie, der stille Sitz, die nicht zu sehenden Hilfen, das begeistert. Auch in der Piaffe vorm Schritt – der losgelassener und schreitender nicht hätte sein können – ist im Hinterbein die Piaffe-Power weg. Es soll die mit Abstand beste Prüfung werden, die der Caprimond-Sohn in diesem Jahr in Aachen gezeigt hat. Aber vor den 19 Einerwechseln fällt der Caprimond-Sohn überraschend in den Trab. Das ist teuer, da helfen auch nicht die Zweierwechsel mit nahtlosem Übergang in weitere Einerwechsel. Und mit dem letzten Taktschlag erfolgt das Halten. Schade, dass ihr die Patzer unterlaufen sind, es hätte doch knapp werden können. Selbst für Isabell Werth. 84,835 Prozent, vierter Platz.
Helen Langehanenberg zweitbeste Deutsche
Helen Langehanenberg und Damsey zeigen die Kür zu irischer Flötenmusik, sie beginnen mit Passage-Volten und einer Piaffe. Es folgen Traversalen im Wechsel von Passage und versammelten Trab. Der Hannoveraner Hengst geht in guter Selbsthaltung, lediglich im starken Trab drückt er etwas auf die Hand. Überragend, anders kann man das nicht nennen, gelingt der starke Schritt, grandios die doppelten Galopppirouetten. Am Ende der Zweierwechsel unterläuft auch diesem Paar ein Fehler. „Ich hätte aufhören sollen, habe aber gedacht, die sind so gut, reitest du halt noch zwei, das hat er nicht verstanden“, nimmt Helen Langehanenberg diesen Lapsus auf die eigene Kappe. Die 15 Einerwechsel sind dann wieder sehr gut. Die Kür endete mit einer Fächerpiaffe auf der Mittellinie und daraus ein schöner starker Trab, das Pferd mit der Nase vor und deutlicher Rahmenerweiterung zum Schlussgruß. Sie ist dabei etwas hinter der Musik. Platz fünf mit 82,575 Prozent.
Die Kür mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad, einer glatten 10,0, zeigt der Däne Daniel Bachmann Andersen mit dem Hengst Zack v. Rousseau. Tryon, die Weltmeisterschaft, ist erklärtes Saisonziel, Sport steht im Mittelpunkt. Deswegen hat der Deckhengst aus dem Blue Hors Gestüt der Lego-Eigner nur sechs Wochen seinen normalen Dienst auf dem Phantom verrichtet. Dann war Schluss mit decken. Extra aus den USA angereist ist der ehemalige Blue Hors-Reiter Lars Pedersen, der jetzt in Florida lebt und Bachmann-Andersen coacht. Im Verlauf der Prüfung wird der Hengst immer besser, zeigt fließende Traversalen, eine Piaffe Mitte der kurzen Seite mit Wendung auf die Mittellinie dann daraus Passage-Traversalen, sehr sichere Serienwechsel zu zwei und einem Sprung. 360-Grad-Piaffe-Pirouette zum Abschluss. Daniel Bachmann Andersen freut sich. Reckt die Fäuste in den Himmel. Strahlt, klopft den mächtigen Hengsthals von Zack. 82,195 Prozent – persönliche Bestleistung für das Duo, bedeuten in Aachen Platz sechs.
Dorothee Schneider zeigt die Salsa-Kür, mit der sie Fünfte beim Weltcup-Finale geworden ist im April in Paris in diesem Jahr. Der bayerische Wallach Sammy Davis jr. geht frisch und losgelassen. Er ist gut vor den treibenden Hilfen, im starken Schritt zeigt er zwei Huf Übertritt. Insgesamt ein Bild perfekter Losgelassenheit. In einigen Piaffen wünschte man sich manchmal etwas mehr Energie beim Übergang in die Passage, aber das ist Jammern auf höchstem Niveau. Allerdings unterläuft dem Paar auch diesmal ein Fehler in den Einerwechseln, 81,295 Prozent, Platz sieben.
Spanischer Showman Severo
Severo Jurado Lopez und dem Hannoveraner Deep Impact v. De Niro war es als erster Kombination gelungen, die 80-Prozent-Marke zu knacken. Der Spanier aus dem Stall des dänischen Pferdehändlers Andreas Helgstrand und sein Rappe setzen auf rockige Arrangements bekannter Melodien mit E-Gitarre und Piano. Highlights der Choreographie gibt es mehrere: Innerhalb einer Traversalverschiebung vom versammelten Tempo (das immer noch in der Tendenz „schwebig“ ausfällt) Übergang in die Passage-Traversale noch auf derselben Linie nach rechts, beim Erreichen des Hufschlags dann eine Piaffe (es klingen „Lady Marmelade“ Zitate in der Trabtour an, „Your song“ von Elton John im Schritt), 13 einhändig geritten Einerwechsel auf der Mittellinie, ein Übergang von Einerwechseln in die Piaffe bei A, dort eine 90-Grad-Wendung, um dann auf die Mittellinie zu passagieren – volles Programm! Da beginnt das Publikum im Takt mitzuklatschen. Die spanischen Fans haben schon zum Auftakt die Kastagnetten knattern lassen. Das Paar wird Achter mit 81,125 Prozent.
Therese Nilshagen aus Schweden lädt im Sattel des Oldenburgers Dante Weltino v. Danone musikalisch zu einer Reise in die 1980er Jahre, in die goldene Zeit der Synthesizer ein. Die Eurythmics mit der kurzgeraspelten, blonden Stilikone Annie Lennox als Frontfrau, liefern die Klänge. „Must be talking to an angel“, „Sweet dreams“ zu schönen Traversalen, auch die Passagen schwingend und gleichmäßig. Zum Ende der sonst sehr schön gelungenen Zweierwechsel auf gebogener Linie gibt es einen Fehler, gute doppelte Galopppirouetten. Das Pferd steht insgesamt sicher vor den treibenden Hilfen, auch wenn der wunderhübsche Rapphengst seiner Reiterin in einer Galopptraversale einmal zuvorkommt und früher umspringt als geplant. Dann folgen noch sehr gute fliegende Wechsel von Sprung zu Sprung. 79,960 Prozent, Platz neun.
„I am a soul man“ – das passt zu dem Sandro Hit-Sohn Salvino, der federnd und ausdrucksstark in der Passage beginnt. Seine Reiterin Adrienne Lyle, USA, lässt zum starken Trab „Dancing on the ceiling“ von Lionel Richie erschallen, Joe Coker „You can leave your hat on“ folgt. Musikalisch regiert das Saxophon im Galopp, Zweierwechsel auf gebogener Linie, schön synchron zur Musik, Saxophon-Solo zur doppelten Pirouette. Was begeistert bei diesem Paar, das ist der Umstand, dass der Nasenriemen des Pferdes sehr weit geschnallt ist, dadurch ist das Maul zwar häufiger etwas offen. Aber nie um zu sperren, sondern stets, um zu kauen. Das schlägt sich auch in der wunderbaren Silhouette und der Selbsthaltung des Pferdes nieder und in der Zufriedenheit, die der Hannoveraner austrahlt. Die Reiterin wirkt dezent ein, das Pferd tanzt. Tolle Einerwechsel sollen nicht unerwähnt bleiben, so soll Kürreiten aussehen. 78,920 Prozent, Platz zehn.
Ergebnisse finden Sie hier.
CDI4* Kür: Noch ein US-Sieg
In der nächtlichen Grand Prix Kür gab es einen weiteren US-amerikanischen Erfolg. Shelly Francis mit Danilo kam auf 79,305 Prozent. Damit setzte sich die Weltcup-Zwölfte mit ihrer von einem A Capella-Chor eingesungenen Musik vor Ingrid Klimke und Franziskus (78,390). Dritte wurde die US-Reiterin Olivia Lagoy-Weltz mit Lonoir (77,435). Zweitbester Deutscher wurde Benjamin Werndl mit Daily Mirror auf Rang sieben (73,42).
Klimke hatte auch die Intermediaire I gewonnen im Sattel von Bluetooth. Den Oldenburger Bordeaux-Sohn hat sie seit dem 1. Mai im Stall stehen. Mit 72,676 Prozent verwies sie Steffen Peters auf Rang zwei. Der gebürtige Deutsche, der unter anderem bei Jo Hinnemann trainiert hat, erhielt auf seiner Nachwuchshoffnung Donovan 72,176 Prozent. Dritte wurde Stephanie Wolf mit der charmanten Rappstute Saphira. Wolf, die im Stall von Jo Hinnemann reitet, kam auf 71,441 Prozent. Dorothee Schneider, die den Prix St. Georges gewonnen hatte, wurde Fünfte mit dem Fürst Romancier-Sohn First Romance (70,029).
U25-Kür nach Holland
Die U25-Dressurreiter, aus Deutschland die Teilnehmer am Piaff-Förderpreis, waren ebenfalls aufgefordert, in der Kür ihre Musikalität unter Beweis zu stellen. Hier siegte die Niederländerin Jeanine Nieuwenhuis mit Tc Athene (78,075). Zweiter wurde der Spanier Juan Matute Guimon mit Don Diego Ymas (76,513). Auf den Plätzen drei und vier folgten aus der deutschen Abordnung die Reiterin der Deutschen Bank Reitsport Akademie, Lisa Marie Klössinger mit Daktari (76,3) vor Jil-Marilee Becks. Sie hatte einfach mal die Kür von Damon Hill, dem Vater ihres Damon’s Sattelite, genommen und kam auf 75,1 Prozent.
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