Sechs Pferde erzielten im Grand Prix, der ersten Prüfung bei der DM Balve 2024, Bewertungen von mehr als 75 Prozent. Über 80 Prozent kam keine Kombination. Jessica von Bredow-Werndl hatte den Wechselteufel in den Zweierwechseln an ihrer Seite, zeigte eine Levade und gewann knapp vor Frederic Wandres und Ingrid Klimke.
„Sie war geil“, so einfach war das Fazit, das Jessica von Bredow-Werndl nach ihrem Ritt im DM Balve 2024 Grand Prix mit Dalera als erstes durch den Kopf schoss. Zwei Wackler ließen die Note unter 80 Prozent landen. Dafür aber gelang der Auftakt, das„A-X Einreiten, X Halten“. Die Lektion ritt Jessica von Bredow-Werndl und Dalera äußerst bewusst. Hatte die Trakehner Stute im vergangenen Jahr beim Halten noch nicht still gestanden, gelang das 2024 sicher, ruhig auf allen Vieren, wenn auch nicht ganz in idealer Selbsthaltung. „Ich habe extra lange gehalten, das wollte ich jetzt gerne stabilisieren“, so die Olympiasiegerin nach ihrem Sieg.
Zwei Wackler für Jessi und Dalera im DM Balve 2024 Grand Prix
Der Auftakt verlief nach Plan. Dalera präsentierte sich frisch, sicher eingerahmt in den Traversalen. Passagen und erste Piaffe gelangen so, wie man es von dem Paar kennt und erwartet. Am versammelten Schritt hat Jessica von Bredow-Werndl gearbeitet. Das zahlte sich aus.
Aber dann, die zweite Piaffe: Bei der Einleitung erhob sich die Easy Game-Tochter kurz einmal in die Levade. Sehr klassisch, aber nicht gefragt. Anschließend zeigte das Paar eine sichere Piaffe. „Das Gefühl beim Abreiten war tatsächlich das Beste meines bisherigen Lebens. Es war so leicht, es war so kraftvoll und genau das wollte ich da mitreinnehmen und das ist mir ehrlich gesagt bis auf zwei Wackler genauso gelungen. Dieser eine Wackler – da hat sie sich hinten verhaspelt und so über sich selber geärgert, dass sie sich dann zu viel gesetzt hat und dann ist es zu viel“, erklärte die Siegerin den Ansatz zur Levade. „Ich musste sie um nichts bitten, nur führen“, beschreibt die Olympiasiegerin das generelle Gefühlt in der Prüfung.
Zu Wackler Nummer zwei kam es in den Zweierwechseln. Da harmonierte das Paar aus Aubenhausen überhaupt nicht. Ein Déjavu – 2023 hatten verpatzte Zweierwechsel Fendi und Sönke Rothenberger den Sieg im Grand Prix beschert. Die 38-Jährige nimmt es gelassen. „Da hat sie gar nicht mehr zugehört, und das war identisch zu letztem Jahr. Ja, und – meine Herren – dafür steht sie wieder bei X, gell?
Der Rest dann wieder im besten „Jessi-Dalera-Style“. Die 15 Einerwechsel ganz sicher, das Genick oben, die Kruppe tief, die Pirouetten auf kleinstem Radius. Die letzte Linie mit etlichen Zehnen für die Piaffe und die Übergänge. Mit 78,64 Prozent setzte sich das Paar vor die Mannschaftskollegen von der Europameisterschaft 2023, Frederic Wandres und Bluetooth.
Frederic Wandres und Bluetooth auf Platz zwei
Bluetooth und Frederic Wandres kennen sich gut. Die gemeinsame Routine des Paars strahlt eigentlich aus jeder Lektion. Die erste Piaffe legte Wandres leicht im Vorwärts an. Zu einem kurzen Moment der Spannung kam es im versammeltem Schritt als der 14-jährige Oldenburger schon zu früh anpassagieren wollte. Die 15 Einerwechsel gewannen im Verlauf der Diagonale an Raumgewinn und Durchsprung. In der Rechtspirouette stimmte die Feinabstimmung nicht ganz, was zu Kosten des Gleichgewichts ging. Das war die teuerste Lektion. Aber Wandres rettete die Situation, lobte Bluetooth sofort und ritt die Prüfung dann sicher nach Hause.
77,38 Prozent bedeuteten Platz zwei. Die höchste und die niedrigste Bewertung lagen mehr als fünf Prozent auseinander (74,2 und 79,4).
Wird aus Franz François?
Das Paar Ingrid Klimke und Franziskus sah schon beim Einreiten glänzend aus. Der Fidertanz-Sohn, so wirkte es, schien zu wissen, um was es hier in Balve geht: Olympia, Paris 2024. Die DM Balve 2024 ist die erste Sichtung. Nach der überzeugenden Leistung in München liegt das Paar gut im Rennen. Für Ingrid Klimke wäre es der erste Olympiastart in der Dressur. Sie würde dem Beispiel ihres Vaters Dr. Reiner Klimke folgen. Der war auch zunächst in der Vielseitigkeit olympisch unterwegs bevor er dann in die Dressur wechselte und 1984 mit Ahlerich in Los Angeles Olympiasieger in der Dressur wurde.
Konzentriert und präzise ging Ingrid Klimke ans Werk. So, wie man es von ihr kennt. Im starken Trab flog „Franz“ durch die Diagonale. Das Rückwärtsrichten gelang sicher und selbstverständlich, es folgte ein weiterer dynamischer starker Trab in der typischen „Franz-Manier“. In der ersten Piaffe war der populäre Deckhengst zu Beginn etwas unausbalanciert, dann fand er aber schnell den Takt bei mustergültig gesenkter Kruppe wieder. Guter, weil fleißig gerittener versammelter Schritt. Der Übergang aus der zweiten Piaffe hätte noch etwas fließender sein dürfen. In der Galopptour trumpfte das Paar dann auf: In Sachen Stellung und Biegung zeigte das Münster Duo eine der besten Zick-Zack-Traversalen der gesamten Prüfung. Die Pirouetten hätten noch kleiner ausgeführt sein dürfen. Nach der letzten Piaffe wurde der Hengst für Momente auf den letzten Metern etwas eng im Hals, eher untypisch für diese Kombination. 76,84 Prozent bedeuteten Platz drei. Von der olympiaerfahrenen Richterin bei H, Dr. Evi Eisenhardt, gab es sogar 79,3 Prozent.
Vierter wurde Frederic Wandres, der mit seinem zweiten Pferd, Duke of Britain, früh ins Viereck musste. Der Fuchs ging Lektion für Lektion sicher und beständig durch die Prüfung (76,1).
„Katha“ und „Purzel“ knapp unter 76 Prozent im DM Balve 2024 Grand Prix
Katharina Hemmer und Denoix haben eine Saison mit Höhen und Tiefen bislang erlebt. Die aufsteigende Tendenz, die das Paar schon in Wiesbaden gezeigt hatte, konnte das Paar aus Borchen-Etteln in Balve bestätigen: Schwungvoller Auftakt, tolle Traversalen nach rechts und links, Halten bei C wie ein Denkmal, gleichmäßiges Rückwärtsrichten – Prüfstein der Losgelassenheit. Minimale Vorwärtstendenz in der ersten Piaffe, dafür wunderbar fließende Übergänge in die Piaffe hinein und auch heraus. Die zweite Piaffe gelang noch besser als die erste. Vereinzelt rutschte der Fuchs leicht hinter die Senkrechte. Aber ganz leicht in der Anlehnung wusste „Katha“ Hemmer das immer wieder zu korrigieren. In den Zweierwechseln zum Schluss sprang der Fuchs einen Wechsel etwas kurz. Das kostete Punkte. Bombensichere 15 fliegende Galoppwechsel von Sprung zu Sprung. „Purzel“ macht einen guten Job, die Pirouetten waren sicher, hätten noch etwas dynamischer und gesetzter gezeigt werden können.
Die letzte Mittellinie mit Piaffe und Passagen, die sich in der Welt sehen lassen können, komplettierten den Ritt. Schönes Reiten, zwei Musterschüler von Reitmeister Hubertus Schmidt. Der Lohn: 75,92 Prozent, Platz fünf.
9,0 im starken Schritt
Matthias Alexander Rath und Destacado begannen schwungvoll im starken Trab wie in den Traversalen. In den Piaffen fußte der Fuchs hinten leicht breit. Die zweite legte Rath etwas mehr im Vorwärts an. Für den starken Schritt von Destacado gab es zweimal ein „sehr gut“, 9,0.
In der Galopptour sprang der Hannoveraner die fliegenden Galoppwechsel nach rechts in den Zweierwechseln gerade, die nach links aber hinten ausweichend. Die 15 Einerwechsel, die sicher gesprungen waren, ohne Spannung mit ruhigem Schweif, wünschte man sich noch gerader gesprungen. Aus der Linkspirouette kam das Paar nicht ideal heraus, die zweite Pirouette, die nach rechts, ritt der 39-Jährige dann kontrollierter. 75,02 Prozent, Platz sechs.
Was macht Fendi?
Mit Spannung erwartet war der Auftritt von Sönke Rothenberger und Fendi, die im vergangenen Jahr noch den Grand Prix in Balve hatten gewinnen können. Mit seinem zweiten Pferd Matchball hatte Rothenberger ungewohnte Fehler in der Galopptour gehabt (71,14/15.) Und Fendi? Der Auftakt war viel versprechend mit sicheren, geschmeidigen Traversalen und Trabverstärkungen, die man sich noch mehr über den schwingenden Rücken gewünscht hätte. In der ersten Piaffe wollte der Wallach auf kleinstem Raum die Lektion zeigen. Dadurch musste er um Balance ringen, fußte als Konsequenz nicht mehr gleichmäßig. Auch in der zweiten Piaffe machte sich der Däne klein und kurz, und zwar erneut so kurz, dass das Gleichgewicht nicht mehr immer gegeben war. In den Serienwechseln waren nicht alle gleichmäßig durchgesprungen. Die Pirouetten zeigte das Paar mit viel Lastaufnahme und dynamisch springend. Aber beide gerieten etwas größer als erwünscht. Die letzte Piaffe war besser als die beiden ersten – ausbalancierter. In der Passage hatte das Paar seine besten Momente im DM Balve 2024 Grand Prix. 73,86 Prozent bedeuteten Platz sieben.
Werth nach Fehlern auf Rang acht
Isabell Werth, deren Wendy sich auf dem Paddock verletzt hat, ritt somit nur ein Pferd im Grand Prix von Balve, Quantaz. Nach Passagen und Piaffen mit Noten zwischen 7,5 und 9 kostete der versammelte Schritt Punkte (Noten 4 bis 6,5). Zu Beginn der Galopptour scheute Quantaz bei A. Die folgenden fliegenden Galoppwechsel zu zwei Sprüngen misslangen daraufhin. Die 15 fliegenden Wechsel von Sprung zu Sprung gelangen, begleitet von Schnauben. Die leichte Spannung zeigte sich auch bei einer Unstimmigkeit auf der Mittellinie zwischen den beiden Pirouetten, die zu Lasten des dort geforderten fliegenden Galoppwechsels ging. Mit einer sicheren Schlusslinie mit Passagen und Piaffe bei X konnte das Paar dann noch Zähler wieder gutmachen.
73,76 Prozent bedeuteten Rang acht. Die Platzziffern lagen zwischen Rang vier und Rang zehn.
Ergebnisse Grand Prix DM Balve 2024
Sehr spannende Prüfung gestern. Ich bin allerdings von Fendi doch etwas enttäuscht und habe sehr viele Fragezeichen. Das Pferd war letztes Jahr wirlich toll und vielversprechend. Die Piaffe-Passage-Tour schon 9-jährig ein Traum. Ich fand ihn 2024 schon in Hagen enttäuschend, gestern war ich gelinde gesagt schockiert. Ich finde er hat viel Ausdruck verloren, die Verstärkungen gelaufen, die Pirouetten riesig, die Piaffen nicht im Takt und völlig spannig.
Statt das Fendi in einem Jahr weiterentwickelt wurde, hat er sich zurück entwickelt. Schade um das Pferd. Auch Sönkes Reiten gefiel mir auf beiden Pferden weniger gut als letztes Jahr (Hochgezogener Absatz mit Sporen im Pferd insb. auf Matchball, klopfende Unterschenkel…). Schade!
Tja, aber dann kommt doch die Platzierung. Auch bei anderen Platzierten bleiben Fragen offen. Bei einigen Reiter Pferd Paaren hat man als Zuschauer schon den Eindruck, dass bei der Bewertung eher die „Politik“ und die finanzielle Aussicht für die Zukunft eine größere Rolle spielen als die Leistung selbst. Manche, so scheint es, müssen dann an einem solchen Wochenende zumindest einmal auf dem Podest stehen. Ich fürchte aber, dass sich daran auch in Zukunft nichts ändern wird.
Vor diesem Hintergrund wäre eine KI bestimmt sehr interessant.